Studienarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Philosophie - Praktische (Ethik, Ästhetik, Kultur, Natur, Recht, ...), Note: 2,0, Freie Universität Berlin (Institut der Philosophie), Veranstaltung: Proseminar, Sprache: Deutsch, Abstract: Machiavelli und Rousseau sind zwei politische Denker, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten. Machiavellis Werke sind Anleitungen für Könige und Regierungen. Er argumentiert fast ausschließlich mit historischen oder seiner Zeit entnommenen Beispielen und leitet aus ihnen Handlungsanweisungen ab. Er verbannt Moral nicht aus seinem Denken, aber ordnet sie anderen Zielen unter und degradiert sie zu einem Instrument der Machtausübung. Ein Staatswesen ist für Machiavelli dann gut geordnet, wenn es über lange Zeit stabil ist. Um diese Stabilität zu erreichen, ist jedes Mittel erlaubt. Rousseau argumentiert dagegen weniger mit realen Beispielen und kreiert ein an Moral und Gerechtigkeit gebundenes Staatsmodell. Während für Machiavelli der Staat einfach existiert und Macht so effizient wie möglich ausgeübt werden soll, fragt Rousseau nach der Legitimation von Macht und Staat, woher der Staat überhaupt kommt und was sein Ziel ist bzw. sein sollte. Beide Denker unterscheiden sich sehr stark voneinander im analytischen Ansatz, in der Methodik und in ihren Zielvorstellungen. Dennoch gibt es Überschneidungen und Gemeinsamkeiten in ihren Theorien. Zum Beispiel lehnen beide den Führungsanspruch der christlichen Religion ab und funktionalisieren sie. Die Religion ist bei beiden nicht mehr höchster Zweck, sondern Mittel zum Zweck. Der Zweck ist die Stabilisierung des Gemeinwesens1. Auch führen beide Theoretiker eine starke personelle Figur in ihrer Konzeption ein. In Machiavellis Discorsi und seinem Principe spielt die Figur des starken und Gemeinwesen gründenden Fürsten bzw. uomo virtuoso eine bedeutende Rolle. Nur eine solche Figur kann in Zeiten der Krise ein neues Gemeinwesen schaffen und so für neue Stabilität sorgen. Rousseau führt trotz seines radikal-demokratischen Ansatzes ebenfalls eine wichtige Figur ein: den Législateur. Dieser soll den Menschen die Demokratie „beibringen“ und wieder abtreten, wenn sie sich ausreichend verändert haben, um ohne weitere Anleitung die Radikal-Demokratie leben zu können.