Liegt die Zukunft Europas in deutscher Hand? Angesichts zahlreicher Krisen und schwindender Akzeptanz der Europäer für das gemeinsame Projekt ist die Frage nach der Rolle Deutschlands aktueller denn je. Einige Staaten fürchten dessen erneutes Erstarken; andere erwarten von ihm, seine Zurückhaltung endlich zugunsten einer klaren, furcht losen Haltung aufzugeben. Muss Deutschland mehr Führung wagen, um ein Auseinanderdriften Europas zu verhindern? Der renommierte Politikwissenschaftler Herfried Münkler kreist die neuralgischen Punkte der deutschen Politik ein, legt historische Bezüge offen und entwirft mit politischer Hellsichtigkeit eine Strategie für das größte Land inmitten des Kontinents. Ob es Deutschland gelingt, diese neue Rolle einer Macht in der Mitte nicht erneut zu missbrauchen, wird wesentlich davon abhängen, ob es sich aus seiner Komfortzone wagt und seine ökonomische, politische und kulturelle Macht zum Wohle Europas einsetzt. Nie zuvor standen die Zeichen dafür besser.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
In einem kleinen Essay über die Charakteristika und Schwierigkeiten der deutschen Vormachtstellung in Europa kommt Rezensent Gustav Seibt auch auf Münklers Büchlein "Macht in der Mitte" zu sprechen, in dem der Politologe einen neuartigen Blick auf die Lage wirft. Die hegemoniale Stellung lässt sich kaum mehr bestreiten, eine Lage, die für Deutschland auch ihre Misslichkeiten hat und politische Klugheit verlangt, so Seibt. Denn Deutschlands Macht wird in vielen Krisenländern Europas durchaus mit Polemik und Missgunst beobachtet - Merkel mit Hitler-Bärtchen auf manchen Karikaturen ist nur ein drastischer Ausdruck dieser Missgunst. Als größter Clou von Münklers Argumentation stellt sich dabei heraus, dass Deutschlands problematische Geschichte heute zu einem paradoxen Vorteil wird: Für Deutschlands Kritiker ist sie ein steter Zaunpfahl, der den Riesen in der Mitte zu Bescheidenheit gemahnt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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