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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
© Perlentaucher Medien GmbH
Christian Stöcker möchte Schuldige für ausbleibendes Handeln gegen die Klimakrise benennen
Die wissenschaftlichen Erkenntnisse, Erklärungen und Prognosen, was in Sachen Klimawandel droht, liegen schon lange auf dem Tisch. Aber weder in Deutschland noch weltweit werden die Emissionen von Treibhausgasen so schnell reduziert, wie es geboten wäre. Christian Stöcker legt ein Buch vor, das dafür wütend Schuldige benennt und Machenschaften zulasten künftiger Generationen anprangert.
Seine Abrechnung fällt so unerbittlich aus, dass der Autor eingangs den Vorwurf vorwegnimmt, er verbreite Verschwörungstheorien, wenn er die Verantwortung bei einer "vergleichsweise kleinen Gruppe von Personen, Unternehmen, Institutionen" ortet, zu der er nicht nur Fossilunternehmen zählt, sondern etwa auch bestimmte Medienunternehmen, Politiker, Lobbyisten und Wissenschaftler. Es existierten zwar keine konspirativen Treffen eines innersten Kreises, von dem klassische Verschwörungslehren ausgehen. Es gebe aber durchaus ein "Netzwerk" aus Interessen und Zielen, "die im Widerspruch zum gesicherten Fortbestand der menschlichen Zivilisation" stünden.
Der eigenwillige Ansatz des Buchs besteht darin, neben wirtschaftlichen auch kulturelle Triebkräfte fortgesetzter Klimazerstörung zu thematisieren. "Stammesidentität und Petro-Maskulinität" heißt ein Kapitel, in dem Stöcker zu beschreiben versucht, wie von Männern dominierte Kreise fossile Brennstoffe und Geräte, sie zu verbrennen, als Teil ihrer Identität begriffen und verteidigten. Die meisten im Netzwerk der Fossilinteressen seien nämlich Männer, was Buchtitel und These rechtfertige, argumentiert Stöcker.
Eine tiefergehende Analyse bleibt aber aus. Sind Männer wirklich quasi darauf programmiert, "die Welt zu verbrennen"? Oder bildet das nicht viel banaler tradierte Machtstrukturen in alten Branchen ab? Was ist mit den Männern, die erneuerbare Energieanlagen installieren, und den Frauen, die Gasfirmen managen?
Seine Stärken hat das Buch dort, wo Stöcker aktuelle Entwicklungen seziert, etwa wie Union und FDP im Sommer 2023 verhindert haben, dass neue Heizungen statt mit Erdgas oder Erdöl mit erneuerbaren Energiequellen oder Strom betrieben sein müssen. Eine Mischung aus Dramatisierung und falschen Behauptungen, etwa über Wärmepumpen, führte damals zu einem derartigen Empörungssturm, dass die Ampelkoalition effektvolles Handeln im Wärmebereich auf die nächste Legislaturperiode verschob. Seither haben die Hersteller von Gas- und Ölheizungen einen regelrechten Boom erlebt; Klimaziele lassen sich so nicht erreichen. Es habe sich um einen "lehrbuchhaften Verzögerungsdiskurs" gehandelt, urteilt Stöcker.
Er bietet eine flott zu lesende Zusammenschau von Ereignissen und Trends der jüngeren Zeit. Wer die einschlägigen Nachrichten verfolgt, wird wenig Neues finden. Theoretisch untermauerte Deutungen für das ausbleibende Handeln gegen die Klimakrise enthält das Buch nicht, Anklagen und Schuldzuweisungen dagegen in Hülle und Fülle. CHRISTIAN SCHWÄGERL
Christian Stöcker: "Männer, die die Welt verbrennen". Der entscheidende Kampf um die Zukunft der Menschheit.
Ullstein Verlag, Berlin 2024. 336 S., geb., 22,99 Euro.
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