Studienarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Soziologie - Beziehungen und Familie, Note: 1,3, Ludwig-Maximilians-Universität München (Institut für Soziologie), Veranstaltung: Elternschaft aus familienhistorischer Perspektive, Sprache: Deutsch, Abstract: Das Bild von einem autoritären Vater war bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts durch die geschlechterspezifische Kategorisierung der Emotionen geprägt - zu männlichen Gefühlen wurden Gefühle der Wut, des Zorns und der Raserei und zu weiblichen der Sanftmut, Liebe und des Mitleids gerechnet; andererseits begann sich die Emotionalität des Mannes seit der Aufklärung zu wandeln, bedingt durch die aus der geschlechterspezifischen Trennung zwischen dem privaten (weiblichen) und öffentlichen (männlichen) Bereich resultierende Erwartung an Männer, ihre Gefühle zu disziplinieren. Dies lag zum einen daran, dass die Position des Individuums gegenüber der Gesellschaft und die Geltungsreichweite der kollektiven Moral von intellektueller Elite zunehmend in Frage gestellt wurde. Aber es lag, wie Edward Shorter in seiner Untersuchung der ehelichen Verhältnisse in Frankreich mit Einbeziehung der Entwicklung in Deutschland zwischen 1750 und 1850 zeigt, auch daran, dass die "emotionale Erstarrung" nicht nur das Ergebnis der gesellschaftlichen Erwartungen war, sondern dass "die kümmerliche Situation des Handels" sowie "die Mittelmäßigkeit des privaten Vermögens" die Vernachlässigung individueller Gefühlswelten bedingten. Die Tatsache, dass "die große Woge des Gefühls [...] zuerst die Städte und den Mittelstand und erst später die Landbevölkerung und die untere Schicht" ergriffen hatte, weist also darauf hin, dass die zunehmende Verbesserung individueller wirtschaftlicher Verhältnisse, d.h., die Reduzierung der ökonomischen Abhängigkeit ein wichtiger Grund für die Minimierung des Einflusses kollektiver Moralvorstellungen auf das Gefühlsleben der Menschen im Allgemeinen und der Männer im Besonderen war. Dieser Einfluss wirkte sich in Bezug auf den Wahrnehmungs- und Bewusstseinswandel männlicher Emotionalität jedoch nur indirekt und womöglich auch langsamer aus. Ausgehend von diesen einführenden Bemerkungen zur Abhängigkeit der Präferrierung emotionalen Handelns von wirtschaftlichen Verhältnissen, soll in der vorliegenden Arbeit der Versuch unternommen werden, aufzuzeigen, dass die durch Veränderung ökonomischer Situation in Gang gesetzte Marginalisierung geschlechtspezifischer Gefühlskategorisierung zur Überwindung der klassischen Vaterrolle des pater familias und zur Hervorhebung der bestimmenden Bedeutung der sozialen über die natürliche Vaterschaft führt.
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