Reinhard K. Sprenger führt in diesem Buch eine neue Sicht auf die Bedeutung von Konflikten ein. "Weil Leben heißt: Widersprüche verwalten – in der Gesellschaft, im Unternehmen, in privaten Beziehungen und in sich selbst." (14) Er analysiert die positiven Aspekte des Konflikts im Hinblick auf
Weiterentwicklung und Erfolg. Jeder Fortschritt ist aus Konflikten hervorgegangen. In diesem Sinne bieten…mehrReinhard K. Sprenger führt in diesem Buch eine neue Sicht auf die Bedeutung von Konflikten ein. "Weil Leben heißt: Widersprüche verwalten – in der Gesellschaft, im Unternehmen, in privaten Beziehungen und in sich selbst." (14) Er analysiert die positiven Aspekte des Konflikts im Hinblick auf Weiterentwicklung und Erfolg. Jeder Fortschritt ist aus Konflikten hervorgegangen. In diesem Sinne bieten Konflikte Chancen.
Sprenger spricht von Ambiguitätstoleranz, also der Fähigkeit, Mehrdeutigkeiten, Unsicherheiten und Widersprüche nicht nur zu ertragen, sondern positiv zu bewerten. Es geht darum, den privaten Realitätstunnel zu verlassen und einen integrativen Blick auf die Dinge zu werfen, die richtige Balance auf dem Drahtseil zu finden. Das bedeute nicht, dass alles tolerierbar sei. (92)
"Sie haben recht!" (125) Aber der andere auch. Im dritten Kapitel widmet sich Sprenger ausführlich den Grundlagen unterschiedlicher Perspektiven und damit den Grundlagen von Konflikten. Wer auf Gewinn spielt, hat schon verloren, insbesondere wenn Kämpfe auf der Tribüne ausgetragen werden oder es um Rechthaberei geht. Wer behauptet, die Wahrheit zu kennen, hat einen Konflikt.
"Das Ziel des Konflikts ist nicht der Konsens, sondern das [gemeinsame] Weitermachen." (200) Das setzt voraus, die Perspektive des anderen als Bereicherung zu erleben und die eigene Position zu relativieren. Wo liegen die Grenzen? Zeitnahe Konfliktgespräche sollen Klarheit schaffen. Wie das in Organisationen funktionieren kann, wenn systemisch-soziale Konflikte im Fokus stehen, erläutert Sprenger im vierten Kapitel.
Sprenger beschreibt das Unternehmen als organisierten Konflikt und thematisiert Rollenkonflikte, die es zwischen verschiedenen Abteilungen der Unternehmen nicht nur gibt, sondern geben muss. Das "Lösen" dieser Konflikte würde Gewinner und Verlierer produzieren und damit dem Unternehmen als Ganzem schaden. (268) Die damit verbundene Ambivalenz erfordert Führung und kein Management.
Hier knüpft Sprenger an sein Buch "Radikal führen" an, in dem er als Aufgabe von Führung die Entscheidbarkeit von Ziel- und Wertkonflikten sieht. Eine Führungskraft muss stören, hinterfragen, infrage stellen, Widerspruch aushalten. Das Verhalten von Führungskräften im Konfliktfall wird zum Maßstab für die Mitarbeiterschaft und prägt wesentlich die Unternehmenskultur. Nicht Worte, sondern das Handeln zählt.
Sprenger gelingt es mit diesem Buch mal wieder, eine Lücke zu schließen und zwar mit Perspektiven, die wie gegen den Strich gebürstet wirken. Damit schließt sich ein Kreis, der in den 1990er Jahren mit "Mythos Motivation" begonnen hat und in den Folgejahren neue Einsichten in die Themen "Selbstverantwortung", "Individualität", "Vertrauen" und "Führung" brachte, die am Selbstverständnis rütteln.