Er kannte weder die Schriften von Karl Marx und Friedrich Engels, keine einzige Zeile davon, die er beide allein aufgrund der Tatsache verabscheute, weil sie das verhasste kommunistische Regime beständig zu seiner Legitimierung heran zog. Aber wie jene ließ er sein Gesichtshaar üppig wuchern und sprießen, um dadurch wie sie seine Verachtung des herrschenden Establishments zum Ausdruck zu bringen. Glatt rasiert war nämlich in jenen Jahren vornehmlich die Staatsmacht gewesen. Glatt rasiert waren Honecker und Mielke und Ihresgleichen. Glatt rasiert waren die Parteifunktionäre und die Bonzen aller Hierarchiestufen, an deren Revers das Bonbon, das Parteiabzeichen, blitzte wie eine Eintrittskarte in die bessere Gesellschaft der DDR. Glatt rasiert waren die Vopos, die Stasis, die Offiziere, die Schließer in den Gefängnissen, die Spitzel und Aufpasser und die FDJ-ler, die die Fahnen und Fackeln zu den Republikgeburtstagen an der hölzernen Tribüne in der Karl-Marx-Allee mit all den winkenden Greisen um den vertrottelten und autoritären Honecker vorbei trugen! Glatt rasiert waren die Schuldirektoren und die Generaldirektoren der volkseigenen Kombinate! Glatt rasiert waren die Offiziersschüler. Glatt rasiert und dressiert waren die gegenwärtigen und die künftigen Eliten der sozialistischen Gesellschaft der DDR! Die privilegierten Leistungssportler und die Schriftsteller, die gehätschelten Künstler, die Ideologen und Strategen und die Wirtschaftslenker. Die Jagdgenossen Honeckers, die linientreuen Familien, die nicht auffallen, sondern aufsteigen wollten und die mit dieser Angst, um ihre Pfründe gebracht zu werden, all die tausend Ungerechtigkeiten des Regimes erst ermöglichten.
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