Christine knetete gerade Teig, als die Türglocke summte. Mit einem Seufzer versuchte sie, die Finger von der mehligen Masse zu befreien. Als ihr das nicht gelang, beugte sie sich seitlich zum offenen Küchenfenster und sah nach unten. Es war der Postbote. »Das geht nicht in den Briefkasten, Frau Sander!« rief er zu ihr empor und zeigte ihr einen großen, dicken gelben Umschlag. »Könnten Sie runterkommen, oder soll ich's Ihnen raufbringen?« »Ich komm schon«, rief Christine gutmütig zurück, um dem älteren Mann die Treppen zu ersparen. Die Hände weit von sich gestreckt, ging sie zum Spülbecken, wusch und trocknete sie ab und lief dann rasch hinunter. »Das andere ist schon im Kasten«, bemerkte der Grauhaarige. Christine nickte ihm freundlich zu. »Danke, Herr Walker.« Er war eine vertraute Figur in diesem Stadtviertel, in dem er schon seit vielen Jahren die Post austrug. Was sie entgegennahm, war aber nur, wie sie sofort erkannte, der umfangreiche Katalog eines Versandhauses, bei dem sie mal etwas für die Söhne bestellt hatte. Seitdem wurde ihr dieser mit schöner Regelmäßigkeit zugeschickt. Das hier im Briefkasten schien auch nichts Besonderes zu sein, die Telefonrechnung, eine Einladung zu einer Kaffeefahrt - aber halt, da war noch ein Luftpostbrief aus Chile! Rosita hatte geschrieben! Ihr Patenkind, das freilich schon lange kein Kind mehr war. Kaum wieder oben, öffnete sie gespannt den Brief.
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