Es war an einem Sonntagmorgen im Mai. Die achtjährige Komteß Lisa von Hohenbirken saß auf dem flauschigen blauen Teppich im Wohnzimmer ihres Elternhauses in Schwanenmünde. Sie trug ein Kleid aus weinrotem Leinen mit zarten Mustern und weißen Söckchen. Die Schuhe hatte sie ausgezogen und neben den Kamin gestellt. Die Frühjahrssonne, die durch die Fenstertür schien, ließ ihr blondes gewelltes Haar wie Gold aufleuchten. Es war noch nie geschnitten worden und reichte ihr bis zur Taille. Aus dem Grunde stellte sie bei Krippenspielen vor Weihnachten immer den Engel der Verkündung dar. Wie sie so dasaß an diesem Morgen und mit ihren Puppen spielte, hatte die kleine Komteß tatsächlich etwas Engelhaftes an sich. Das schmale Gesicht war mit zartem Rosa überhaucht. Die blauen Augen glänzten. Alles an ihr war Anmut und Liebreiz. Ihr Hündchen Mini, eine Mischung aus einem Spitz und einem Terrier, lag ausgestreckt neben ihr und träumte. »Mami«, sagte Lisa und hielt eine Puppe mit pechschwarzen Haaren hoch, »guck doch mal, wie hübsch ich Frederike angezogen habe.«
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