Der alte Musiklehrer Grothjohann war hoch in den Achtzigern und - wie er immer gerne bemerkte, wenn er die Gelegenheit dazu bekam - kerngesund. Gesünder als mancher, der nicht halb so viele Jahre zählte wie er. Daran war die Musik schuld, fügte er dann flink hinzu, und das mochte man ihm nun glauben oder nicht, aber ein Körnchen Wahrheit war bestimmt an dieser Theorie. Bei allem, was Grothjohann tat, trug er seine Meerschaumpfeife bei sich. Zeit seines Lebens konnte man ihn rauchen und qualmen sehen wie einen Schlot, was aber seiner Gesundheit offensichtlich niemals geschadet hatte. Er liebte auch sein tägliches Glas Rotwein, womit er dann endgültig sämtliche medizinischen Thesen über den Haufen warf, die da stets lauteten, daß Tabak und Alkohol der Gesundheit des Menschens schadeten. Zweifellos galt der alte Lehrer als Original in seiner nächsten Umgebung, und er hatte wie selbstverständlich die Geschichte seines Dorfes sowie die sämtlicher Einwohner im Kopf. »Ah, der Herr Kollege«, sagte er jetzt erfreut, als er den jungen Lehrer Jonathan Gerloff den Weg durch seinen Vorgarten heraufkommen sah, wo bereits Märzbecher und Schneeglöckchen blühten und die ersten gelben Narzissen ihre Köpfe im Wind wiegten. »Sie kommen zu mir, Kollege?« fuhr er dann freundlich fort. »Warum? Soviel ich weiß, brauchen Sie den Rat eines hoffnungslos altmodischen Kollegen nicht mehr.« »Da kann man nie sicher sein«, lächelte Jonathan und schüttelte kräftig die Hand des alten Mannes.
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