Studienarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,0, Technische Universität Dresden (Germanistik), Sprache: Deutsch, Abstract: 1. Einleitung Rhys W. Williams beschreibt das Romangeschehen Walsers Ehen in Philippsburg als typisches Jahr in einer typischen bundesdeutschen Stadt der 50er, in dessen Verlauf der Außenseiter Hans Beumann vollständig assimiliert wird. Dabei werde eine Gesellschaft gezeigt, die auf Opportunismus und Ausbeutung basiere und dem Individuum komplexe und widersprüchliche Reaktionen und das ständige Schlüpfen in neue Rollen abverlange. Die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts waren von zwei Abschnitten geprägt: Dem des Wiederaufbaus und dem der Rückkehr zur Normalität. In Walsers Werk zeigt sich dem Leser eine Gesellschaft, die den Wiederaufbau hinter sich gelassen hat und nun die Normalität und gegebenenfalls auch den gesellschaftlichen Aufstieg genießt. Im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen die Gewinner der Blüte. Auf Parties, die eine Schnittstelle aus Vergnügen und beruflichem Interesse darstellen, wird der Hedonismus der Konsum- und Erlebnisgesellschaft deutlich. Kunst und Literatur sind dabei Medien zur Unterhaltung und wichtig zur Präsentation von Kultiviertheit und Modebewusstsein. Wirkliche Kritik kann dabei weder der Journalismus, noch die Literatur ausüben, weil deren Funktion von der Gesellschaft ausgehöhlt oder erst gar nicht möglich gemacht wird. Dass Ehen in Philippsburg die damals gegenwärtige Gesellschaft abbildet, wird in der Forschung nicht angezweifelt und liegt schon durch Walsers journalistische Tätigkeiten in Presse und Rundfunk nahe, im Rahmen derer er unter anderem Sendungen machte, die dem Wirtschaftswunder der BRD skeptisch gegenüberstanden. So stellt er durch treffende Beobachtungen eben auch die Gesellschaft infrage, die ihn für sein gesellschaftskritisches Werk ehrt und den Hermann-Hesse- Preis verleiht. Das erinnert zwangsläufig an den Erfolg der Romanfigur Dieckow. Stefan Scherer erinnert daran, dass sich Martin Walser selbst ausdrücklich zu seiner Leidenschaft für das Gesellschaftliche bekannt habe, da es die Erscheinungsform des Geschichtlichen sei, weshalb er zu Recht die Bezeichnung eines Alltagschronisten innehabe. Walsers Gesellschaftskritik geht trotz der internen Fokalisierung der heterodiegetischen Erzählerstellung deutlich aus dem Werk hervor, indem er durch Ironie Distanz zu den Gedanken und Handlungen der Figuren schafft. Sabine Brombach stellt fest, dass "die literarisch detaillierte Darstellung von Einzelschicksalen [...] eine Erweiterung des soziologischen Blickwinkels" ermögliche.
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