Über die Grenzen menschlicher Erkenntnis - ein irrwitziger Roman von Thomas Lehr Manfred ist ein höchst durchschnittliches Exemplar der Gattung Homo sapiens. Anfang 30, blass und schmerbäuchig lebt er einsam im Homeoffice. Und dennoch löst er intergalaktischen Alarm aus. Wieso sollte gerade er - wie vor ihm Descartes oder Einstein - die Fähigkeit haben, die Existenz der Außerirdischen zu entlarven? Der Außerirdische Zorrgh ergreift Besitz von Manfreds Bewusstsein, um den Grund herauszufinden. Er boostert Manfred und schon bald nimmt dieser Kontakt zu seiner - nicht ganz so harmlosen - Jugendliebe Sabine auf. Bis hin zu einem furiosen Finale ahnt Zorrgh nicht, wie nah ihn die beiden an seine eigenen Grenzen bringen werden. Der irrwitzigste Roman, den Thomas Lehr je geschrieben hat.
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Anstrengend ist Thomas Lehrs Roman gelegentlich schon ein bisschen, so Rezensent Paul Jandl, und ein bisschen überfrachtet ist er hier und da ebenfalls, gleichwohl jedoch ist das ein kunstvoll geschriebenes und in der deutschen Literatur ziemlich einzigartiges Buch. Im Zentrum steht, fasst Jandl zusammen, Manfred, ein Typ, der ein wenig glamouröses Leben führt, bevor er von einer außerirdischen Entität namens Zorrgh gekiddnappt wird, die in Schachtelsätzen spricht und uns auf eine wilde Reise quer durch die Kultur- und Geistesgeschichte mitnimmt. Hieronymus Boschs Bilder kommen ebenfalls zur Sprache, und an eben diese fühlt sich Jandl auch mit Lehrs zwischen Unsinn und Geisteshöhen pendelndem Buch erinnert, in dem es außerdem um Manfreds Liebesleben geht. Dass sich die Menschen und die Außerirdischen umso weniger verstehen, je näher sie sich kommen, ist für den Rezensenten eine der Pointen des Buchs.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Im irrwitzigen Science-Fiction-Roman des in Speyer geborenen Großschriftstellers Thomas Lehr besiedelt ein Außerirdischer den Kopf einer jämmerlichen Gegenwartsgestalt. Ein gelehrtes Vergnügen. Ein echter Thomas Lehr. Der Berliner ist der Pfälzer James Joyce." Markus Clauer, Die Rheinpfalz, 08.11.23
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.01.2024Hat da etwa jemand den "Zutreffenden Gedanken" gefasst?
Sehr unterhaltsame Bekenntnisse eines Außerirdischen: Thomas Lehrs Roman "Manfred"
Manfred, "Mann des Friedens", ist ein altehrwürdiger Name, der allerdings, wie fast alle Namen, Moden unterworfen ist und in den Siebzigerjahren kaum Konjunktur hatte. Damals nannte man seine Kinder Oliver, Stephan oder Frank, und diese Olivers, Stephans und Franks machten sich dann in der Schule lustig über jene wenigen, die noch Manfred hießen.
Als Manfred konnte man schwerlich zum Helden werden, und doch trägt der Held von Thomas Lehrs neuem Roman diesen Namen. Wobei: Ein Held ist er in der Tat keiner, nicht einmal zum Anti-Helden reicht es, Manfred ist nicht viel mehr als eine Hülle, die von einem außerirdischen Wesen geentert und gesteuert wird, und selbst diese Hülle wirkt zu Anfang des Romans elendiglich genug: Wir lernen den Mittdreißiger kennen, als er mit fauligem Mundgeruch und roten Bartstoppeln auf seiner Computertastatur liegt. Eine mehr oder weniger gescheiterte Existenz, ohne Familie und ordentlichen Beruf, die in einer armseligen Wohnung haust.
So findet ihn auch Zorrgh vor, jenes Wesen, das eine Institution namens "Äußeres Amt des Wahren Universums" geschickt hat, weil irgendwo in der Nähe von Manfred Alarm ausgelöst wurde. Es besteht die Gefahr, dass jemand den "Zutreffenden Gedanken" fasst und dadurch einen Einblick in die wahre Struktur des Kosmos erhält. Darauf aber ist die Menschheit nicht vorbereitet. Sie erfüllt nicht einmal eine einzige der notwendigen neun Qualifikationen, um ein "glanzvoll strahlender Teil des Wahren Universums" zu werden, "mit allen ihren vitalen, technologischen und spirituellen Elementen".
Schon die erste Qualifikation, "Bedingungslose Garantie von komfortabler Wohnung, variantenreicher Kleidung und anspruchsvoller Ernährung nebst kommodem Taschengeld für ausnahmslos jedes Mitglied der Zivilisation" ist auf der Erde noch nicht in Ansätzen erfüllt. Manfred ist das beste Beispiel dafür. Mit Computerjobs hält er sich mühsam über Wasser, seine Kleidung ist nicht der Rede wert, und was seine Ernährung angeht, muss man sich nur den Schmerbauch ansehen, der sich unterhalb seiner hängenden Schultern breitmacht. Eine wahrlich trauriges Exemplar der von Zorrgh nur in Anführungszeichen gesetzten Gattung homo "sapiens".
Es muss also einiges getan werden, denn da der Alarm irgendwo hier in der ebenso mittelprächtigen deutschen Stadt R. und in Manfreds Umfeld ausgelöst wurde, braucht es eine Art Reitpferd, eine Menschen-Drohne, um sich in Ruhe umzuschauen und im besten Fall jenen Überflieger oder jene Überfliegerin dingfest zu machen, der oder die vor der Zeit den zutreffenden Gedanken zu denken droht.
Also setzt sich Zorrgh in Manfreds Kopf, dockt sich bei ihm an und bringt ihn dazu, Sport zu treiben, dem Alkohol zu entsagen und sich die Zähne bleichen zu lassen. Er gibt ihm ein paar Aktientipps und verhilft ihm damit zu ausreichend Taschengeld, möbelt ihn also, kurz gesagt, gesellschaftlich ordentlich auf, und Manfred, der als Restbewusstsein in seinem Körper durchaus noch vorhanden ist, lässt sich das alles gefallen. Es winken ja auch reichlich Belohnungen, ein Ferrari vor der Tür der neuen Luxuswohnung etwa oder der Kontakt zur Welt der Frauen, der in seinem Leben abgerissen schien.
Auch Zorrgh, der von sich nur im Pluralis Majestatis spricht, möchte sich vor allem an die Frauen halten. Eine speziell scheint ihm vielversprechend auf seiner Suche nach der Gefahrenquelle. Eine alte Schulfreundin Manfreds, die Zorrgh an einen früheren Auftrag erinnert: an Ada Lovelace, jene Frau, die im neunzehnten Jahrhundert das erste Computerprogramm der Welt geschrieben hat.
Aber Zorrgh als Erzähler dieses komischen und herrlich versponnenen Romans weiß nicht nur von viktorianischen Visionären zu berichten (dazu gehört auch Adas Vater Lord Byron, dem ein "Wunderelixier aus Sperma und Tinte" besondere Widerstandskräfte verlieh), sondern auch von Hieronymus Bosch, der durch seine Malerei beinahe Einblick erlangt hätte in das Wesen der Dinge. Ihn musste Zorrgh ebenso wie Ada davon abhalten, der Wahrheit zu nahe zu kommen. Sein schwerster Fall war bislang ein gewisser René Descartes, dem wir in einer Art Parallelerzählung im stimmungsvoll verschneiten Ulm begegnen: "Und schon fühlen Wir erneut, wie der Schnee des siebzehnten Jahrhunderts auf Unser Gesicht fällt, als segelten die weißen Flocken seit vierhundert Jahren herab, und Wir sehen das verschneite, verschachtelte Ulm um Uns herum, reißen bei kräftigen Schlucken weißen Rheinweins gebratene Vögel an der Tafel des Rechenmeisters Faulhaber mit bloßen Händen auseinander und steigen seiner stattlichen Frau nach."
Wenn Zorrgh vom "kargen Raster der Menschensprachen" spricht, so macht es doch ungeheuer Spaß, ihm dabei zuzuhören, wie er sich ihrer bedient: Gedreht und geschwurbelt klingt sie, aber zugleich voller Spott und Fabulierlust. Es muss dem Autor eine große Freude gewesen sein, diese gut dreihundert Seiten zu Papier zu bringen.
Dabei ist der 1957 in Speyer geborene und in Berlin lebende Thomas Lehr nicht unbedingt als humoristischer Autor bekannt. Seit vielen Jahren beschäftigt ihn die Frage nach dem Großen Ganzen, nach dem Wesen von Raum und Zeit und der kosmischen Ordnung. An welcher Stelle berühren sich Physik und Metaphysik? Und wie lässt sich eine solche Suche in der Erzählstruktur abbilden? Nach den in dieser Hinsicht sehr ambitionierten Romanen "42" von 2005 und "Schlafende Sonne" von 2017 scheint sich Lehr mit "Manfred" eine verdiente Auszeit gegönnt zu haben.
Die neue Leichtigkeit empfindet auch Manfred selbst, einiger Pfunde enthoben, als durchaus befreiend; die Aufmerksamkeit weiblicher Schönheit in seiner Nachbarschaft hebt nicht nur das Selbstbewusstsein, auch die sportliche Betätigung zu Bette bringt ihn, der gleich einem Baum sein ganzes Leben in derselben Stadt verbracht hat, selbst aber nicht "einmal für eine bescheidene Photosynthese" taugt, wieder in Form.
Die braucht er, um gegenüber der Ada- Lovelace-gleichen Schulfreundin zu bestehen. Ihr ist er nach wie vor verfallen. Weitere Figuren aus der Vergangenheit tauchen auf, und bald ist klar, welcher außergewöhnliche Menschling den Alarm ausgelöst hat und kurz davor steht, Einsicht in den "blendenden Riss im Gewebe des Universums" zu erlangen. Allerdings versteckt er sich gut, und so muss Zorrgh seinen Manfred zu ungeahnten intellektuellen Höchstleistungen antreiben, denn nur indem Manfred selbst sich dem Zutreffenden Gedanken nähert, kann er Kontakt aufnehmen.
Verraten sei nicht, welche Volten dieser Roman gegen Ende hin noch schlägt, welche schönen Autos sich tatsächlich überschlagen und welcher Geist in welchen Körper hüpft. Mag sich das Ganze auch wie ein verrückter Film anhören: Verfilmen könnte man "Manfred" eben nicht; der gestaltlose Zorrgh, der im Grunde nur aus Sprache besteht (und was für einer!), kann eben nur im Buch und im Kopf des Lesers Gestalt annehmen. Natürlich weiß man nach der Lektüre auch kein bisschen besser, wie das Universum nun beschaffen ist, aber die auch als "Bio-Öko-Klausel" bekannte "Fünfte Qualifikation" nimmt man als Mahnung gerne mit auf den weiteren Lese- und Lebenswegs: "Man verlässt den Planeten so, wie man ihn vorgefunden hat!" TOBIAS LEHMKUH
Thomas Lehr: "Manfred". Bekenntnisse eines Außerirdischen. Roman.
Hanser Verlag, München 2023. 336 S., geb., 26,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Sehr unterhaltsame Bekenntnisse eines Außerirdischen: Thomas Lehrs Roman "Manfred"
Manfred, "Mann des Friedens", ist ein altehrwürdiger Name, der allerdings, wie fast alle Namen, Moden unterworfen ist und in den Siebzigerjahren kaum Konjunktur hatte. Damals nannte man seine Kinder Oliver, Stephan oder Frank, und diese Olivers, Stephans und Franks machten sich dann in der Schule lustig über jene wenigen, die noch Manfred hießen.
Als Manfred konnte man schwerlich zum Helden werden, und doch trägt der Held von Thomas Lehrs neuem Roman diesen Namen. Wobei: Ein Held ist er in der Tat keiner, nicht einmal zum Anti-Helden reicht es, Manfred ist nicht viel mehr als eine Hülle, die von einem außerirdischen Wesen geentert und gesteuert wird, und selbst diese Hülle wirkt zu Anfang des Romans elendiglich genug: Wir lernen den Mittdreißiger kennen, als er mit fauligem Mundgeruch und roten Bartstoppeln auf seiner Computertastatur liegt. Eine mehr oder weniger gescheiterte Existenz, ohne Familie und ordentlichen Beruf, die in einer armseligen Wohnung haust.
So findet ihn auch Zorrgh vor, jenes Wesen, das eine Institution namens "Äußeres Amt des Wahren Universums" geschickt hat, weil irgendwo in der Nähe von Manfred Alarm ausgelöst wurde. Es besteht die Gefahr, dass jemand den "Zutreffenden Gedanken" fasst und dadurch einen Einblick in die wahre Struktur des Kosmos erhält. Darauf aber ist die Menschheit nicht vorbereitet. Sie erfüllt nicht einmal eine einzige der notwendigen neun Qualifikationen, um ein "glanzvoll strahlender Teil des Wahren Universums" zu werden, "mit allen ihren vitalen, technologischen und spirituellen Elementen".
Schon die erste Qualifikation, "Bedingungslose Garantie von komfortabler Wohnung, variantenreicher Kleidung und anspruchsvoller Ernährung nebst kommodem Taschengeld für ausnahmslos jedes Mitglied der Zivilisation" ist auf der Erde noch nicht in Ansätzen erfüllt. Manfred ist das beste Beispiel dafür. Mit Computerjobs hält er sich mühsam über Wasser, seine Kleidung ist nicht der Rede wert, und was seine Ernährung angeht, muss man sich nur den Schmerbauch ansehen, der sich unterhalb seiner hängenden Schultern breitmacht. Eine wahrlich trauriges Exemplar der von Zorrgh nur in Anführungszeichen gesetzten Gattung homo "sapiens".
Es muss also einiges getan werden, denn da der Alarm irgendwo hier in der ebenso mittelprächtigen deutschen Stadt R. und in Manfreds Umfeld ausgelöst wurde, braucht es eine Art Reitpferd, eine Menschen-Drohne, um sich in Ruhe umzuschauen und im besten Fall jenen Überflieger oder jene Überfliegerin dingfest zu machen, der oder die vor der Zeit den zutreffenden Gedanken zu denken droht.
Also setzt sich Zorrgh in Manfreds Kopf, dockt sich bei ihm an und bringt ihn dazu, Sport zu treiben, dem Alkohol zu entsagen und sich die Zähne bleichen zu lassen. Er gibt ihm ein paar Aktientipps und verhilft ihm damit zu ausreichend Taschengeld, möbelt ihn also, kurz gesagt, gesellschaftlich ordentlich auf, und Manfred, der als Restbewusstsein in seinem Körper durchaus noch vorhanden ist, lässt sich das alles gefallen. Es winken ja auch reichlich Belohnungen, ein Ferrari vor der Tür der neuen Luxuswohnung etwa oder der Kontakt zur Welt der Frauen, der in seinem Leben abgerissen schien.
Auch Zorrgh, der von sich nur im Pluralis Majestatis spricht, möchte sich vor allem an die Frauen halten. Eine speziell scheint ihm vielversprechend auf seiner Suche nach der Gefahrenquelle. Eine alte Schulfreundin Manfreds, die Zorrgh an einen früheren Auftrag erinnert: an Ada Lovelace, jene Frau, die im neunzehnten Jahrhundert das erste Computerprogramm der Welt geschrieben hat.
Aber Zorrgh als Erzähler dieses komischen und herrlich versponnenen Romans weiß nicht nur von viktorianischen Visionären zu berichten (dazu gehört auch Adas Vater Lord Byron, dem ein "Wunderelixier aus Sperma und Tinte" besondere Widerstandskräfte verlieh), sondern auch von Hieronymus Bosch, der durch seine Malerei beinahe Einblick erlangt hätte in das Wesen der Dinge. Ihn musste Zorrgh ebenso wie Ada davon abhalten, der Wahrheit zu nahe zu kommen. Sein schwerster Fall war bislang ein gewisser René Descartes, dem wir in einer Art Parallelerzählung im stimmungsvoll verschneiten Ulm begegnen: "Und schon fühlen Wir erneut, wie der Schnee des siebzehnten Jahrhunderts auf Unser Gesicht fällt, als segelten die weißen Flocken seit vierhundert Jahren herab, und Wir sehen das verschneite, verschachtelte Ulm um Uns herum, reißen bei kräftigen Schlucken weißen Rheinweins gebratene Vögel an der Tafel des Rechenmeisters Faulhaber mit bloßen Händen auseinander und steigen seiner stattlichen Frau nach."
Wenn Zorrgh vom "kargen Raster der Menschensprachen" spricht, so macht es doch ungeheuer Spaß, ihm dabei zuzuhören, wie er sich ihrer bedient: Gedreht und geschwurbelt klingt sie, aber zugleich voller Spott und Fabulierlust. Es muss dem Autor eine große Freude gewesen sein, diese gut dreihundert Seiten zu Papier zu bringen.
Dabei ist der 1957 in Speyer geborene und in Berlin lebende Thomas Lehr nicht unbedingt als humoristischer Autor bekannt. Seit vielen Jahren beschäftigt ihn die Frage nach dem Großen Ganzen, nach dem Wesen von Raum und Zeit und der kosmischen Ordnung. An welcher Stelle berühren sich Physik und Metaphysik? Und wie lässt sich eine solche Suche in der Erzählstruktur abbilden? Nach den in dieser Hinsicht sehr ambitionierten Romanen "42" von 2005 und "Schlafende Sonne" von 2017 scheint sich Lehr mit "Manfred" eine verdiente Auszeit gegönnt zu haben.
Die neue Leichtigkeit empfindet auch Manfred selbst, einiger Pfunde enthoben, als durchaus befreiend; die Aufmerksamkeit weiblicher Schönheit in seiner Nachbarschaft hebt nicht nur das Selbstbewusstsein, auch die sportliche Betätigung zu Bette bringt ihn, der gleich einem Baum sein ganzes Leben in derselben Stadt verbracht hat, selbst aber nicht "einmal für eine bescheidene Photosynthese" taugt, wieder in Form.
Die braucht er, um gegenüber der Ada- Lovelace-gleichen Schulfreundin zu bestehen. Ihr ist er nach wie vor verfallen. Weitere Figuren aus der Vergangenheit tauchen auf, und bald ist klar, welcher außergewöhnliche Menschling den Alarm ausgelöst hat und kurz davor steht, Einsicht in den "blendenden Riss im Gewebe des Universums" zu erlangen. Allerdings versteckt er sich gut, und so muss Zorrgh seinen Manfred zu ungeahnten intellektuellen Höchstleistungen antreiben, denn nur indem Manfred selbst sich dem Zutreffenden Gedanken nähert, kann er Kontakt aufnehmen.
Verraten sei nicht, welche Volten dieser Roman gegen Ende hin noch schlägt, welche schönen Autos sich tatsächlich überschlagen und welcher Geist in welchen Körper hüpft. Mag sich das Ganze auch wie ein verrückter Film anhören: Verfilmen könnte man "Manfred" eben nicht; der gestaltlose Zorrgh, der im Grunde nur aus Sprache besteht (und was für einer!), kann eben nur im Buch und im Kopf des Lesers Gestalt annehmen. Natürlich weiß man nach der Lektüre auch kein bisschen besser, wie das Universum nun beschaffen ist, aber die auch als "Bio-Öko-Klausel" bekannte "Fünfte Qualifikation" nimmt man als Mahnung gerne mit auf den weiteren Lese- und Lebenswegs: "Man verlässt den Planeten so, wie man ihn vorgefunden hat!" TOBIAS LEHMKUH
Thomas Lehr: "Manfred". Bekenntnisse eines Außerirdischen. Roman.
Hanser Verlag, München 2023. 336 S., geb., 26,- Euro.
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