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«Manhattan Transfer» gehört zu den großen revolutionären Romanen des 20. Jahrhunderts. Durch eine Fülle von Schauplätzen und Charakteren lässt Dos Passos ein schillerndes Porträt des urbanen New Yorker Dschungels entstehen, in dem das Jagdfieber wütet: nach Arbeit, Glück und Macht. Die Figuren des Romans - ein junger Einwanderer, ein Gewerkschaftsführer, ein Mörder, ein Karrierist, eine nach Selbständigkeit strebende Frau, ein sensibler Alkoholiker und andere - scheinen aus der unbestimmbar großen Masse der Stadtbewohner herausgerissen, um irgendwann wieder in ihrem Gewühl unterzugehen. Der…mehr

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Produktbeschreibung
«Manhattan Transfer» gehört zu den großen revolutionären Romanen des 20. Jahrhunderts. Durch eine Fülle von Schauplätzen und Charakteren lässt Dos Passos ein schillerndes Porträt des urbanen New Yorker Dschungels entstehen, in dem das Jagdfieber wütet: nach Arbeit, Glück und Macht. Die Figuren des Romans - ein junger Einwanderer, ein Gewerkschaftsführer, ein Mörder, ein Karrierist, eine nach Selbständigkeit strebende Frau, ein sensibler Alkoholiker und andere - scheinen aus der unbestimmbar großen Masse der Stadtbewohner herausgerissen, um irgendwann wieder in ihrem Gewühl unterzugehen. Der eigentliche Protagonist des Romans ist jedoch die Großstadt New York von den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts bis nach dem Ersten Weltkrieg - eine immense, scheinbar anarchische Macht, der alle ausgeliefert sind. Der Roman ist panoramisch, filmisch, eine beeindruckende Collage modernen Lebens, voller Episoden und Brüche. Dos Passos' Kamerablick setzt das Dokumentarische neben das Erleben seiner fiktiven Figuren; er verfolgt sie durch das Dickicht der Stadt, überlässt es jedoch dem Leser, seine Schlüsse aus ihrem Lebenskampf zu ziehen. Nach Erscheinen dieses Romans rückte Dos Passos mit einem Schlag in die Riege der wichtigsten Autoren des 20. Jahrhunderts. In ihm vermischen sich der Naturalismus eines Theodore Dreiser und der Modernismus eines James Joyce zu einem vibrierenden, atemlos rhythmischen Stil, der bis heute nichts von seiner schillernden Farbigkeit und leuchtenden Intensität eingebüßt hat. Zahlreiche Autoren nahmen sich Dos Passos weltweit zum Vorbild, unter anderem übte er maßgeblichen Einfluss auf Alfred Döblins berühmten Roman «Berlin Alexanderplatz» aus. Die vorliegende Neuübersetzung stammt von dem renommierten Literaturübersetzer Dirk van Gunsteren (Thomas Pynchon, Philip Roth, T.C. Boyle) und ersetzt die aus dem Jahr 1966 stammende von Paul Baudisch. Sie ist mit einem Nachwort von Clemens Meyer (bekannt durch seinen ebenfalls Dos Passos verpflichteten großen Leipzig-Roman «Im Stein») versehen.

Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, B, CY, D, DK, EW, E, FIN, F, GR, IRL, I, L, M, NL, P, S, SLO, SK ausgeliefert werden.

Autorenporträt
John Dos Passos wurde 1896 in Chicago geboren. Er studierte in Harvard und ging nach dem Abschluss 1916 nach Europa. Als Kunststudent in Spanien begann er zu malen und zu schreiben; unter dem Eindruck des Ersten Weltkrieges verfasste er zwei pazifistische Romane, bevor er mit dem multiperspektivischen Großstadtpanorama Manhattan Transfer 1925 den amerikanischen Roman revolutionierte. Später engagierte er sich im Spanischen Bürgerkrieg auf Seiten der Republikaner. Er gilt neben Hemingway, Faulkner und Fitzgerald als einer der wichtigsten Vertreter der amerikanischen Moderne. Seine Romane beeinflussten weltweit zahlreiche Schriftsteller, namentlich inspirierte Manhattan Transfer Alfred Döblin zu seinem großen Roman Berlin Alexanderplatz. John Dos Passos starb 1970 in Baltimore. Dirk van Gunsteren, 1953 geboren, übersetzte u.a. Jonathan Safran Foer, Colum McCann, Thomas Pynchon, Philip Roth, T.C. Boyle und Oliver Sacks. 2007 erhielt er den Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Preis.
Rezensionen
Was stimmt da nicht im Stimmengemisch?
Das war überfällig: Dirk van Gunsteren hat John Dos Passos' berühmten Großstadtroman "Manhattan Transfer" neu übersetzt

"Manhattan Transfer", erschienen 1925, gilt als Meisterwerk des zwanzigsten Jahrhunderts. Die Stichworte des modernen Großstadtromans verbinden sich mit dem Buch: die Metropole als Moloch, der zahllose Menschen ansaugt und ausspuckt, die dissonante Polyphonie der Schicksale, die Schrecken von Anonymität und Entfremdung, die krasse Konfrontation von Armut und Reichtum, Elend und Überfluss. Die New-York-Faszination ist bei Dos Passos durchsetzt mit Abscheu, dem Grauen vor dem wimmelnden Getriebe der Riesenstadt, Moderne als Projekt der Enthumanisierung. Siegfried Lenz, der 1980 einen Essay über "Manhattan Transfer" schrieb, hat den Roman noch als verstörendes Werk gelesen: ein einziger "epischer Krankheitsbericht".

Vor allem verbinden sich mit "Manhattan Transfer" formale Errungenschaften der literarische Moderne: Montage der Szenen, filmische Schreibweisen, Kameraauge, dynamische Zoom-Effekte, Kubismus der Straßenszenen, Einblendungen von Werbung, Zeitungstexten und Schlagern, innere Monologe. Das alles klingt aber sehr viel aufregender, als es sich tatsächlich liest. Denn die meisten Seiten des Romans sind mit durchaus konventionellen Dialogen gefüllt.

Die Handlung ist nicht nur "fragmentiert" oder "dekonstruiert", es gibt eigentlich keine. Die Struktur des Geschehens ergäbe keinen Streckenplan mit einigen Haupt- und vielen Nebengleisen, sondern eher das Bild eines unübersichtlichen Rangierbahnhofs, auf dem unermüdlich die Waggons verschoben werden, von dem aber nie wirklich ein Zug abgeht. Auch die Sprache der Dialoge ist wenig fesselnd; sie hat das Niveau mittelklassiger Theaterstücke und wirkt öfter plakativ, weil der programmatische "moderne" Verzicht auf erläuternde Informationen und erzählerische Hintergründe dazu führt, dass die Dialoge selbst bisweilen überdeutlich sein müssen. Die grandiose Komik und die hintergründigen Sprachspiele des "Ulysses" liegen Dos Passos jedenfalls gänzlich fern. "Manhattan Transfer" ist ein humorloser Roman.

New York wird als riesiger Umschlagplatz dargestellt, als Zufluchtsort für Millionen Einwanderer, die von den Einwanderern der vorherigen Generation angefeindet werden. Es ist eine Stadt am Ende der Migrationskette, aus der es selbst kein Entrinnen gibt. Hier steht man immer mit dem Rücken zu irgendeiner Wand. Der tägliche Kampf um Geld, Liebe, Erfolg - oder auch nur um die nächste Mahlzeit - kennt viele Verlierer; nur bei wenigen verwirklicht sich der uramerikanische Mythos: vom Milchmann zum Millionär oder zumindest zum Gewerkschaftsführer, wie im Fall von Gus McNeil. Am Ende wird allen Schicksalen in diesem Roman nur eines attestiert: ihre Belanglosigkeit. Keine der Figuren rückt einem wirklich nahe, sie sind alle nur soziale Demonstrationsobjekte, Krabbeltiere unter der Metropolenlupe des John Dos Passos.

Selbst immer wieder auftretende Figuren des Romans (als Hauptfiguren möchte man sie kaum bezeichnen) wie der ehrgeizig-skrupellose Rechtsanwalt George Baldwin, der Journalist Jimmy Herf oder Ellen Thatcher, die wichtigste weibliche Gestalt, bleiben merkwürdig blass; sie haben keine Seele. Vielleicht war der Verzicht auf erzählerische Introspektion doch keine so gute Idee. Der Roman schleudert seine Figuren hinauf und hinab auf der sozialen Leiter, er überspringt die Jahre vom Jahrhundertbeginn über den Ersten Weltkrieg bis in die zwanziger Jahre, woraus sich oft beliebig wirkende Wechselfälle der Biographien ergeben. Nicht nur, dass man sich als Leser alle paar Seiten auf andere Figuren einstellen muss; auch die regelmäßig wiederkehrenden Figuren haben merkwürdige, unzureichend motivierte Sprünge in ihrer Identität, so dass man auch mit ihnen immer wieder neu beginnen muss.

In den Vereinigten Staaten steht John Dos Passos heute denn auch im Schatten von Hemingway, Faulkner oder Fitzgerald. Und vielleicht hat es nicht zufällig fast neunzig Jahre gedauert, bis die alte Übertragung des Romans von Paul Baudisch aus dem Jahr 1927 nun durch die ausgezeichnete neue Übersetzung Dirk van Gunsterens ersetzt wurde. Die alte Fassung war voller Unzulänglichkeiten; man findet neben einem völlig antiquierten Duktus Fehlgriffe der erstaunlichsten Art. Beim New Yorker Slang behalf Baudisch sich mit putziger deutscher Mundart: "Morjen, Mike, recht schön durchfroren, wa?" Es gibt Trouvaillen abgestorbenen Wortschatzes, etwa wenn eine Figur eine "Alligatorbirne" verzehrt - das war tatsächlich einmal die deutsche Bezeichnung für die Avocadofrucht. Ein "Banditenbackfisch" wiederum ist keine Speise, sondern Baudischs Bezeichnung für eine junge weibliche Kriminelle. "Weiber und Kinder" werden von den "gottverdammten Automoppels" überfahren, ein Mann wird "Flaschennase" genannt, offenbar hat er eine Neigung zum Alkohol; die Tram firmiert als "Planwagen". Diese wenigen Beispiele mögen zeigen, dass selten eine Neuübersetzung so überfällig und begrüßenswert war wie im Fall von "Manhattan Transfer". Wenn einen der Roman nicht wirklich überzeugt, dann weiß man jetzt: Es liegt nicht an der deutschen Fassung.

WOLFGANG SCHNEIDER

John Dos Passos: "Manhattan Transfer". Roman.

Aus dem Englischen von Dirk van Gunsteren. Rowohlt Verlag, Reinbek 2016. 540 S., geb., 24,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr
Ein Urmeter der Moderne. Urknall des Großstadtromans. Die Welt

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Mit "Manhatten Transfer" hat John Dos Passos im Grunde das Genre des Großstadtromans begründet, erklärt Rezensent Alexander Cammann. Der amerikanische Autor hatte eine wilde Kollage aus kleinen Szenen, Sequenzen und Situationen zusammengestellt und mithilfe dieses vom Film inspirierten Kunstgriffs ein Panorama der Zeit zwischen 1896 und 1924 entworfen, fasst der Rezensent zusammen. Das ist lesens- und jetzt auch hörenswert, denn die hier vorgestellte Hörspiel-Fassung des Klassikers mit mehr als fünfzig Sprechern bietet eine kongeniale "akustische Soziologie der Moderne", lobt Cammann.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.01.2017

Was stimmt da nicht im Stimmengemisch?
Das war überfällig: Dirk van Gunsteren hat John Dos Passos' berühmten Großstadtroman "Manhattan Transfer" neu übersetzt

"Manhattan Transfer", erschienen 1925, gilt als Meisterwerk des zwanzigsten Jahrhunderts. Die Stichworte des modernen Großstadtromans verbinden sich mit dem Buch: die Metropole als Moloch, der zahllose Menschen ansaugt und ausspuckt, die dissonante Polyphonie der Schicksale, die Schrecken von Anonymität und Entfremdung, die krasse Konfrontation von Armut und Reichtum, Elend und Überfluss. Die New-York-Faszination ist bei Dos Passos durchsetzt mit Abscheu, dem Grauen vor dem wimmelnden Getriebe der Riesenstadt, Moderne als Projekt der Enthumanisierung. Siegfried Lenz, der 1980 einen Essay über "Manhattan Transfer" schrieb, hat den Roman noch als verstörendes Werk gelesen: ein einziger "epischer Krankheitsbericht".

Vor allem verbinden sich mit "Manhattan Transfer" formale Errungenschaften der literarische Moderne: Montage der Szenen, filmische Schreibweisen, Kameraauge, dynamische Zoom-Effekte, Kubismus der Straßenszenen, Einblendungen von Werbung, Zeitungstexten und Schlagern, innere Monologe. Das alles klingt aber sehr viel aufregender, als es sich tatsächlich liest. Denn die meisten Seiten des Romans sind mit durchaus konventionellen Dialogen gefüllt.

Die Handlung ist nicht nur "fragmentiert" oder "dekonstruiert", es gibt eigentlich keine. Die Struktur des Geschehens ergäbe keinen Streckenplan mit einigen Haupt- und vielen Nebengleisen, sondern eher das Bild eines unübersichtlichen Rangierbahnhofs, auf dem unermüdlich die Waggons verschoben werden, von dem aber nie wirklich ein Zug abgeht. Auch die Sprache der Dialoge ist wenig fesselnd; sie hat das Niveau mittelklassiger Theaterstücke und wirkt öfter plakativ, weil der programmatische "moderne" Verzicht auf erläuternde Informationen und erzählerische Hintergründe dazu führt, dass die Dialoge selbst bisweilen überdeutlich sein müssen. Die grandiose Komik und die hintergründigen Sprachspiele des "Ulysses" liegen Dos Passos jedenfalls gänzlich fern. "Manhattan Transfer" ist ein humorloser Roman.

New York wird als riesiger Umschlagplatz dargestellt, als Zufluchtsort für Millionen Einwanderer, die von den Einwanderern der vorherigen Generation angefeindet werden. Es ist eine Stadt am Ende der Migrationskette, aus der es selbst kein Entrinnen gibt. Hier steht man immer mit dem Rücken zu irgendeiner Wand. Der tägliche Kampf um Geld, Liebe, Erfolg - oder auch nur um die nächste Mahlzeit - kennt viele Verlierer; nur bei wenigen verwirklicht sich der uramerikanische Mythos: vom Milchmann zum Millionär oder zumindest zum Gewerkschaftsführer, wie im Fall von Gus McNeil. Am Ende wird allen Schicksalen in diesem Roman nur eines attestiert: ihre Belanglosigkeit. Keine der Figuren rückt einem wirklich nahe, sie sind alle nur soziale Demonstrationsobjekte, Krabbeltiere unter der Metropolenlupe des John Dos Passos.

Selbst immer wieder auftretende Figuren des Romans (als Hauptfiguren möchte man sie kaum bezeichnen) wie der ehrgeizig-skrupellose Rechtsanwalt George Baldwin, der Journalist Jimmy Herf oder Ellen Thatcher, die wichtigste weibliche Gestalt, bleiben merkwürdig blass; sie haben keine Seele. Vielleicht war der Verzicht auf erzählerische Introspektion doch keine so gute Idee. Der Roman schleudert seine Figuren hinauf und hinab auf der sozialen Leiter, er überspringt die Jahre vom Jahrhundertbeginn über den Ersten Weltkrieg bis in die zwanziger Jahre, woraus sich oft beliebig wirkende Wechselfälle der Biographien ergeben. Nicht nur, dass man sich als Leser alle paar Seiten auf andere Figuren einstellen muss; auch die regelmäßig wiederkehrenden Figuren haben merkwürdige, unzureichend motivierte Sprünge in ihrer Identität, so dass man auch mit ihnen immer wieder neu beginnen muss.

In den Vereinigten Staaten steht John Dos Passos heute denn auch im Schatten von Hemingway, Faulkner oder Fitzgerald. Und vielleicht hat es nicht zufällig fast neunzig Jahre gedauert, bis die alte Übertragung des Romans von Paul Baudisch aus dem Jahr 1927 nun durch die ausgezeichnete neue Übersetzung Dirk van Gunsterens ersetzt wurde. Die alte Fassung war voller Unzulänglichkeiten; man findet neben einem völlig antiquierten Duktus Fehlgriffe der erstaunlichsten Art. Beim New Yorker Slang behalf Baudisch sich mit putziger deutscher Mundart: "Morjen, Mike, recht schön durchfroren, wa?" Es gibt Trouvaillen abgestorbenen Wortschatzes, etwa wenn eine Figur eine "Alligatorbirne" verzehrt - das war tatsächlich einmal die deutsche Bezeichnung für die Avocadofrucht. Ein "Banditenbackfisch" wiederum ist keine Speise, sondern Baudischs Bezeichnung für eine junge weibliche Kriminelle. "Weiber und Kinder" werden von den "gottverdammten Automoppels" überfahren, ein Mann wird "Flaschennase" genannt, offenbar hat er eine Neigung zum Alkohol; die Tram firmiert als "Planwagen". Diese wenigen Beispiele mögen zeigen, dass selten eine Neuübersetzung so überfällig und begrüßenswert war wie im Fall von "Manhattan Transfer". Wenn einen der Roman nicht wirklich überzeugt, dann weiß man jetzt: Es liegt nicht an der deutschen Fassung.

WOLFGANG SCHNEIDER

John Dos Passos: "Manhattan Transfer". Roman.

Aus dem Englischen von Dirk van Gunsteren. Rowohlt Verlag, Reinbek 2016. 540 S., geb., 24,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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