Essay aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Geschichte - Allgemeines, Note: 1,7, Universität Bielefeld (Fakultät für Geschichte), Veranstaltung: Lesarten der Ökonomie, Sprache: Deutsch, Abstract: „Der homo oeconomicus steht nicht hinter uns, sondern vor uns – wie der moralische Mensch, der pflichtbewusste Mensch, der wissenschaftliche Mensch und der vernünftige Mensch. Lange Zeit war der Mensch etwas anderes; und es ist noch nicht sehr lange her, seit er eine Maschine geworden ist – und gar eine Rechenmaschine.“ Marcel Mauss beschließt sein berühmtes Werk „Die Gabe“ mit einigen „Sozial- und nationalökonomischen Schlussfolgerungen“, in denen er Kritik übt an der Privilegierung materieller Nützlichkeit, der Verfolgung individueller Zwecke und der reinen Pro-fitmaximierung, die seiner Ansicht zufolge dem Rationalismus der Moderne geschuldet sind und „dem Frieden, des Ganzen, dem Rhythmus unserer Arbeit und unserer Freuden und damit letztlich dem Einzelnen selbst“ schaden. Nach einem kurzen Überblick zur Person Marcel Mauss sollen im Folgenden die Kernaspekte seiner Kulturtheorie der Gabe Erläuterung finden. Im Vordergrund ste-hen dabei seine Ausführungen zur Ökonomie des Gabentausches in Polynesien und dem Südpazifik. Mauss’ Lesart der Ökonomie zeigt den kontingenten Charakter der Wirtschaftsordnungen auf, die unser gesellschaftliches Zusammenleben maßgeblich bestimmen. Vor dem Hintergrund derzeitiger wirtschaftlicher Krisen gelesen verdeut-licht seine Kritik an einem essentialistischen Verständnis vom homo oeconomicus, dass eine Orientierung am Primat der Gewinnmaximierung weder naturgegeben noch ohne Alternativen sein muss.