Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, D, I ausgeliefert werden.
Bücher zum 300. Todestag von Maria Sibylla Merian
Die selbstbewusste Frankfurterin Maria Sibylla Merian brach gleich mit mehreren Klischees: Sie war berufstätige Mutter, renommierte Künstlerin, Naturforscherin, Geschäftsfrau und erwirkte nach mehr als fünfundzwanzig Jahren Ehe eine Scheidung. Sie reiste zu Forschungszwecken allein mit ihrer jüngsten Tochter zwei Jahre nach Südamerika in die damalige niederländische Kolonie Surinam. Dort erkundete sie die tropische Fauna und Flora, um nach ihrer Rückkehr ein bis heute beeindruckendes Werk über die "Verwandlung der surinamischen Insekten" herauszugeben.
So umreißt die Historikerin Barbara Beuys die außergewöhnliche Biographie einer Frau, die 1647 geboren wurde. Dabei misst Beuys der Religion der Merian eine entscheidende Rolle bei. Als Tochter des berühmten Frankfurter Verlegers und Kupferstechers Matthäus Merian des Älteren kam sie aus einer Familie von Glaubensflüchtlingen. Als nach Calvin Reformierte mussten sie die Niederlande verlassen und fanden wie Tausende andere Zuflucht in der Freien Reichsstadt Frankfurt. Für die Reformierten stand die persönliche Erkenntnis im Zentrum des Glaubens, schreibt Beuys und leitet daraus auch Maria Sibyllas Antrieb zur Forschung ab: um Gottes Werk zu ehren. Wichtig war auch, so die Biographin, dass sie in einem Umfeld lebte, das sie förderte und ihr als Frau eine gewisse Selbständigkeit zubilligte.
Auch habe die Merian vom Namen ihrer einflussreichen Familie profitiert, der ihr ein Netzwerk von Künstlern und Gelehrten ihrer Zeit eröffnete. Im Alter von zweiunddreißig Jahren brachte sie ihr Werk "Der Raupen wunderbare Verwandlung, und sonderbare Blumennahrung" mit fünfzig eigenen Zeichnungen heraus und entpuppte sich damit nicht nur als Künstlerin, sondern auch als Forscherin. Als Erste sieht sie den Zusammenhang zwischen der Raupe und ihrer Wirtspflanze.
Beuys zeichnet das Bild einer selbstbestimmten, ehrgeizigen Frau, die von früh an ihrer Leidenschaft für die Malerei und für die Insektenforschung folgte. Merians geschäftliche Tätigkeit kommt zwar nicht in dem Maß zur Sprache, wie es der Untertitel "Künstlerin, Forscherin, Geschäftsfrau" verspricht. Aber die Darstellung des Lebenswegs der Merian ist sorgfältig recherchiert und mit Belegen versehen. Die Autorin vermeidet Spekulationen, selbst wenn das zu größeren Lücken in der Biographie führt, für die verschiedene mögliche Szenarien angeboten werden. Barbara Beuys erzählt eine fesselnde Geschichte, einzig die häufigen Wiederholungen lassen den Text stellenweise zäh werden. Ihre Biographie schließt mit einem Zitat der Merian aus dem Werk über die "Verwandlung der surinamischen Insekten": Es sollte sowohl den Kunst- als auch den Insektenliebhabern Freude bereiten.
Anlässlich des heutigen dreihundertsten Todestags von Maria Sibylla Merian ist nun ein Faksimile dieses erstmals 1705 gedruckten großformatigen Werks erschienen, das vor allem durch seine farbenprächtigen Zeichnungen besticht. Die Ausgabe ist ergänzt um Anmerkungen von Experten, die die Bedeutung des Werks erläutern und auch auf die besondere Rolle hinweisen, die der Merian als Pionierin auf diesem Forschungsfeld zukommt.
BETTINA WOLFF.
Barbara Beuys: "Maria Sibylla Merian". Künstlerin, Forscherin, Geschäftsfrau.
Eine Biographie.
Insel Verlag, Berlin 2016. 285 S., br., 18,95 [Euro].
Maria Sibylla Merian: "Metamorphosis insectorum Surinamensium".
Die Verwandlung der surinamischen Insekten. 1705. Hrsg. von Marieke van Delft und Hans Mulder.
Lambert Schneider Verlag, Darmstadt 2016. 200 S., Abb., geb., 149,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
© Perlentaucher Medien GmbH