„Breaking Things At Work – The Luddites Are Right About Why You Hate Your Job“- das ist der sperrige, aber auch wunderbar polemische Originaltitel dieser Streitschrift des Amsterdamer Assistenzprofessors Gavin Mueller, die ursprünglich im linken Kultverlag Verso Books erschien und nun im September
in deutscher Übersetzung bei Edition Nautilus.
Mueller beabsichtigt mit der Flugschrift zweierlei:…mehr„Breaking Things At Work – The Luddites Are Right About Why You Hate Your Job“- das ist der sperrige, aber auch wunderbar polemische Originaltitel dieser Streitschrift des Amsterdamer Assistenzprofessors Gavin Mueller, die ursprünglich im linken Kultverlag Verso Books erschien und nun im September in deutscher Übersetzung bei Edition Nautilus.
Mueller beabsichtigt mit der Flugschrift zweierlei: technikkritische Menschen zu Marx bringen und Marxfans zur Technikkritik. Wer sich mit linkem Denken und dem Verhältnis zu Technik etwas auskennt, weiß: Das ist kein leichtes Unterfangen. Denn von pauschaler, primitivistischer Ablehnung jeglichen technischen Fortschritts bis zum Luxury Gay Space Communism lässt sich im linken Denken so ziemlich alles finden – und viele Strömungen berufen sich explizit auf Marx. Denn auch Marx selbst hat im Lauf seines Lebens unterschiedliche Positionen zu Technikoptimismus vertreten.
Im Kern geht es um die Frage, ob durch und für den Kapitalismus hervorgebrachte Technik für linke Politik nutzbar gemacht werden kann oder nicht. Lassen sich Algorithmen statt für Werbung für eine funktionale Form der Planwirtschaft nutzen? Sind Maschinen nicht die perfekte Möglichkeit, Menschen vom Joch der Arbeit zu befreien?
Nö, sagt Mueller und zeigt auf, dass Automatisierung historisch betrachtet immer mit der Entrechtung und Vereinzelung von Arbeiter*innen einherging, weil eben Industrialisierung und technischer Fortschritt innerhalb des Kapitalismus immer auch nach dessen Logik funktioniert. Mueller möchte die zu Unrecht als plumpe Technikfeind*innen verschrienen Luddit*innen wieder aufwerten und ihre Kritik für heutige linke Politik nutzbar machen. Dabei richtet er sich auch und vor allem explizit an die sogenannte akzelerationistische Linke – Figuren um Nick Srnicek oder Benjamin Bratton, die den Kapitalismus auf globaler Ebene mit seinen eigenen technischen Waffen schlagen wollen.
Das Thema ist also auch innerhalb linker Theoriekreise aktuell und was man Mueller zugutehalten muss, ist, dass er die Diskussion nicht nur sehr respektvoll führt, sondern auch Theorie und Praxis miteinander in Verbindung bringt. Als jemand, die dem Akzelerationismus manches abgewinnen kann, hat Mueller mich herausgefordert und an vielen Stellen überzeugt – das spricht für ihn.
Trotzdem habe ich ein paar Einschränkungen. Ich habe Mueller nämlich in einer Gruppe gelesen und entgegen seiner Intention wurde dabei schnell deutlich, dass das Buch als Marx-Einstieg eher weniger taugt. Denn Mueller springt zwischen Autor*innen, setzt bezüglich linker Bewegungsgeschichte ebenso wie hinsichtlich linker Theoriebegriff einige Vorkenntnis voraus und für Nicht-Affine linker Theorie wirkt das schnell wie bloßes Namedropping. Viele Teile seiner Argumentation bleiben implizit und anekdotisch. Seine Argumente gegen den Bezug auf Marx‘ Maschinenfragment lassen sich schwer nachvollziehen, wenn man das Fragment selbst nicht kennt. Wenn man es gelesen hat, lassen sich wiederum auch Einwände gegen Mueller erheben. Das war für mich möglich und deshalb auch gewinnbringend, aber es zeigt auch: Wenn man die Theorien, Namen und Schriften, auf die sich Mueller bezieht, nicht zumindest (historisch) verorten kann, geht das zu Lasten der Feinheiten und Differenzierungen von Muellers Argumentation.
Um seinen innerlinks-kritischen Argumenten folgen zu wollen, sollte man deshalb Spaß an Theorie haben. Falls nicht, ist „Maschinenstürmer“ bestimmt trotzdem eine spannende historische Übersicht über die Geschichte der Luddit*innen und liefert Anstöße für die Gegenwart. Gerade die Theorieteile könnten sich dann aber beim Lesen eher ziehen. Umgekehrt wurde aber auch deutlich: Wer nicht schon Hals über Kopf in der Theoriedebatte steckt, kann ggf. umso mehr von der historischen Ebene mitnehmen.