Im tiefsten Süden der USA ticken die Uhren anders, wie man leider auch heute noch feststellen kann - althergebrachte, zutiefst etablierte gesellschaftliche Strukturen lassen sich gerade dort nur schwer auflösen. Das war in den 1960er Jahren noch viel mehr der Fall als heute, auch wenn man den
Eindruck gewinnen könnte, dass die aktuelle US-Regierung alles dafür tut, wieder zurück in diese düstere…mehrIm tiefsten Süden der USA ticken die Uhren anders, wie man leider auch heute noch feststellen kann - althergebrachte, zutiefst etablierte gesellschaftliche Strukturen lassen sich gerade dort nur schwer auflösen. Das war in den 1960er Jahren noch viel mehr der Fall als heute, auch wenn man den Eindruck gewinnen könnte, dass die aktuelle US-Regierung alles dafür tut, wieder zurück in diese düstere Ära zurückzufinden, in der die Trennung zwischen schwarzen und weißen Amerikanern eine Selbstverständlichkeit war, so sehr, dass die Regierung nicht eingriff, wenn bspw. der Ku Klux Klan mal wieder sein Unwesen trieb.
Diese althergebrachten Strukturen stehen im Mittelpunkt von Elisabeth Büchles Roman "Mehr als nur ein Traum", der den Geist - oder sollte man sagen, die Geister - der 1960er Jahre aufs Eindrucksvollste aufleben lässt, so gut recherchiert und eindringlich verfasst wie er ist.
Diesmal steht die junge Fotografin Felicitas aus Süddeutschland im Mittelpunkt, eine Überlebende des Holocaust, die ganz ohne Familie, nicht jedoch ohne Freunde dasteht. Sie erhält aus heiterem Himmel die Nachricht über eine Erbschaft in den Vereinigten Staaten - ein Häuschen in den Südstaaten. Trotz der ungeklärten, ja geheimnisvollen Umstände - sie hat keine Ahnung, in welcher Form sie mit der Vorbesitzerin verwandt ist - nimmt sie das Erbe an, zieht in das Häuschen ein und findet sich wieder im Zwiespalt zwischen weißen und schwarzen Afrikanern. Den sie im Übrigen so gar nicht nachvollziehen kann, ist ihr doch der Mensch als solches wichtig unabhängig von seinem Äußeren.
Diese Überzeugung lebt sie auch in den Staaten und verwirrt dadurch ihre weißen Nachbarn aufs Äußerste. Und nicht nur das - sie macht sich auch Feinde, wie sie allmählich zu spüren bekommt.
Wie immer bei Elisabeth Büchle ist nicht nur die Protagonistin Rebecca, sondern auch die Nebenfiguren "mit Pfiff" entwickelt, alle haben etwas Besonderes, vielschichtige Charaktere, man sieht sie gleichsam vor sich: Felictas' langjährige Freundin Kerstin bspw. , verlobt mit dem US-Soldaten Christopher, der von seiner ruhigen Position in Westdeutschland nach Vietnam versetzt wird. Oder die afroamerikanischen Nachbarn von Felicitas, mit denen sie sich bald anfreundet. Und natürlich gibt es auch eine Liebesgeschichte, die sich behutsam in den Rahmen einfügt.
Behutsam - das ist überhaupt ein sehr passendes Wort für die Literatur Elisabeth Büchles. Respektvoll, könnte man auch sagen, nähert sie sich ihrem Sujet und flicht genau so ihre Themen, ihre Werte ein. Quasi beiläufig entwickelt sich Nebenschauplätze, weitere Themenfelder und Szenarien und immer ist dabei, was der Autorin wichtig ist - bspw. der christliche Glaube.
Elisabeth Büchle verfügt über die aus meiner Sicht unglaubliche Gabe, starke, eindringliche Szenarien auf eine selbstverständliche, unaufdringliche Art und Weise zu entwickeln, ein sehr, sehr eindrucksvoller Weg, Romane zu schreiben! Die Geschichten schleichen sich gleichsam herein und dringen - natürlich behutsam und achtsam - tief hinein in das Bewusstsein des Rezipienten. Und dort bleiben sie! Lange, sehr lange! Wer also Unterhaltsames mit Tiefgang und Nachwirkung lesen mag - der ist hier richtig aufgehoben.