Vor einiger Zeit erwarb ich ein Haus in einem anderen Stadtteil und verließ mein altes Viertel. Nun ist es nicht mehr meins. Ich habe lange dort gewohnt. Mit Ausnahme der ersten Lebensjahre und einer kurzen Unterbrechung für den Wehrdienst eigentlich immer. Ach ja, den einen oder andern Urlaub gab es auch noch, kaum der Rede wert. Ich bin ein schlimmer Reisemuffel. Jedenfalls nach außen. In Wahrheit reise ich ständig. In Gedanken. Die Umstände des äußeren Reisens sind mir lästig. Wie sagte ein alter Mathematiker: Stör mir meine Kreise nicht. Nun bin ich ganz heraus aus meinem alten Viertel und sehe es noch, wenn ich heimlich mit dem Fahrrad durchfahre oder einen Bekannten besuche, was aber selten geschieht. Ich weiß nicht, ob ich Sehnsucht dorthin zurück empfinde. Die neuen Lebensumstände sind so erfreulich, daß sie die Melancholie überdecken, wenn denn Melancholie einmal aufkeimt. Ich denke überwiegend freundlich an mein altes Viertel zurück. Das bewog mich vor einiger Zeit, alte Entwürfe hervorzunehmen. Sie hatten ein Schattendasein gefristet, denn ich wußte über ihre Verwendung keinen Rat. Sie stammen aus der Anfangszeit meiner schriftstellerischen Tätigkeit und stellen Versuche in der Erzählform dar. Nun weiß ich, daß eine gemeinsame Klammer sie verbindet: sie betreffen Menschen in meinem alten Viertel. - nostalgische, feingeschliffene Perlen aus der Feder des Autors Klauspeter Bungert -
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