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Der Familienname Cerio hat auf der Mittelmeerinsel Capri einen besonderen Klang. Eine der Letzten aus dieser international verzweigten Familie von Ärzten, Forschern, Inselbürgermeistern, Hoteliers und Ingenieuren ist die Schriftstellerin Claretta Cerio. Als Witwe des Inselhistorikers Edwin Cerio und Enkelin des legendären capresischen Hoteliers August Weber gehört Claretta Cerio selbst zum illustren Inselpersonal, für das Capri so berühmt ist. Nun hat die Schriftstellerin zur Freude ihrer Leser ihr schmales aber schönes OEuvre um einen autobiographischen Erzählband ergänzt. Es ist schwer zu sagen, was an diesem Buch mehr gefällt: die elegante Schlichtheit der Sprache oder der ironisch melancholische, nie aber zynische Blick auf die Wirklichkeiten des Lebens. Dabei könnte eine Jahrhundertzeitzeugin wie Claretta Cerio angesichts der touristischen Verheerungen auf Capri durchaus etwas verbittert sein. Doch bei aller gedanklichen Schärfe und Genauigkeit verliert diese Prosa nie ihren manchmal an Truman Capote erinnernden, heiteren Charme. In den fünfziger und sechziger Jahren war der Salon der Cerios so etwas wie das intellektuelle Zentrum der Insel. Die Autorin jedoch, lebendige dreiundachtzig Jahre alt, verzichtet auf nostalgisch verklärte Reminiszenzen an lang vergangene Tage. Sie verarbeitet in den dreizehn Kapiteln des Buches die Biographie ihrer Familie, verknüpft diese mit der Geschichte der Insel und lässt dabei - ohne jede Sentimentalität - eine Vergangenheit lebendig werden, wie sie über das Capri des zwanzigsten Jahrhunderts so bislang noch nicht erzählt worden ist. Die Regale der Bibliotheken ächzen schwer unter der Vielzahl an Büchern über die vermeintlich schönste Insel der Welt. Bislang war eigentlich nur Humbert Kesels Inselbiographie empfehlenswert. Nun hat die Capri-Expertin schlechthin - und ganz nebenbei war Claretta Cerio ein halbes Leben lang mit Humbert Kesel befreundet - ein bezaubernd kluges Buch vorgelegt, das zweifellos zu einem Klassiker der Capri-Literatur werden wird.
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"Mein Capri" von Claretta Cerio, Mare Verlag, Hamburg 2010. 192 Seiten.Gebunden, 18,50 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
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