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© BÜCHERmagazin, Elisabeth Dietz (ed)
Sie hat Rücken- und Beziehungsprobleme. In Stralsund hat sie drei unnachgiebige Hitzestunden mit Warten auf die Fähre verbringen müssen. Dann die lange Fahrt mit der Fähre. Dann der Fußweg zum Quartier. Der schwere Rucksack, die Sommerhitze, der unebene Weg, der nicht mehr geliebte Mann. Der Anstieg zum Dornbusch, die Schmerzen. Dann dreht sie sich um: "Unter ihr lag die gesamte Insel, sie konnte ihre Form erkennen, West- und Ostküste, Wiesen und Heidebraun, Meeresschaum, Teiche und Boddenblinken, bis zur Spitze im Süden. Zum ersten Mal mochte sie dieses Ländchen." Im ganzen Buch ist immerzu von "sie" und "ihr" die Rede. Man geht sicher nicht fehl, dahinter die Autorin Ulrike Draesner zu sehen, die so ihre erste Begegnung mit der Insel Hiddensee beschreibt. 1997 war das. Es folgten viele Aufenthalte. Diese erste Begegnung aber ist nicht nur Bericht. Es ist Poesie und zugleich ein Gleichnis dafür, wie Poesie entsteht. "Ulrike Draesner poetisiert die Welt." So hieß es in der Jurybegründung, als sie im vergangenen Jahr den Joachim-Ringelnatz-Preis für Lyrik bekam. Sie poetisiert auch die Insel, alle Begebenheiten und Beobachtungen dort. Sei es der Gepäcktransport mit dem Bollerwagen oder eine Kreuzotter, die sich auf der Straße sonnt. Ulrike Draesner ist mit ihrem Kind unterwegs, manchmal auch mit einem Mann. Sehr poetisch geht es bei solchen Reisen nicht zu, das lehrt die Erfahrung. Aber sie führt das Doppelleben des Dichters. Dabei ist es bei ihr keineswegs so, dass es einen bei der Lektüre nach Hiddensee zieht. Vielmehr sucht man einfach nur nach einem stillen Platz - um weiterzulesen.
F.P.
"Mein Hiddensee" von Ulrike Draesner. Mare, Hamburg 2015. 192 Seiten. Gebunden, 18 Euro.
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