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Mit Irland hat es eine besondere Bewandtnis. Wie kaum ein anderes Reiseland lädt es zur privaten Aneignung ein. Viele Touristen, die von dort zurückkehren, haben ein Stück davon in der Tasche, eine Form des eifersüchtigen Erinnerns, wie sie bei Ländern, die sich etwas reservierter geben, nicht vorkommt. In Irland fühlt sich der Fremde freundlich aufgenommen, gut behandelt und gut bewirtet. Zum Dank setzt bei ihm eine gewisse Verklärung ein. Da kommt das Buch von Ralf Sotscheck, dem langjährigen Irland-Korrespondenten der taz, als willkommenes frisches Lüftchen. Sotscheck reist entlang der Küste rund um "seine" Insel und richtet sein Augenmerk dabei weniger auf spektakuläre Klippen und Buchten als - jenseits aller Klischees von den lustigen Saufaus-Iren - auf die Menschen. Er schreibt über Arbeitsimmigranten - allein zehntausend Brasilianer leben in Irland -, die Opfer der Konjunkturflaute geworden sind, über ehrenamtliche Heiratsvermittler, einen gottvollen Seilbahnbetreiber, der seine Gondel mit Psalmen und Weihwasserfläschchen ausgestattet hat, und über das Pub-Sterben in der Provinz, das erstaunlicherweise der Schließung ländlicher Polizeistationen geschuldet ist. Früher, so erzählt der Wirt seinem Gast, drückten die Dorfpolizisten ein Auge zu. Heute werde die Gegend von "gnadenlosen" mobilen Einsatztruppen aus der Grafschaftshauptstadt überwacht. Folge: Die Gäste trinken zu Hause. Ein Projekt der Firma Shell führt den Autor ins abgelegene Rossport, wo achtzig Kilometer vor der Küste von Mayo das Corrib-Gasfeld erschlossen wird und die größte Gasraffinerie in Europa entsteht. In der Bevölkerung regt sich Widerstand. Die Iren in Rossport fühlen sich von ihrer Regierung nicht gut behandelt. Viele sind deshalb zu einer Form des Widerstands übergegangen, die vor mehr als hundert Jahren auf der Insel erfunden wurde: dem Boykott ungeliebter Fremder.
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"Mein Irland" von Ralf Sotscheck. mareverlag, Hamburg 2016. 154 Seiten. Gebunden, 18 Euro.
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