Allen Freunden, die auf Rügen Urlaub machen, leiht Claudia Rusch ihre persönliche Landkarte, auf der sie ihre Lieblingsorte an der Küste verzeichnet hat. Vom besten Strand bei Nonnevitz mit Hühnergöttern und alten Wurzeln, "die wie Geisterskelette herumliegen und nach den Röcken der kleinen Mädchen greifen, die im Schatzfieber Bernsteine suchen", über Kap Arkona, den "schönsten Platz der Welt, wo das Meer weit und das Leben voller Hoffnung ist, wo zwischen Sanddorn und Himbeerbüschen die Bienen summen und die See rauscht", bis hin zum pittoresken Südosten der Insel am Greifswalder Bodden, "der im Stillen so tut, als wäre er die offene See" - auf Claudia Ruschs Landkarte ist alles zu finden, was der Rügen-Besucher zu seinem Glück braucht. Pointiert und sehnsuchtsvoll erzählt die Autorin von Ferien bei der Oma, von Völkerverständigung auf dem Rügendamm, von Festessen mit selbsterlegten Wildschweinen, und sie verrät uns, was Theodor Fontane wirklich von Sassnitz hielt. Ihre Inselerinnerungen verknüpft Claudia Rusch mit wissenswerten Fakten und heutigen Beobachtungen, und das in gewohnt unterhaltsamer Weise.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.09.2010Eine Insel mit eigenem Rauschen
Claudia Rusch wurde 1971 auf Rügen geboren. Im September 1976 zog sie mit ihren Eltern nach Grünheide bei Berlin. Sie hatte sofort Heimweh nach dem Meer. Als ihr kürzlich eine Freundin sagte, sie habe seit einigen Wochen Sehnsucht nach der Ostsee, schrieb sie zurück, sie habe seit fünfunddreißig Jahren Ostseesehnsucht. Die Geschichte erzählt uns Frau Rusch, bekannt geworden durch ihre Bücher "Aufbau Ost" und "Meine freie deutsche Jugend", in ihrem wunderbaren Buch über Rügen. Es ist eine Mischung aus Autobiographie, Sach- und Reisebuch - im Grunde abzulehnen. Aber dieser Autorin folgt man gern. Ihren kleinen Überheblichkeiten, wenn sie auf der Fahrt zwischen Hiddensee und Stralsund einem Saarländer den Unterschied zwischen Meer und Bodden erklärt. Ihren Abschweifungen, wenn sie Manfred Krug als Sänger verehrt wie ein Backfisch seinen Star. Ihren seltsamen Vergnügungen, wenn sie der Entstehung des Wortes Hühnergott nachsinnt. Ihrem Staunen, wenn sie noch etwas über Rügen lernt: Vom alten Hafen in Sassnitz, früher Saßnitz, hatte sie noch nie gehört. Er war ja auch in der DDR-Zeit so gut wie vergessen, um sich heute umso freundlicher zu präsentieren - mit der längsten Mole Europas. Natürlich kommt sie in Sassnitz auf Fontane zu sprechen. "Nach Rügen heißt nach Saßnitz reisen", so steht es in "Effi Briest". Ist das nun eine Wahrheit Fontanes oder eine ironische Bemerkung, weil doch Instetten den Satz spricht? Effi mag das ewige Rauschen des Meeres nicht. Der Urlaub wird zum Desaster, wenn auch nicht deswegen. Frau Rusch dazu: "Mir kann es gar nicht genug Rauschen und Dünen und See geben. Ich muss allerdings auch nicht mit Geert von Instetten zusammenleben." Schön gesagt!
F.P.
"Mein Rügen" von Claudia Rusch, Mare-Verlag, Hamburg 2010. 192 Seiten. Gebunden, 18 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Claudia Rusch wurde 1971 auf Rügen geboren. Im September 1976 zog sie mit ihren Eltern nach Grünheide bei Berlin. Sie hatte sofort Heimweh nach dem Meer. Als ihr kürzlich eine Freundin sagte, sie habe seit einigen Wochen Sehnsucht nach der Ostsee, schrieb sie zurück, sie habe seit fünfunddreißig Jahren Ostseesehnsucht. Die Geschichte erzählt uns Frau Rusch, bekannt geworden durch ihre Bücher "Aufbau Ost" und "Meine freie deutsche Jugend", in ihrem wunderbaren Buch über Rügen. Es ist eine Mischung aus Autobiographie, Sach- und Reisebuch - im Grunde abzulehnen. Aber dieser Autorin folgt man gern. Ihren kleinen Überheblichkeiten, wenn sie auf der Fahrt zwischen Hiddensee und Stralsund einem Saarländer den Unterschied zwischen Meer und Bodden erklärt. Ihren Abschweifungen, wenn sie Manfred Krug als Sänger verehrt wie ein Backfisch seinen Star. Ihren seltsamen Vergnügungen, wenn sie der Entstehung des Wortes Hühnergott nachsinnt. Ihrem Staunen, wenn sie noch etwas über Rügen lernt: Vom alten Hafen in Sassnitz, früher Saßnitz, hatte sie noch nie gehört. Er war ja auch in der DDR-Zeit so gut wie vergessen, um sich heute umso freundlicher zu präsentieren - mit der längsten Mole Europas. Natürlich kommt sie in Sassnitz auf Fontane zu sprechen. "Nach Rügen heißt nach Saßnitz reisen", so steht es in "Effi Briest". Ist das nun eine Wahrheit Fontanes oder eine ironische Bemerkung, weil doch Instetten den Satz spricht? Effi mag das ewige Rauschen des Meeres nicht. Der Urlaub wird zum Desaster, wenn auch nicht deswegen. Frau Rusch dazu: "Mir kann es gar nicht genug Rauschen und Dünen und See geben. Ich muss allerdings auch nicht mit Geert von Instetten zusammenleben." Schön gesagt!
F.P.
"Mein Rügen" von Claudia Rusch, Mare-Verlag, Hamburg 2010. 192 Seiten. Gebunden, 18 Euro.
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Ein wunderbares Buch über Rügen. Frankfurter Allgemeine Zeitung