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Der Italien-Sehnsucht verdanken wir einige der herausragendsten Reiseberichte der deutschen Literatur. Heinse, Goethe, Seume. Alle drei haben nicht einfach beschrieben, wann sie wo waren und was es dort zu erleben gab; vielmehr haben sie autobiographische Details durch eine spezifisch literarische Sprache ästhetisiert. Etwas Ähnliches unternimmt auch Hans-Ulrich Treichel. Der Protagonist seines neuen Buchs hat einiges mit dem Autor gemeinsam: Er heißt Hans, promoviert in Berlin über Wolfgang Koeppen und sehnt sich nach Italien. Kein Wunder, schließlich wohnt er an der ungemütlichen Schöneberger Hauptstraße und kommt aus Ostwestfalen, wo "Leeregefühle und Sinnlosigkeitszustände" so selbstverständlich gedeihen, wie im Süden die Zitronen blühen. Als er die Sardin Cristina kennenlernt, wird aus seiner Italien-Sehnsucht eine Sardinien-Sehnsucht. Während Goethe zwei römische Aufenthalte hatte, haben Hans und Cristina zwei sardische. Beide Male reisen sie nach Sant'Antioco. Ohne rhetorischen Zierrat schildert Hans das spröde Naturell der Einheimischen, mit wenigen Sätzen fängt er die karge Stimmung auf dem Land ein, unverhohlen bringt er nach der ersten Reise seine Eindrücke auf den Punkt: "Sardinien hatte ich als enorm unerotisch in Erinnerung." Trotzdem liest man seinen Bericht mit Faszination, nicht zuletzt, weil er immer wieder von Cristina erzählt, ihrem wechselhaften Wesen, ihrer Unerreichbarkeit. Dass diese Liebesgeschichte nie ins Kitschige driftet, ist Treichels pointierter, zwischen Melancholie und selbstironischem Witz changierender Sprache geschuldet. Eine lohnende Lektüre. (Hans-Ulrich Treichel: "Mein Sardinien". Eine Liebesgeschichte. Mareverlag, Hamburg 2012. 218 S., geb., 18,- [Euro].) span
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