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Eines Nachts führt Marica Bodrozics Vater sie in ihrem dalmatinischen Dorf hinaus ins Freie. Sie ist noch ein Kind, und er zeigt ihr am Himmel die Sterne des Südens, erklärt ihr, wie jeder einzelne Stern heißt und dass das Licht der weitentfernten Galaxien alles auf der Erde beschützt: die Tiere, die Bäume und Pflanzen, auch jeden einzelnen Menschen, samt seinen Träumen. Ein ergreifendes Momentum schreibt sich tief in das Kind ein. Seither ist Marica Bodrozic' Blick auf den Himmel gerichtet, immer auf der Suche nach den Sternen, Erzählungen und Beglückungen des Südens. Diese wesenhafte Liebe…mehr

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Produktbeschreibung
Eines Nachts führt Marica Bodrozics Vater sie in ihrem dalmatinischen Dorf hinaus ins Freie. Sie ist noch ein Kind, und er zeigt ihr am Himmel die Sterne des Südens, erklärt ihr, wie jeder einzelne Stern heißt und dass das Licht der weitentfernten Galaxien alles auf der Erde beschützt: die Tiere, die Bäume und Pflanzen, auch jeden einzelnen Menschen, samt seinen Träumen. Ein ergreifendes Momentum schreibt sich tief in das Kind ein. Seither ist Marica Bodrozic' Blick auf den Himmel gerichtet, immer auf der Suche nach den Sternen, Erzählungen und Beglückungen des Südens. Diese wesenhafte Liebe bleibt ihr auch im dörflichen Hessen erhalten, als sie das alte Jugoslawien für immer verlässt und in die Nähe von Frankfurt zieht. Selbst als in den 1990er Jahren der Krieg in ihrem Herkunftsland ausbricht, bleibt sie dieser Liebe ungebrochen treu. Seitdem ist sie häufig in ihre brutal zerrissene Herkunftsgegend zurückgereist, und in diesem Buch erzählt sie von ihren gleichermaßen ethnologischen wie empathischen Begegnungen mit Land und Leuten vor dem Ausbruch des Krieges und danach. Sie beschreibt eindringlich die mediterrane Welt, aber auch die Verwüstungen, die der Bürgerkrieg hinterlassen hat: konkret, anschaulich und zutiefst poetisch zugleich. Dabei geht es ihr immer auch um die Beschwörung der humanistischen Werte und um die Hinwendung zum freien Menschen, der nur dann wirklich frei sein kann, wenn er lernt, auch das Dunkle in seiner eigenen Geschichte zu sehen. Marica Bodrozics Buch ist ein couragierter Beitrag zum Erlernen dieses inneren Sehens.

Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, B, BG, CY, CZ, D, DK, EW, E, FIN, F, GR, HR, H, IRL, I, LT, L, LR, M, NL, PL, P, R, S, SLO, SK ausgeliefert werden.

Autorenporträt
Marica Bodrozic wurde 1973 in Dalmatien geboren. 1983 siedelte sie nach Hessen über. Sie schreibt Gedichte, Romane, Erzählungen und Essays, die in über sechzehn Sprachen übersetzt wurden. Für ihr bisheriges Werk wurde sie mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, zuletzt mit dem Walter-Hasenclever-Literaturpreis, dem Manès-Sperber-Literaturpreis für ihr Gesamtwerk sowie dem Irmtraud-Morgner-Preis. Marica Bodrozic lebt mit ihrer Familie als freie Schriftstellerin in Berlin und in einem kleinen Dorf in Mecklenburg.
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

Dieses Buch bietet eine faszinierende Innen- und Außensicht auf den Balkan: Bodroži ist in Dalmatien im heutigen Kroatien geboren und im Alter von zehn Jahren nach Deutschland ausgewandert. Sie ist mit der Kultur ihrer Herkunftsgegend vertraut, nimmt jedoch auf der Reise, die sie in diesem Buch beschreibt, oft eine Beobachterposition ein. "Ein Sehen, das alles ändert, lässt sich aber wie das Alphabet erlernen. Es ist ein inneres Sehen, das hinter den materiellen Bildern liegt, wir können es uns nur selbst beibringen, wenn wir uns und anderen als Fragende begegnen", stellt die Autorin in ihrem sehr persönlichen Reise-Essay fest und gibt sich dabei niemals mit singulären Betrachtungen zufrieden. Vielmehr sei das Leben als Palimpsest zu begreifen: Wer Dunkles aus der eigenen Vergangenheit sehe, könne als mündiger Mensch weiterleben. Bodrožis Begegnungen mit den bis heute spürbaren Folgen des Bürgerkriegs im ehemaligen Jugoslawien fallen mal analytisch, mal empathisch, bisweilen poetisch aus. Sprache und Denken sind für die Autorin stets eng miteinander verbunden. Sie ermöglicht dem Leser trotz eindringlicher Beschreibungen und vielen weisen Zitaten immer wieder Momente des Unbeschrifteten, liefert Denkanstöße, wenn es darum geht, die Mehrzahl der Dinge und Räume zu begreifen.

© BÜCHERmagazin, Melanie Schippling

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Astrid Kaminski bringt dieses Buch an die Grenzen des literarischen Verfahrens der Autorin Marica Bodrožić. Die Herstellung einer Aura aus Verklärung und Verletzlichkeit, aus Erinnerung und poetologisch gestimmtem Staunen funktioniert hier nicht, meint Kaminski. Denn was nicht vollkommen ist, kann nicht vollkommen sein, ließe sich hinzufügen. Die 24 Episoden des Bandes jedenfalls, in denen die Autorin Kindheitsorte zwischen Split, Sarajewo und Mostar besucht und fragt, wie Zivilisation in Barbarei umschlägt, überzeugen Kaminski als Versuch, ein zivilsatorisches Rezept gegen Krieg zu finden, nicht. Allzu romantisch geht Bodrožić das Thema an, meint Kaminski. Weniger Generalisierungen und Spekulationen und mehr politische Analysen hätte sich die Rezensentin gewünscht.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.11.2014

Böse Menschen haben keine Palmen
Ist eine Friedensreise auch friedenspreiswürdig? Marica Bodrozic schreibt distanzlos über den Bosnien-Krieg

Könnten Palmen einen Krieg verhindern, so müsste man sich um die südliche Hälfte der Welt keine Sorgen machen. Sie werden es wohl nie können. Aber wenn die Schriftstellerin Marica Bodrozic in der Landschaft ihrer Geburt unter einer Palme steht, kann sie es nicht glauben: "Wie kann man Menschen erschießen, während der Wind in den Palmen singt?", fragt sie sich auf der Reise entlang der Spuren der Jugoslawien-Kriege, mit Schwerpunkt auf Kroatien. Dreimal klingt diese Fassungslosigkeit an. Die Palme, das ist der Fetisch von Bodrozics Naturmystizismus. Für die Palme, diese elegante Krone der Natur, gilt, genauso wie für den Menschen, die Unschuldsvermutung - von seiner "ursprünglichen Reinheit" ist sogar die Rede. Darauf muss sich einschwingen, wer 330 Seiten Kriegs-, Gesellschafts- und Reisereflexionen durchstehen will.

Sie beginnen mit einem jener Erinnerungsbilder, für deren Aura aus Verklärung und Verletzlichkeit die Autorin geliebt wird. Nachdem der Vater dem Kind nächtelang die Sterne erklärt und als lebende Wesen nahegebracht hat, drückt er ihm, in unerklärter Widersprüchlichkeit, am Heiligabend eine Pistole in die Hand: "Es half kein Weigern und kein Weinen. Schieß den Sternen in den Bauch, sagte er und hielt meinen Körper fest, der Schuss fiel, ich zitterte am ganzen Leib. Habe ich die Sterne erschossen, fragte ich ihn, erhielt aber keine Antwort." Man kann diese unvermittelt gewaltsame Szene als prophetisches Bild lesen: als Vorbereitung auf eine Zeit, in der nicht die Beziehungen zählen, die Menschen zu dem sie umgebenden Kosmos aufgebaut haben, sondern die Befehle zu dessen Zerstörung.

So kam es. Tito starb, der jugoslawische Kosmos, dessen Gesetze für das Kind ehern schienen, zerfiel, es folgte - mehr zeitlich als kausal - mit den Jugoslawien-Kriegen der tragische Abschluss des "Jahrhunderts der Wölfe". Marica Bodrozics autobiographisch gefärbte Bücher widmen und widersetzen sich seit ihrem Debüt "Tito ist tot" dieser speziellen Art des Kindheitsverlusts. Die Autorin kam als zehnjähriges Mädchen, das zuvor in Dalmatien beim Großvater aufgewachsen war, 1983 zu den Eltern nach Deutschland. Die vormals äußere Welt fand, so lässt es sich lesen, in der inneren Welt der Vorstellung ein Exil. Dieses imaginierte Land, gleichsam eine Annäherung an einen als ursprüngliches Sehen erlebten Zustand der Kindheit, prägt sich oft als poetologischer Ausgangspunkt von Bodrozics schriftstellerischem Denken ein.

Auch in "Mein weißer Friede" gibt es wieder schöne Zeugnisse eines so gestimmten Schauens. Nicht selten ist es ein Staunen, die "über das Wissen der Haut vollzogene Erkenntnis im Alter von fünf Jahren, dass nicht meine blaue Strickjacke kleiner, sondern ich selbst größer wurde". Eine buchstäbliche Sternstunde dieses am Kindheitsblick geschulten Differenzwahrnehmens ist der Essay "Sterne erben, Sterne färben" (2007) über das Aneignen der deutschen Sprache.

"Mein weißer Friede" ist dagegen ein Unterfangen, das die kindliche Vollkommenheitssehnsucht der Autorin mehr und anders als die bisherigen Werke auf die Probe stellt. Das im Titel zugleich erklärte und verklärte Ziel lautet Aufarbeitung. Das "Erbe des Krieges", seine "dunklen Gaben, die wie eine lauernde Krankheit in den Gesichtern, Geschichten, Körpern, Sätzen und der Vorstellungskraft der Menschen weiterleben", müssen verwandelt werden in den "weißen Frieden" eines Gesprächs "mit dem inneren Selbst", den es "ohne Bewusstsein nicht geben kann". Das geschieht in 24 Episoden mit Eindrücken von Reisen nach Split, Sarajewo, Mostar, zu den dalmatischen Kindheitsorten, in die Krajina, auf die kroatischen Inseln oder ins amerikanische Dayton.

Die Hauptschwierigkeit dieser Bewusstseinsreisen liegt darin, dass ihr Inhalt, anders als die äußeren Entfernungen, nahezu unendlich ist. Welche Fragen des zwanzigsten Jahrhunderts müssen wiederholt werden, welche neu gestellt? Mit welchen Denkern lässt sich das Umschlagen von Zivilisation in Barbarei begreifen, und wie lässt sich eine entsprechende Realität literarisch rekonstruieren? Und weiter die spezifischeren Fragen: nach der Selbstfindung posttotalitärer Staaten in einem nationalstaatlich geprägten Europa etwa oder der empfindlichen Nähe von Nationalismus und Faschismus.

Dafür befragt Marica Bodrozic etwa zwei Dutzend Denker und Autoren. Die Selbstverantwortung einer Sophie Scholl wird ebenso angeführt wie Hannah Arendts Einschätzung von der "Oberflächlichkeit des Bösen" oder etwa Dzevad Karahasans Vergleich zwischen industrieller Serienproduktion und vereinheitlichendem Nationalismus. Der Versuch, ein zivilisatorisches Rezept gegen den Krieg zu finden, muss sich jedoch als unhaltbar romantisch herausstellen. Gerade die Jugoslawien-Kriege im Post-Holocaust-Europa haben gezeigt, dass Frieden heute weniger eine zivilisatorische Errungenschaft als in erster Linie eine politische ist. Das gilt seit Anbruch der digitalen Zeitrechnung umso mehr. Politische Analysen aber liefert Marica Bodrozic genauso wenig, wie sie sich zu einer literarischen Transzendenz freischreiben kann.

Es ist nicht leicht, ihr auf die Reise zu folgen. Widerstände bauen zudem die häufigen Generalisierungen bis hin zu Spekulationen auf. Die Natur scheint gut, die Menschenmasse schlecht, ein Mann gerät allein ob seines Stotterns in den Verdacht, eine Kriegsschuld auf sich geladen zu haben. Solche Undifferenziertheiten des Denkens ecken zuweilen auch sprachbildlich an. Über den kroatischen Kriegszeitpräsidenten Tudjman heißt es einmal, er sei, "aus der Distanz betrachtet, ein lispelnder Mensch" gewesen. Das klingt, als würde die Autorin die Weltgeschichte durchs Opernglas verfolgen.

Sie stößt jedoch nicht nur beim Versuch eines einordnenden Begreifens an Grenzen. Auch die biographisch-dokumentarische Annäherung an ihr Sujet verhindert den Zugang teilweise mehr, als dass sie ihn fördert. Nicht nur die zeitliche Nähe zum Geschehen, sondern auch die Nähe zum Gegenüber sind für eine sachliche Auseinandersetzung eher von Nachteil. Viel transportieren die Gespräche bei Feigen und türkischem Kaffee jedenfalls nicht. "Jeder trägt seinen Teil der Erinnerung, so gut er kann", wird einmal in Mathias Enards Kriegsepos "Zone" behauptet. Davon lässt sich die Friedensreisende Bodrozic zu schnell und zu widerstandslos überzeugen. Ihr bleibt am Ende nur die Predigt.

ASTRID KAMINSKI

Marica Bodrozic: "Mein weißer Frieden".

Luchterhand Verlag, München 2014. 336 S., geb., 19,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Marica Bodrozic ist ein Buch gelungen, das man nur schwer aus der Hand legt und das auch ein Schlüssel zum Europa von heute ist." Cornelius Hell / Die Presse