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Mit Diplomatenpass war Joachim Sartorius Mitte der achtziger Jahre in Zypern unterwegs und konnte so, was damals anderen unmöglich war, sowohl im türkisch besetzten Norden wie im von Zypern-Griechen dominierten Süden reisen. Davon vor allem erzählt er in diesem Buch. Was ihn im Wechselspiel der Zeiten und Gezeiten, der Wellen der Invasionen, der römischen, byzantinischen, fränkischen, venezianischen, osmanischen und britischen Besatzungen und Einflusssphären bis zur aktuellen Teilung interessiert, sind die Verquickung der Kulturen und die "Grammatik des Ornaments", die betörende Freskensprache und die "Weltgeschichte als Inselgeschichte". Sartorius dechiffriert Zypern und seinen Freiheitswillen zwischen Traum und Trauma, Paradies und Paralyse bei Besuchen geschichtsgetränkter und symbolschwangerer Stätten, aber auch bei Begegnungen mit Menschen auf beiden Seiten der Grenze. Er erspürt auf Überlandfahrten durch "Geröllhalden von Geschichte" im Mikrokosmos der Insel ein kosmopolitisches Ambiente, ein Himmelsstreben der Kirchen und Moscheen ebenso wie Borniertheit, eine "offene und klaustrophobische Situation" als Alltagsgefühl. Nostalgie verströmt das Kapitel "Die Rückkehr", das auf den "Straßen der Erinnerung" die Wiederkehr des Autors nach mehr als zwei Jahrzehnten schildert. Im Jahr 2003 ermöglichte die Öffnung der "grünen Linie" die konfliktfreie Begegnung beider Ethnien. Doch die alten Illusionen und Besitzungen seien mit der durchlässigen Grenze für die Heimatvertriebenen paradoxerweise außer Reichweite geraten. Ein Jahr später scheiterte der Annan-Plan zur Wiedervereinigung, und die Republik Zypern trat der EU bei. Trotz politischer Durchdringung des Insularen ist das Zypern-Brevier von Sartorius eher eine Hymne auf gleißendes Licht, das Meer - und es zelebriert die Kunst der Entschleunigung des Denkens in Episoden zur Seidenraupenzucht oder der Einsamkeit der Geckos.
sg
"Mein Zypern oder Die Geckos von Bellapais" von Joachim Sartorius. mare verlag, Hamburg 2013. 192 Seiten. Gebunden, 18 Euro.
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