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Arthur Schopenhauer, sechzehn Jahre jung, notierte 1804: "Wie die Musik zu werden ist das Ziel jeder Kunst." Für Christiane Wiesenfeldt, die Herausgeberin des neuen Mendelssohn-Handbuchs, ist damit das zeitgenössische Streben "nach der Lösung aus Formkorsetts und Naturimitation" gemeint, "etwas, was in der Musik um 1800 offenbar schon stattgefunden oder zumindest sich angedeutet hatte, und zwar ohne Revolutionslärm oder Dekonstruktivismus, sondern in der logischen Weiterentwicklung des tradierten Materials der Klänge und Formen selbst". Wiesenfeldt attackiert auf diese Weise in der Einleitung des Handbuchs das alte Vorurteil, Romantik in der Musik hinke der literarischen Romantik hinterher. Die Autorin braucht diese Überlegung, um die reflektierte Position des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy zu bestimmen. Denn seine Romantik sei "in vielen Punkten bereits rationalistisch durchformt". Er reagiere künstlerisch auf zeitgenössische Romantik-Kritiken, nähme sie aber produktiv auf, was den Einfluss des Romantischen - ein bestimmtes Landschaftserleben, die Entdeckung des Nordens, offene Formen, neue Thematisierung der Religion - auf sein Schaffen nicht schmälere.
Das Handbuch, für das mit Hans-Joachim Hinrichsen, Beatrix Borchard, Andreas Eichhorn und Jascha Nemtsov einige der besten Autorinnen und Autoren der deutschen Musikwissenschaft gewonnen werden konnten, nähert sich Mendelssohn ebenso achtsam von der kultur- und sozialgeschichtlichen Seite her wie streng werkanalytisch. Die gründliche Diskussion von Mendelssohns Stellung zum Judentum - er war zum evangelischen Christentum konvertiert, vermied aber in persönlichen Äußerungen jede Festlegung seiner religiösen Identität - gehört ebenso zu den Stärken des Buches wie die Beschreibung der musikalischen Noblesse und Komplexität seiner Kompositionen, die Thomas Schmidt die glückliche Formulierung vom "Vexierspiel mit Formerwartungen" finden ließ. Man vermisst nur schmerzlich Hans Günter Klein, den langjährigen Leiter des Mendelssohn-Archivs an der Berliner Staatsbibliothek und vermutlich besten Kenner des Briefschreibers und Zeichners Mendelssohn, unter den Autoren. Er starb am 7. April 2016.
jbm.
"Mendelssohn-Handbuch". Hrsg. von Christiane Wiesenfeldt. Bärenreiter/Metzler Verlag, Kassel/Stuttgart 2020. 506 S., geb., 99,99 [Euro].
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"... Insgesamt bietet dieses Mendelssohn-Handbuch aber eine Fülle von Informationen und Gebrauchsmöglichkeiten vom schnellen Nachschlagen bis zum ausgiebigen Lesen. ... Das sorgfältige Register ermöglicht den Einsatz als Nachschlagewerk." (Verena Naegele, in: Schweizer Musikzeitung, musikzeitung.ch, November 2021)
"... Das Buch ist keine Biographie, sondern ein Kompendium von Beiträgen zahlreicher Fachautoren. ... Werkverzeichnis, Werkregister, Per sonenregister und eine ausführliche Zeittafel rahmen das ausgezeichnete Handbuch ein." (Chor aktuell, Heft 169, September 2020)