Im 2009 erschienenen Buch "Philosophie des Leidens" versucht Boris Wandruszka, jene immanente Lebensstruktur und Lebensdynamik aufzudecken, die zu den einfachsten und fundamentalen Strukturmomenten des Leidens vorstößt; diese erste "Wissenschaft vom Leiden" transzendierte daher nicht die Grenzen der Anschaubarkeit, sondern verblieb in der "Immanenz des 'inneren Lebens' bzw. des Erlebens". Im aktuellen Buch "Metaphysik des Leidens" werden die "realen Bedingungen der Möglichkeit von Leiden" ermittelt: Wie muss eine Welt beschaffen sein, damit darin ein leidendes Wesen erscheinen könne? Welche Rolle hat das Leiden in Bezug zum fundamentalen Widerfahrnis-, Resonanz- und Responsivitätscharakter des Lebens? Es wird gezeigt, dass menschliches Leben, das einer plural-agonalen Welt ausgesetzt ist, nicht leidfrei möglich ist, dass aber andererseits das Leid nicht das letzte Wort sein kann, sondern notwendig auf Ganzheit, Reifung, Erlösung und Harmonie bezogen ist. Nur auf dem Hintergrund der Spannung zwischen absoluter Seins-, Sinn- und Lebensfülle und der stets problematischen und fragilen Teilhabe von Menschen am "absoluten und leidüberwindenden Urleben" kann Leiden entstehen, durchlitten, verstanden, aber auch überwunden werden. Hier erreicht der "Opfergedanke", in dem das unvermeidliche Leid frei angenommen und dadurch transformiert wird, seine reinste und höchste Ausformung. Erst nach Klärung dieser Verhältnisse wird die "Theodizeefrage" als "das Problem der Probleme" angegangen und am Leitfaden der Hiob-Erzählung diskutiert. Letztlich erweist sich, dass trotz allem Schmerz, Mangel, Unrecht und Unsinn ein "Potential des Unendlichen" im Leiden verborgen liegt, das auf seine Überwindung durch Sein-, Sinn- und Werterfüllung, durch Tat, Erkenntnis und Liebe verweist und dass diese drei "Mächte" der Leidensherausforderung bedürfen, um ihre Weite, Tiefe und Höhe auszuloten.