Mingus ist eine sehr gut aussehende Chimäre, eine Kreuzung zwischen Mensch und Tier. Sein Schöpfer, den Mingus "Papa" nennt, hat dieses im Labor entstandene Wesen lange vor der Welt verborgen. Nun ist Papa tot und Mingus ist auf das angewiesen, was er in seiner abgeschlossenen Welt lernen durfte.
Mingus Schöpfer Leo wollte nicht, dass sein Schützling lesen und schreiben lernt. Mingus kann nur das…mehrMingus ist eine sehr gut aussehende Chimäre, eine Kreuzung zwischen Mensch und Tier. Sein Schöpfer, den Mingus "Papa" nennt, hat dieses im Labor entstandene Wesen lange vor der Welt verborgen. Nun ist Papa tot und Mingus ist auf das angewiesen, was er in seiner abgeschlossenen Welt lernen durfte. Mingus Schöpfer Leo wollte nicht, dass sein Schützling lesen und schreiben lernt. Mingus kann nur das wissen, was ihm "Papa" beigebracht hat und deshalb müssen wir uns als Leser mit dem zufrieden geben, was Mingus aus seiner eingeschränkten Sicht wahrnehmen kann. Dinge, die Menschen herstellen und benutzen, kann Mingus sehr anschaulich aus seiner Mensch-Tier-Perspektive beschreiben, bei abstrakten Begriffen wird das schon schwieriger. Mingus lebt in einer dystopischen Welt, in der ein ganzer Kontinent unbewohnbar ist und Tiere ausgestorben sind. - Zum Glück für Mingus gerät er auf seinem Weg in bewohnte Zonen an Tara, eine betagte Frau, die im früheren Leben einmal eine fähige Chemikerin war. Tara sollte eigentlich in einer staatlich geduldeten Sekte leben, doch sie hat sich in ein Leben als Vogelfreie abgesetzt. Mit der Erkenntnis, dass Tara von Heuschrecken und ein paar Speisepilzen aus eigenem Anbau lebt und Mingus als Fleischfresser kaum satt zu kriegen ist, ahnt man bereits, welch tragikomische Szenen noch bevorstehen. Eine der insgesamt 7 Erzählerstimmen gehört Nin, weit und breit der einzigen Jugendlichen in Mingus Welt. Nin hat ein traumatisches Erlebnis hinter sich, über das sie sich mit einer Zuhörerin unterhalten soll, die ihre genetisch optimierten Oberschicht-Eltern für sie bestellt haben. Um Nin vor der feindlichen Umwelt zu schützen, wurde die Haustechnik abgestellt und Nins Roboterhund zerlegt und versteckt. Gonzo, das Robotier wird eine für die Handlung entscheidende Rolle spielen. Das Viech reagiert sehr ironisch. Für diese Programmierleistung muss man Nin Bewunderung zollen - künstliche Intelligenz mit Sinn für Ironie würde ich auch gern programmieren können. - ... Dystopien sind häufig einfach gestrickt, um sprachlich und inhaltlich mühelos konsumiert werden zu können. Leser erwarten das inziwschen. Eine verwüstete Welt nach dem Ende unserer Zivilisation dient als Kulisse, vor der die Figuren um ihr umittelbares Überleben kämpfen und sich auch ineinander verlieben dürfen, da sich die Bücher an eine Lesergruppe ab 14 richten. Die Hauptfiguren empfinden so wie ihre jugendlichen Leser, so dass man sich nicht groß anstrengen muss, um sich in sie hineinzuversetzen. Zu interessanten Fagestellungen, wie genau die Menschen in lebensfeindlicher Umgebung existieren und sich fortpflanzen, kommt es in dystopischen Stoffen nur selten. - Mingus, der als erster Icherzähler auftritt, kann nur das ausdrücken, was ihm bewusst ist. Als Leser ist man sich dieses eingeschränkten Blickes von Anfang an bewusst.. Leider hat Mingus mich am wenigstens überzeugt, weil er zu stark mit der Stimme der Autorin spricht. Auch die anderen Figurenus haben aus verschiedensten Gründen ihren persönlichen Tunnelblick. Mingus Vorgeschichte ist wichtig für das Verständnis der Handlung, wird jedoch nicht weiter vertieft. Deshalb wirkt die Geschichte auf mich wie das obere Achtel eines Eisbergs - sie verbirgt ihren größeren Teil; beim Lesen muss ich ihn mir erst erarbeiten. Da die dystopische Welt außer von Nin mit erwachsenen, teils sehr alten, Figuren bevölkert ist, gibt es für Jugendliche wenig Identifikationsmöglichkeiten. - Die Vorgänge bei den Männer verschlingenden Goyanerinnen schildert die Autorin mit sehr viel Witz, allerdings bezweifele ich, dass diese Anspielungen bei Jugendlichen ankommen. Für eine jugendliche Zielgruppe fehlt dem Buch ein roter Faden. "Mingus" ragt mit pfiffigen Ideen aus dem Dystopien-Durchnitt hervor. Es wird durch die anspruchsvolle Konstruktion aus sieben Erzählerstimmen leider ein Buch sein, das von erwachsenen Kritikern gelobt, aber nur von sehr geübten jugendlichen Lesern gelesen wird.