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Die Nanoindentation ist ein gängiges und weit verbreitetes Messprinzip in der Materialforschung. Dabei handelt es sich um eine modifizierte Variante der klassischen instrumentierten Eindringprüfung. Durch die geringen Kräfte und Abmessungen des Eindringkörpers kann dieses Verfahren auf kleinste Strukturen mit Abmessungen im Submikrobereich angewendet werden. Charakteristisch für die instrumentierte Eindringprüfung ist die Aufzeichnung des gesamten Belastungsverlaufes. Neben dem Härtewert, der als grundlegende Größe aus einem Eindringversuch ermittelt wird, erlaubt dieses Verfahren weitere…mehr

Produktbeschreibung
Die Nanoindentation ist ein gängiges und weit verbreitetes Messprinzip in der Materialforschung. Dabei handelt es sich um eine modifizierte Variante der klassischen instrumentierten Eindringprüfung. Durch die geringen Kräfte und Abmessungen des Eindringkörpers kann dieses Verfahren auf kleinste Strukturen mit Abmessungen im Submikrobereich angewendet werden. Charakteristisch für die instrumentierte Eindringprüfung ist die Aufzeichnung des gesamten Belastungsverlaufes. Neben dem Härtewert, der als grundlegende Größe aus einem Eindringversuch ermittelt wird, erlaubt dieses Verfahren weitere Materialkenndaten zu bestimmen. Dazu zählt vor allem der Elastizitätsmodul. Am Lehrstuhl für Kontinuumsmechanik und Materialtheorie (LKM) der Technischen Universität Berlin ist der Nanoindenter bereits seit einigen Jahren erfolgreich im Einsatz. Zur Einführung in die Thematik und in die Anwendungsgebiete der Nanoindentation werden zu Beginn die Grundlagen der Härtemessungen ausführlich erläutert. In diesem Zusammenhang werden die gängigsten Härtemessverfahren anschaulich beschrieben und die zur Messdurchführung und Messdatenauswertung erforderlichen Annahmen und Gleichungen präsentiert. Im Rahmen der gezeigten Arbeit wird jedoch ein weiterer Schritt bzgl. der Flexibilität des Nanoindentationssystems gemacht. Der vorhandene Grundaufbau wird um eine Heizvorrichtung erweitert und erlaubt dadurch, Messungen zwischen Raumtemperatur und +500°C durchzuführen. Messungen bei erhöhter Temperatur erfordern eine grundlegende Untersuchung der tatsächlichen Indentationstemperatur auf der Probenoberfläche. Dazu werden im Rahmen der Arbeit Temperaturmessungen mittels Wärmebildkamera und Thermoelementen gezeigt und diese zusätzlich mit Finite-Element-Simulationen verglichen. Auf diese Weise soll eine allgemeine materialspezifische Aussage über die Oberflächentemperaturen in Abhängigkeit der vom Benutzer vorgegebenen Werte getroffen werden. Es schließen sich erste temperaturbeeinflusste Indentationen am Kalibriermaterial Fused Silica an. Auf diese Weise kann die Güte und Reproduzierbarkeit der Messungen analysiert werden. Die mittels der Nanoindentation als Funktion der Temperatur ermittelten Elastizitätsmodulwerte zeigen dabei sehr gute Übereinstimmungen mit mehreren Referenzangaben. Weiterhin folgen erfolgreiche temperaturabhängige Messungen am Werkstoff Cu-HCP. Da sich das LKM bereits seit Jahren mit der materialtheoretischen Untersuchung von Lotwerkstoffen aus der Elektronikbranche beschäftigt, wird das temperaturabhängige Nanoindentationsverfahren weiter auf die zwei blei- und silberfreien Lotwerkstoffe Sn42Bi58 und Sn91Zn9 angewendet. Diese niedrig schmelzenden Lotlegierungen neigen zu einer erhöhten zeitabhängigen plastischen Verformung. Dieses sog. stark temperaturabhängige Kriechverhalten wird bei den genannten Materialien jedoch auch schon bei Raumtemperaturmessungen beobachtet. Durch diese zeitabhängige Materialverformung verändert sich die Form der aufgezeichneten Messkurve und erschwert die automatisierte Auswertung des Nanoindenters, welche sich auf wichtige Annahmen hinsichtlich einer charakteristischen Kraft-Eindringtiefe-Kurve stützt. Zur Vermeidung dieser Effekte zeigt sich, dass u. a. eine Verlängerung der Haltezeit bei konstanter Eindringkraft, welche bei jeder Versuchsdurchführung zwischen Be- und Entlastung erfolgt, einen positiven Einfluss auf die Kurvenform und dementsprechend auf die Auswerteergebnisse besitzt. Auf Basis dieser Erkenntnisse werden die mittels des modifizierten Verfahrens ermittelten Materialdaten für die beiden Lote präsentiert und Richtwerte für die Haltezeiten bei der Messdurchführung angegeben. Neben den Werten für Härte und Elastizitätsmodul geht die Forschung den Weg der erweiterten Auswertung von Nanoindentationsversuchen. Dabei wird die Frage diskutiert, inwieweit das Verfahren geeignet ist, neben den genannten elastischen Parametern auch plastische bzw. viskose Kennwerte zu ermitteln. Dazu wird in der Arbeit ein Verfahren aus der Literatur [Dao et al., 2001] auf die eigenen Messungen angewendet und bzgl. der Auswertungsvorgehensweise und Methodik teilweise modifiziert. Anhand dieser Auswertungsprozedur ist es möglich, für die Lotwerkstoffe neben den E-Modul und Härtewerten, gute Abschätzungen für die plastischen Kennwerte Fließspannung und Verfestigungsexponent zu erzielen. Darüber hinaus ergeben sich auch gute Werte für den industriell weit verbreiteten Aluminiumwerkstoff AA6016T4. Zukünftige Forschungsarbeiten in diese Richtung könnten dazu führen, die Auswertungsmöglichkeiten weiter zu optimieren sowie das gezeigte Verfahren evtl. zu automatisieren und auf eine größere Anzahl Werkstoffe auszuweiten. Die bereits oben angesprochene Kriechneigung ist zum Abschluss Inhalt eines Ausblicks für eine ebenfalls erweiterte Auswertung mittels rheologischer Modelle. Feder-Dämpfer-Ersatzmodelle werden in der Materialforschung oft zur theoretischen Beschreibung von Materialverformungsverhalten verwendet. Aus diesem Grund werden die rheologischen Grundkörper übersichtlich präsentiert und die entstehenden differentiellen Spannungs-Dehnungs-Gleichungen für Schaltungen aus zwei und drei Grundkörpern hergeleitet. Die Anwendung dieser Ersatzsysteme auf die Nanoindentation wird u. a. in [Menčík et al., 2009] diskutiert. Die in der genannten Arbeit entwickelten Gleichungen und Analyseschritte setzten gewisse Ansprüche an die Belastungszeit voraus. Aus diesem Grund wird erneut eine Vielzahl an Messungen durchgeführt und ausgewertet. Die Auswertungen betrachten dabei ausschließlich die Haltephase, also den Kriechbereich der Messkurve. Die vorgestellten Gleichungen bzw. die in den Gleichungen einfließenden Materialparameter müssen im Rahmen der Auswertung variiert werden, bis die theoretische Beschreibung der Kriechkurve mit der experimentellen Messkurve möglichst gut übereinstimmt. Dieses Optimierungsproblem wird auch als inverse Analyse bezeichnet. Dabei ist u. a. der Elastizitätsmodul ein anzupassender Parameter. Bei der Auswertung zeigt sich, dass für Materialien mit einem hohen elastischen Anteil an der Gesamtverformung die inverse Rechnung sehr gute Ergebnisse hinsichtlich des E-Moduls liefert. Für Kupfer und SnBi-Lot, welche nur einen geringen elastischen Verformungsanteil aufweisen, ist das Verfahren mit dem hier genutzten Ersatzmodell ungeeignet. Der Kombination von Feder- und Dämpferelementen sind theoretisch jedoch keine Grenzen gesetzt. Es muss zukünftig erarbeitet werden, welche rheologischen Schaltungen am ehesten geeignet sind, ein erhöhtes plastisches Materialverhalten ausreichend genau zu beschreiben.

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