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Selbstverständlich ist es nicht, aber man kann darauf hoffen, dass die Direktorin des 1997 in den Torre Camuzzi eingerichteten Dichter-Museums in Montagnola, jenem kleinen Ort im Tessin, der für mehr als vierzig Jahre zur zweiten Heimat Hermann Hesses wurde, fast alles über den Schöpfer einer etwas aus der Mode gekommenen Poesie weiß - und Regina Bucher enttäuscht den Leser ihres Buches nicht. Auf neun Spaziergängen nimmt sie ihn mit, und unterwegs bietet sie nicht nur Einblicke in eine Seelenlandschaft, sondern verknüpft das Offensichtliche, wenn auch manchmal in etwas dürren Worten, doch außerordentlich geschickt, mit einem Werk, das eine innige Beziehung mit dem Tessin eingegangen ist. Ein wenig Phantasie allerdings ist nötig, wenn man den Spuren des Dichters folgen will, denn seit seinen Lebzeiten hat sich vieles verändert. Das Dorf Grancia etwa, ehemals ein idyllischer Flecken, ist heute laut und hässlich, es gibt kaum mehr lauschige Badeplätze am Luganer See, und auch Hermann Hesses letztes Domizil, die Casa Rossa, hat, nicht nur weil sie jetzt weiß getüncht ist, kaum mehr Ähnlichkeit mit dem ursprünglichen Zustand. Hesse selbst schrieb schon vor mehr als einem halben Jahrhundert: "Vor einigen Jahren war im Tessin noch Mittelalter, war hier noch Paradies und Südsee. Jetzt ist das Tessin erobert von Berlin und Frankfurt, von Cook und Baedeker . . . irgendwie auf Erden eine Stunde lang spazieren, ohne auf Menschenscharen zu stoßen, scheint nicht mehr möglich." Dennoch: Mit diesem Buch als Reisebegleiter werden die Zeit des Dichters und seine Gedankenwelt auf angenehme Weise lebendig. Dies ist gewissermaßen die Pflicht, die von der Autorin erfüllt wird. Eine Kür fügt sie mit den "Exkurs" genannten Betrachtungen an: über den Maler Purrmann und den Schriftsteller Peter Weiss, über den Landverkauf im Tessin, über das Grandhotel Palace in Lugano oder über die Künstlerkommune auf dem Monte Verità - alles Beiträge, die in engstem Zusammenhang mit Hermann Hesse stehen. Schön ist, dass in dem Buch einige der künstlerisch durchaus bedeutenden Aquarelle Hesses abgebildet werden, die übrigen Fotos aus dem Leben des Dichters allerdings sind so winzig, dass sie kaum Eindruck machen. Nützlich sind die jedem Spaziergang zugeordneten touristischen Hinweise, denn es soll ja niemand Hunger und Durst leiden.
tg
"Mit Hermann Hesse durchs Tessin" von Regina Bucher. Insel Verlag, Berlin 2010. 293 Seiten, zahlreiche Abbildungen, Fotos und Streckenkarten. Broschiert, 12 Euro.
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