Die Norm 62271-203 der IEC (International Electrotechnical Commission)
erlaubt eine maximale SF6 -Leckrate in Gasisolierten Hochspannungsanlagen
von 0.5% pro Jahr. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, solch kleine
Leckraten messen zu können oder gar permanent zu überwachen. Deren
Erfassung ist bis heute nicht zufriedenstellend gelöst. Problematisch sind
einerseits natürliche, thermisch bedingte Fluktuationen in Druck- und
lokalen Dichtewerten und andererseits die hohen Ansprüche an die Messgenauigkeit
und Langzeitstabilität der einzusetzenden Sensoren.
Die erwähnten Fluktuationen ergeben sich aus einem inhomogenen, instationären
Temperaturfeld im Gasraum, welches seine Ursachen in der
Erwärmung gewisser Komponenten durch ohmsche Verluste sowie in zeitlich
veränderlichen Umgebungsbedingungen wie Aussentemperatur und
Sonneneinstrahlung hat. Diese Fluktuationen können den Wert der durch
die IEC maximal zugelassenen Leckrate ohne weiteres um das Zehnfache
überschreiten. Damit können Lecks über längere Zeit verborgen bleiben.
Bisher wurde der Fluktuation des Messsignals damit begegnet, dass
dieses nachträglich geglättet wurde, beispielsweise durch Bildung des gleitenden
Mittelwertes. Damit besteht die Möglichkeit, die tageszeitlichen
Schwankungen zu dämpfen. Jahreszeitliche Schwankungen lassen sich damit
kaum reduzieren. Unter der Annahme, dass die Fluktuationen deterministischer
Natur sind, wurde davon ausgegangen, dass diese berechenbar
sind. Dazu wurde im Rahmen dieser Arbeit eine Untersuchung
jener Phänomene notwendig, welche die Fluktuationen verursachen. Numerische
Strömungssimulationen (CFD, Computational Fluid Dynamics)
und die experimentelle Messung des Strömungsfeldes erlaubten die Quantifizierung
der instationären Konvektionsströmung im kreiszylindrischen
Ringspalt, wie sie beispielsweise näherungsweise bei Gasisolierten Leitungen
(GIL) und Sammelschienen Gasisolierter Schaltanlagen (GIS) auftritt.
Es zeigte sich, dass der stark erwärmte Innenzylinder – also beispielsweise
das Leiterrohr – eine ausgeprägte Konvektionsströmung von bis zu 7 cm/s
oberhalb des Innenzylinders verursacht. Diese Strömung führt aber nur
partiell zur Vermischung von warmen und kalten Gaszonen. Insbesondere
unterhalb des Innenzylinders bildet sich eine Zone relativ kühlen und
damit dichten Gases. Würde an dieser Stelle ein Dichtesensor eingesetzt,
wäre mit verhältnismässig grossen Fluktuationen zu rechnen.
Um die zeitlichen Verläufe des Gasdrucks und der Gasdichte an verschiedenen
Positionen messen zu können, wurde im Labor ein Versuchsstand
mit einem GIS-Sammelschienensegment aufgebaut. Es konnten verschiedene
Strom-Lastkurven, kombiniert mit Sonneneinstrahlung, vorgegeben
werden. Dabei hat sich gezeigt, dass die Druckfluktuationen ungefähr dreimal
grösser als die höchsten Dichtefluktuationen sind (11% gegenüber
4%). Die uniforme Druckverteilung führt dazu, dass die Druckfluktuationen
überall im Gasraum den gleichen Wert aufweisen. Die inhomogene
Dichteverteilung führt hingegen positionsabhängig zu signifikanten Unterschieden
der Dichte in Form und Amplitude der Fluktuationen. Maximale
Dichtefluktuationen ergeben sich an der tiefsten Stelle im Gasraum, minimale
Dichtefluktuationen auf mittlerer Höhe. Wie am Versuchsstand
gezeigt werden konnte, gilt dies auch für vertikale Elemente, wie sie in
GIS und SF6 -Durchführungen vorkommen.
Als mögliche Filtermethode zur Reduktion der Fluktuationen wird ein
modellbasierter Ansatz vorgeschlagen. Dabei wird der Messwert permanent
mit einem simulierten Wert verglichen. Die Abweichung entspricht
dann den Gasverlusten durch eine Leckage. Um die Komplexität und damit
den Rechenaufwand dieses Modelles niedrig zu halten, empfiehlt sich
der Gasdruck als Messgrösse. Anders als die Gasdichte ist dieser homogen
verteilt. Auf dieseWeise ist es realistisch, einen realen Gasverlust von 0.5%
erkennen zu können. Unter Laborbedingungen konnte sogar eine Modellgenauigkeit
von 0.3% erreicht werden, welche entsprechend die Ansprechschwelle
für Leckagen auf 0.3% reduziert. Dies setzt eine entsprechend
hohe Messgenauigkeit und Langzeitstabilität des Drucksensors voraus. Erfreulicherweise
konnte ein geeigneter und leicht erhältlicher Drucksensor
gefunden werden.
Die vorliegende Arbeit zeigt, dass eine Erkennung von Gaslecks gemäss
der IEC-Vorgabe von maximal 0.5% pro Jahr anspruchsvoll und bis heute
nicht zufriedenstellend gelöst war. Erstmals steht nun mit der vorgestellten
modellbasierten Filtermethode ein Verfahren zur Verfügung, welches
in Kombination mit einem sorgfältig ausgewählten Sensor und allenfalls
dessen optimaler Positionierung, solch kleine Leckagen messen, und damit
eine unzulässig hohe Leckrate erkennen kann.
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