Studienarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Pädagogik - Wissenschaftstheorie, Anthropologie, Humboldt-Universität zu Berlin (Philosophische Fakultät IV), Veranstaltung: Hauptseminar 'Zukunftswerkstätten: Kreativität, ästhetische Erziehung und soziale Innovation', Sprache: Deutsch, Abstract: Die philosophische Schrift „Über die ästhetische Erziehung des Menschen“ von Friedrich Schiller sieht auf der Ebene der Geschichtlichkeit die Notwendigkeit der ästhetischen Rezeption, mit deren Hilfe allein der von Kant so genannte Vernunftstaat verwirklicht werden könne. Zunächst argumentiert Schiller auf der historischen Ebene, um dann auf dem Feld der Abstraktion seine Argumentation für die Bedeutung des ‚Spieltriebs’, der zwischen den beiden Kräften des sinnlichen und des Formtriebes anzusiedeln ist, auszuarbeiten. Es sei nicht möglich, die in zwei Gruppierungen zerfallene Gesellschaft in der Freiheit zu vereinen, wenn die Ästhetik nicht vermittelnd zwischen den beiden Haupttrieben des Menschen auftritt. Die Vertreterschaft der einen der beiden Gruppen, die dem sinnlichen Trieb verfallen sei, indem sie „keinen anderen Maßstab kenne als den des Wertes, sowie die Vertreter der anderen, die, nur Form und nicht Inhalte achtend, gefährdet seien, „alle Realität überhaupt zu vernachlässigen, und einer reizenden Einkleidung Wahrheit und Sittlichkeit aufzuopfern“- sie alle könnten durch die Ästhetik zu einer Ganzheitlichkeit des Menschseins geführt werden, die für Schiller Bedingung für die Wiederherstellung der ‚Totalität der Gattung’ sei. Auf der Grundlage der historischen Annahmen Schillers wird weiterhin die historische Entwicklung gesellschaftlicher Arbeitsteilung und Spezialisierung in den Blick genommen, da Schillers Aussagen zum ‚verbruchstückhaften’ Menschen nicht nur zutreffend für die Anfänge der Industriellen Revolution in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts scheinen, sondern auch prophetisch in Hinsicht auf die sich seiner Zeit anschließende Ausformung der kapitalistischen Produktionsweise, in welcher der Mensch sich zunehmend der ‚Entfremdung’ ausgesetzt sieht, wie es in späterer Terminologie heißt. Es werden weiterhin die heutigen Möglichkeiten der ästhetischen Erziehung in Schillers Sinn behandelt, wenn es sie denn überhaupt geben kann. Es liegt die Vermutung nahe, dass diese Möglichkeiten heute weniger als etwa gegen Ende des 18. Jahrhunderts bestehen, da die Entwicklung des menschlichen Daseins hin zu einer zunehmenden Zersplitterung seines Wesens in sämtlichen Bereichen zu führen scheint. Zudem wird die Schlüssigkeit der Schiller’schen Abstraktion anhand der Forschungsliteratur überprüft, um dann Aussagen über die Brauchbarkeit der Theorie Schillers für die heutige pädagogische Praxis treffen zu können.