Magisterarbeit aus dem Jahr 2013 im Fachbereich Theaterwissenschaft, Tanz, Note: 1,0, Ludwig-Maximilians-Universität München (Institut für Theaterwissenschaft), Sprache: Deutsch, Abstract: An einem Dienstagnachmittag im Mai 2012 scheint die Sonne ins Rund des Globe Theatre in Londons Bankside. Im Yard stehen die Zuschauer Schulter an Schulter, die Galerien sind voll besetzt. Das Publikum fiebert mit den Figuren auf der Bühne mit, lacht über ihre amourösen Verirrungen und Verwirrungen und folgt ihnen auf eine zweistündige Reise in die Welt von William Shakespeare. Doch kein einziges Wort des berühmten Barden verlässt je die Lippen der Akteure. Wie kann das sein? Wo ist die bildreiche, wortgewaltige, blumige Sprache dieses vielleicht größten Dramatikers, den die Welt je gesehen hat, geblieben? Auf dem Spielplan steht "Love's Labour's Lost" in einer Inszenierung von Deafinitely Theatre - einem tauben Ensemble unter Leitung einer gehörlosen Regisseurin. Die Theatergruppe hat es sich zum Ziel gesetzt, erstmals ein Werk William Shakespeares ausschließlich in British Sign Language (BSL) - ohne auch nur ein einziges gesprochenes Wort - auf die Bühne zu bringen. Es gilt, herauszufinden, welche Signifikanz ein "Shakespeare ohne Worte" hat, welche Bedeutung einer Shakespeare-Inszenierung im rein visuell-räumlichen Medium der Gebärdensprache hinsichtlich der Verhältnisse von gehörloser und hörender Kultur beizumessen ist. Die Kultur und das kreative Schaffen von Gehörlosen hat in der Theaterwissenschaft - vor allem im deutschsprachigen Raum - bisher nur sehr wenig bis gar keine Aufmerksamkeit gefunden, wobei sich hier ein ungeahnt weites Feld an Forschungsgebieten eröffnet: angefangen von der Infragestellung des traditionellen Textbegriffs und des Brechens mit herkömmlichen Sehgewohnheiten über den Einsatz des Körpers als Medium zur Bedeutungsproduktion bis hin zum Verständnis von Kultur an sich. Ausgehend von einer Annäherung an die Wesenszüge der Gehörlosengemeinschaft und die Charakteristika ihrer Kultur können die so gewonnenen Erkenntnisse in Relation zum künstlerischen Schaffen und zur kulturellen Praxis im Gehörlosentheater gesetzt werden, das an der Schnittstelle steht von ebenjenen selbsterschaffenen Konstrukten, auf denen unsere Welt basiert: "Eigenes vs. Fremdes", "Normal vs. Behindert".
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