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Der Prophet Mohammed, der im 7. Jahrhundert von Mekka und Medina aus den Islam verkündete, ist eine der wirkungsmächtigsten, aber auch umstrittensten Gestalten der Weltgeschichte. Im Abendland galt er lange Zeit als falscher Prophet und Betrüger. In der arabischen Welt wird er als Verkünder des wahren Monotheismus verehrt; sein Leben gilt als Vorbild für jeden frommen Muslim. Dieses Buch bietet einen Überblick über die sehr unterschiedlichen Auffassungen von dem arabischen Propheten. Nicht zuletzt wird die Frage gestellt, wie zuverlässig die muslimischen Quellentexte zum Leben Mohammeds eigentlich sind.…mehr

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Produktbeschreibung
Der Prophet Mohammed, der im 7. Jahrhundert von Mekka und Medina aus den Islam verkündete, ist eine der wirkungsmächtigsten, aber auch umstrittensten Gestalten der Weltgeschichte. Im Abendland galt er lange Zeit als falscher Prophet und Betrüger. In der arabischen Welt wird er als Verkünder des wahren Monotheismus verehrt; sein Leben gilt als Vorbild für jeden frommen Muslim. Dieses Buch bietet einen Überblick über die sehr unterschiedlichen Auffassungen von dem arabischen Propheten. Nicht zuletzt wird die Frage gestellt, wie zuverlässig die muslimischen Quellentexte zum Leben Mohammeds eigentlich sind.


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Autorenporträt
Hartmut Bobzin ist Professor em. für Islamwissenschaft und semitische Philologie an der Universität Erlangen-Nürnberg. Zu seinen Hauptarbeitsgebieten zählen die Koranforschung und die Rezeptionsgeschichte des Islam in Europa.

Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.03.2008

Der Prophet bekommt ein Gesicht
Mit dem kalten Blick der Geschichtsschreibung: Wer die Figur des Mohammed neu betrachtet, begibt sich auf heikles Terrain / Von Peter Heine
Die neu aufflammende Erregung über die dänischen Mohammed-Karikaturen und die Islam-Provokation durch die Künstlergruppe Surrend hat wieder deutlich gemacht, dass die Empfindlichkeit von vielen Muslimen, wenn es um ihren Propheten geht, beträchtlich sein kann. Natürlich fühlen sich nicht alle Muslime gleichermaßen betroffen. Manche Demonstrationen in der islamischen Welt hatten auch eher innenpolitische als religiöse Aspekte. Aber man darf den Vorgang auch nicht verharmlosen. Die Gestalt des Propheten hat in Gesellschaften, die durch den Islam heute stärker geprägt sind als die säkularisierten Staaten des Westens, eine kaum abzuschätzende Bedeutung für den Einzelnen wie für die Gläubigen in ihrer Gesamtheit.
Daher muss es eigentlich wundernehmen, dass die historische Figur Mohammed und seine religiöse Bedeutung in den westlichen Islamwissenschaften nur selten ausführlich behandelt worden sind. Eine erste islamwissenschaftliche Lebensbeschreibung Mohammeds erschien 1892 aus der Feder des Münsteraner Orientalisten Hubert Grimme, die sich – für die Zeit erstaunlich – auch mit den sozialen Aspekten von Leben und Lehre des Propheten befasst. Die Biographie des dänischen (!) Orientalisten Frans Buhl von 1935 wurde noch in den sechziger Jahren jungen Islamwissenschaftlern empfohlen. Anfang der fünfziger Jahre erschienen zwei Bücher des schottischen Orientalisten Montgomery Watt, der Mohammeds Leben in Mekka und Medina beschrieb. Der Tübinger Koran-Übersetzer Rudi Paret schrieb das Werk „Mohammed und der Koran”; der französische marxistische Orientalist Maxime Rodinson stellte 1961 das sozial-revolutionäre Moment von Leben und Predigt Mohammeds in den Vordergrund. Eine knappe Darstellung aus dem Jahr 2000 stammt von Hartmut Bobzin.
Seit dem wachsenden Interesse am Islam, das sich seit 1990 feststellen lässt, wurden die neueren der genannten Veröffentlichungen mehrfach aufgelegt. All diese Werke nehmen die von den Forschern benutzten Quellen in dem Maße als historische Fakten, als sie nicht durch ihren eindeutigen Wundercharakter als solche ausgeschlossen werden müssen. Berichte über die Berufung Mohammeds zum Propheten oder seine wunderbare Nachtreise werden jedoch als bedeutungsvoll für das Selbstverständnis des Propheten nicht übergangen und in diesem Sinne ernst genommen. Diese historische Bewertung wurde aber zwischen 1977 und 1987 von Patricia Crone und Michael Cook in „revisionistischen” Werken in Frage gestellt. Nach Überzeugung dieser Forscher war Mekka im 6./7. Jahrhundert nach Christus kein Handelszentrum, und die Bestätigung der Historizität des Gründers der islamischen Religion wurde zumindest mit einem skeptischen Kopfschütteln beantwortet.
Neue Bewegung in die Frage der Biographie des Propheten kam in den vergangenen Jahren, als der katholische Theologe Karl Heinz Ohlig behauptete, dass der Name „Mohammed” nichts anderes sei als ein Partizip passiv in der Bedeutung „Der Hochgepriesene” und auf Jesus Christus hinweise. Diese Behauptung muss im Zusammenhang mit den Arbeiten von „Christoph Luxenberg” gesehen werden (ein Pseudonym), der den Koran als ursprünglich syro-aramäischen – also christlichen – Text versteht. Die meisten Philologen des Arabischen in Deutschland kritisierten diese These, zumal sich Günter Lüling mit einer ähnlichen These dreißig Jahre zuvor auch nicht hatte durchsetzen können. Über Mohammed und sein Leben hatte sich aber noch niemand unter den westlichen Islamforschern erneut hergemacht. Nun jedoch erscheinen gleich zwei umfangreiche Untersuchungen zum Leben Mohammeds auf dem deutschen Buchmarkt.
Der Niederländer Hans Jansen nimmt bei der Beschreibung des Lebens und der Lehre des Propheten immer wieder Bezug auf die aktuelle politische Situation in der islamischen Welt und in Europa. Zugleich versteht sich das Buch als eine islam-kritische Veröffentlichung, die mit dem Mittel der Ironie und des Spotts arbeitet. Es mag sein, dass sich diese rhetorischen und stilistischen Momente im niederländischen Original anders auswirken als in der deutschen Übersetzung; da jedenfalls kommen sie hin und wieder doch recht grobschlächtig daher. Es mag auch einer besonderen niederländischen akademischen Kultur geschuldet sein, dass die mehr als fünfzig Jahre alten Bücher von Montgomery Watt von Jansen immer wieder mit Hohn überschüttet werden. Das liest sich, bei allem Amüsement an Polemik in der Wissenschaft, nur begrenzt vergnüglich.
Jansen referiert das Leben Muhammads vor allem auf der Basis der Lebensgeschichte des Propheten eines frühen arabischen Autors, Ibn Ishâq (704-767). Jansen sieht diese Biographie nicht zuletzt als eine Kommentierung des Korans an. Unverständliche Stellen im heiligen Buch der Muslime werden hier aus den Lebensumständen Muhammads und seiner Anhänger erläutert oder begründet. Eine ebenso interessante weitere Funktion des Buches von Ibn Ishâq ist nach Jansen, dass die Biographie als Argument in Auseinandersetzungen zwischen den Rechtsgelehrten zu Beginn der Geschichte des islamischen Rechts verwendet werden konnte. Den historischen Wert der Biographie im Bezug auf die Entstehungsgeschichte des Islams und die Zeit des Frühislams schätzt er ebenfalls als fraglich ein. Den Koran als Quelle für die Prophetenbiographie hält er dagegen auch für weniger hilfreich. In dieser Bewertung unterscheidet Jansen sich von älteren westlichen Muhammad-Biographen. Wenig Bedeutung misst er auch den Prophetentraditionen (Hadîth) bei, in denen die tatsächlichen oder vermeintlichen Aussprüche Muhammads zusammengestellt wurden.
Jansen geht nur knapp auf die Zeit vor Mohammeds Geburt ein. Mit Bedauern stellt er fest, dass es kaum nicht-arabische beziehungsweise nicht-muslimische Quellen für die Vorzeit des Islams und die islamische Frühzeit gibt. Immer wieder gibt er der Hoffnung Ausdruck, dass solche Quellen doch noch entdeckt werden, oder dass die Ergebnisse archäologischer Forschungen objektivierbare Daten zu dieser Epoche auf der arabischen Halbinsel bereitstellen. Zustimmend referiert Jansen kurz die Thesen von Patricia Crone und Michael Cook, mit Sympathie die von Karl Heinz Ohlig.
Damit entzieht er der Person, von der sein Buch handelt, die historische Existenz. Dennoch folgt er der Lebensbeschreibung von Ibn Ishâq. Dieses Vorgehen ist nachvollziehbar, weil das Leben Mohammeds von Muslimen als vorbildhaft angesehen wird und die Prophetenvita daher bis heute eine erhebliche Wirkungsmacht ausübt. Ausführlich widmet sich Jansen in seiner Darstellung den Kämpfen, Morden, Intrigen, Willkürhandlungen und politischen Spielereien, die bei Ibn Ishâq geschildert werden. Wie historisch diese Berichte verbürgt sind, kann Jansen natürlich nicht nachweisen. Nur ansatzweise erklärt er Mohammeds Handeln aus den damaligen politischen und sozialen Normen oder aus den geläufigen taktischen und strategischen Gepflogenheiten jener Zeit.
Man denke an den häufig referierten Vorwurf, Mohammed habe bei einer Gelegenheit die Palmenhaine seiner Feinde zerstören lassen, was in den Trockengebieten der arabischen Halbinsel als Verstoß gegen die guten Sitten und die politische Vernunft angesehen wurde. Hierzu merkt Jansen an, dass diese Form der Kriegsführung auch von den Gegnern Mohammeds praktiziert wurde. Die Lebensbeschreibung von Ibn Ishâq und anderer Quellen, deren historische Wahrheit ebenso hinterfragt werden kann, bestehen aber nicht nur aus derartigen negativen Episoden, sondern sie beschreiben den Propheten auch als gütigen, mitleidsvollen, humorvollen, unter der Last seiner Berufung leidenden Menschen. Diese Aspekte des Lebens Mohammeds kommen in Jansens Darstellung zu kurz.
Schlussendlich kann sich Jansen nicht entscheiden, ob er Mohammed als eine historische Person ansehen will oder nicht. Das ist im Grunde nicht erstaunlich. Auch über die Frage der Historizität anderer Religionsstifter hat es vergleichbare Debatten gegeben. Die Gläubigen haben diese Debatten geärgert, vor allem aber haben sie sie ignoriert. Die Wirkung von Religionsheroen ist nicht von ihrer historischen Existenz abhängig.
Jansens Buch beruht auf einer zu schmalen Quellenbasis. Dass eine Mohammed-Biographie auch auf einem viel breiteren Quellenfundament stehen kann und dann auch zu viel gesicherteren Aussagen kommen kann, das beweist der Göttinger Emeritus Tilman Nagel.
Nagels Prophetenbiographie setzt schon in vor-islamischer Zeit ein und reicht weit in die islamische Geschichte. Er beschreibt den historischen Mohammed, seine Zeit und seine Gesellschaft ebenso wie die „Heiligung”’ des Propheten durch die muslimische Nachwelt. Dies alles geschieht auf der breiten Basis einer Vielzahl arabischer Quellen, von denen die überwiegende Mehrzahl noch nicht in eine europäische Sprache übersetzt worden ist. Des Weiteren gibt er Hinweise auf vergleichbare Phänomene vor allem im frühen orientalischen Christentum und hat sich auf die erfolgreiche Suche nach externen Quellen gemacht.
Nagel ist dem Islam gegenüber durchaus kritisch eingestellt. Das hindert ihn nicht daran, die belastbaren historischen Tatsachen aus den Quellen zur vorislamischen Zeit wie zum Frühislam herauszuarbeiten. Die Ergebnisse sind in ihrer Fülle beeindruckend und überzeugend; die zwei Bände haben zusammen fast 1500 Seiten. Nagel beginnt seine Darstellung mit einem Überblick über die vor-islamische Geschichte der arabischen Halbinsel und zeigt die politischen Kräfte auf, für die diese Wüsten- und Oasenregion von Interesse war. Anhand der Quellen wird deutlich, wie sehr sich Iran und Byzanz um Einfluss bemühten.
Genauso spannend ist die Darstellung der politisch-religiösen Verhältnisse im vor-islamischen Mekka, dessen Existenz und Bedeutung Nagel als gesichert annimmt. Er zeigt, dass es neben den Stammes-Strukturen auch „Schwurgemeinschaften” und Kultgemeinschaften gab, die für das Funktionieren der städtischen Gemeinschaft in Mekka wichtig waren. Aufschlussreich für die soziologischen Verhältnisse in der Geburtsstadt Mohammeds ist der Hinweis auf eine „uxorilokale” Residenzform, bei der, wie am Beispiel Mohammeds gezeigt wird, der Ehemann bei seiner Frau Wohnung nimmt. Von dieser Feststellung aus sind weitere Überlegungen über das Verhältnis von patriarchalen zu matriarchalen Strukturen im vor-islamischen Arabien möglich.
Auch die religiösen Verhältnisse beschreibt Nagel als komplizierter als gemeinhin angenommen wurde. Mekka war nicht der einzige Wallfahrtsort auf der arabischen Halbinsel. Neben einer Vielzahl paganer Kulte gab es offenbar eine lebhafte Konkurrenz zwischen christlichen und jüdischen Missionierungsbemühungen, die nicht ohne Erfolg geblieben sind. Wie tiefgreifend wirksam die theologischen Vorstellungen und Normen dieser beiden monotheistischen Religionen waren, lässt sich kaum endgültig erschließen. Dass es bei dem Wetteifern um Einfluss zwischen den beiden Religionen nicht immer mit friedlichen Mitteln zuging, kann angesichts der Zeit und der sozio-politischen Strukturen nicht verwundern. Nagel sieht weder Judentum noch Christentum im Vorteil. Er geht von einem weiter verbreiteten Monotheismus aus, der sich keiner der beiden Hochreligionen zuordnen lässt. Aus dieser monotheistischen Gesamtlage mag sich die Gruppe von Individuen entwickelt haben, die die arabischen Quellen als Gottsucher (Hanîf) bezeichnen, zu denen auch Mohammed gezählt wird.
Nagel hält die Zahl dieser Gottsucher für größer, als man bisher annahm. Die Hanîfen waren weder Juden noch Christen. Nagel bezeichnet sie als „Heiden” und spricht daher von Mohammed als dem „heidnischen” Propheten. Er sieht die arabische Halbinsel zur Zeit des Auftretens von Mohammed als ein „charismatisches Milieu” an, in dem sich eine größere Zahl von Propheten zu etablieren versuchte, von denen Mohammed sich schließlich durchsetzen konnte. Nagel arbeitet die Tatsache heraus, dass Mohammed sich als Prophet der Araber verstand und dass er seine religiösen Erfahrungen zum Vorteil seines Clans, der Banû Hâschim, und seines Stammes, der Quraisch, zu nutzen verstand.
Der Gerichtsgedanke, ein zentraler Aspekt der Lehre Mohammeds, geht in der späteren Lebenszeit, in der eher praktisch-politische und administrative Themen im Vordergrund von Offenbarung und Lehre stehen, nicht verloren. Die eschatologische Erwartung des Jüngsten Gerichts zu Lebzeiten Mohammeds ist bei seinem Tod im Jahr 632 noch so lebendig, dass einige Gefährten des Propheten sein Ableben nicht glauben wollen und, als sie es dann doch akzeptieren müssen, davon überzeugt sind, dass er in absehbarer Zeit wiederkehren wird. Hier ist dann auch der Ausgangspunkt der chiliastischen Vorstellungen festzumachen, die unter dem Stichwort des Mahdismus durch die gesamte islamische Geschichte eine wichtige Rolle spielen werden.
Wie auch bei anderen Heilserwartungsbewegungen wird durch die Nachfolger die eschatologische Lehre im Islam durch die späteren politisch-religiösen Autoritäten dogmatisiert und verrechtlicht. Nagel belegt dies an einigen Beispielen. So ist der Abfall vom Islam zunächst ein Vergehen gegen Gott, das dieser am Jüngsten Tag ahnden wird. Erst in einer späteren Phase wird es zu einem strafrechtlichen Tatbestand, der durch staatliche Autoritäten im Diesseits bestraft werden muss.
Eine andere Erkenntnis des Buches ist die Ausdifferenzierung der Begriffs der „Hidschra”. Mohammed verließ im Jahr 622 seine Vaterstadt Mekka und siedelte nach Yathrib, das fortan Medina, von arabisch: Madînat al-nabî, Stadt des Propheten, hieß. Nagel unterscheidet drei Bedeutungen des Wortes: Zunächst einmal beschreibt „Hidschra” die Auswanderung, den Abbruch der Beziehungen zur Herkunftssippe; des Weiteren die Flucht, so wie sie Mohammed erlebte, der sich vor seinen mekkanischen Feinden, die ihm nach dem Leben trachteten, in Sicherheit bringen musste; und schließlich die militärische Expansion arabischer Beduinengruppen, die sich unter dem Banner des Islams weit in die damals bekannte Welt begaben und sich zwischen Andalusien und Südasien niederließen.
Neben der biographischen Darstellung widmet Nagel einen großen Teil seines Werks der Veränderung des Bildes des Propheten bei den Muslimen. Er arbeitet die Entstehung und die Funktion der Prophetentraditionen bei der Entwicklung des Mohammed-Bildes zu einem Übermenschen heraus und untersucht die theologischen Debatten des islamischen Mittelalters auf die Verfestigung dieses Bildes. So erfährt man etwa, dass nicht nur die Werke des mittelalterlichen Aristoteleskommentators Averroes, arabisch: Ibn Ruschd, von seinen orthodoxen muslimischen Gegnern verbrannt wurden, sondern auch die eines der Erzväter der islamischen Theologie, al-Ghazzâlî (gestorben 1111), mit dem sich Thomas von Aquin auseinandersetzte.
Mit zur Sanktifizierung Mohammeds trug die Einrichtung eines besonderen Festes bei, des maulid al-nabî, des Geburtstagsfestes des Propheten, das heute vor allem von den sunnitischen Muslimen begangen wird. Es gehört zu den Merkwürdigkeiten der Kulturgeschichte, das dieses Fest in der Zeit der schiitischen Fatimidendynastie (969-1171) in Ägypten etabliert wurde, während die Sunniten in dieser Zeit dieser Form der Mohammedverehrung kein besonderes Interesse entgegenbrachten.
Tilman Nagels kluge, kenntnis- und faktenreiche Darstellung des Lebens Mohammeds und die Entwicklungsgeschichte seiner Verehrung wird sicherlich in den kommenden fünfzig Jahren nicht veralten. Sie kommt zu einer Zeit auf den Buchmarkt, da sich manche Amateurhistoriker mit der Thematik bemühen, die sich etwas darauf zugute halten, die erforderliche Sprachenkompetenz nicht zu besitzen, weil sie so unvoreingenommen mit der Mohammedbiographie umgehen könnten. Nagels Buch steht daher nicht zuletzt auch in dieser Hinsicht als überzeugender Beleg für die Bedeutung der Philologie in der Islamwissenschaft.
Was haben diese beiden Werke mit dem dänischen Karikaturenstreit zu tun oder mit der Debatte um die Schließung einer Kunstausstellung in Berlin? Beide nutzen vor allem Quellen, die spätestens im 12. Jahrhundert enden. Spätere Texte muslimischer Autoren mit grundsätzlich von diesen unterschiedenen Aussagen haben sich noch nicht gefunden. Versuche, eine islamische Aufklärung für das 17. oder 18. Jahrhundert zu konstatieren, sind bisher erfolglos geblieben. Die mangelnde politische Effizienz europäischer Ideologien wie Sozialismus oder Nationalismus in islamischen Staaten hat seit den sechziger Jahren zu einer stetig wachsenden Re-Islamisierung geführt, in der die traditionellen Vorstellungen von der absoluten Vorbildfunktion Mohammeds für die Lebensgestaltung von Muslimen sich mehr und mehr in den Vordergrund der Glaubenspraxis geschoben haben.
Hatten historisch-kritische Herangehensweisen westlicher Wissenschaftler an den Koran oder die Lebensgeschichte Mohammeds in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch eine gewisse Anerkennung unter muslimischen Intellektuellen und Religionsgelehrten gefunden, so wird diese Methode – die in den neuen Biographien von Hans Jansen und Tilman Nagel angewendet wird – nun von vielen Muslimen als einer von zahlreichen, verschiedenartigen westlichen Angriffen auf den Islam verstanden, gegen die die Muslime glauben sich zur Wehr setzen zu müssen. Eine Formel, wie man diese Konfliktlage lösen kann, ist bisher nicht gefunden worden. Daher wird es auch in Zukunft aggressive Reaktionen von Muslimen auf westliche Forschung, Kritik oder Satire über den Propheten oder den Islam geben. Vor allem nach der Lektüre von Nagels Doppel-Buch wird man darüber weniger erstaunt sein.
HANS JANSEN: Mohammed. Eine Biographie. Aus dem Niederländischen von Marlene Müller-Haas. Verlag C. H. Beck, München 2008. 491 Seiten, 24,90 Euro.
TILMAN NAGEL: Mohammed. Leben und Legende. 1052 Seiten, 178 Euro.
TILMAN NAGEL: Allahs Liebling. Ursprung und Erscheinungsformen des Mohammedglaubens. 430 S., 79,80 Euro.
Beide Bücher von Tilman Nagel erscheinen im Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2008, und sind spätestens am 17. März im Buchhandel erhältlich.
Der Rezensent ist Professor für Islamwissenschaft an der Berliner Humboldt-Universität.
Warum Mohammed Palmenhaine in der Wüste zerstören ließ
Ein Monotheismus, der sich weder Judentum noch Christentum zuordnen ließ
Heidnische Propheten im charismatischen Milieu
Wie aus Mohammed ein Übermensch wurde
Eine größere Zahl von Propheten, unter denen Mohammed sich am Ende durchsetzen konnte: Ausschnitt aus einer türkischen Miniatur Foto: akg-images / Gérard Degeorge
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Zwei neue Einführungen zum Thema Islam aus demselben Verlag bespricht Ludwig Ammann.
1) Bobzin: "