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Cyril Hare bittet zum Tee im Landhaus
Es ist Weihnachten, die Familie kommt zusammen, es sind alle Zutaten für einen Mord beieinander: ein englisches Herrenhaus in den Vierzigerjahren, eingeschneit und also abgeschlossen, neun Personen, sich wechselseitig durch Ärger samt adligem Erbrecht verbunden. Der todkranke Hausherr; sein Sohn, der einer faschistischen Partei vorsteht; dessen verhasster Onkel, sozialistischer Schatzkanzler mit Polizeibegleitung; die unablässig plappernde Frau eines aufstrebenden Jungpolitikers, der mit ihm rivalisiert; schließlich die junge Adlige, die unglücklich in den Faschisten verliebt ist, sowie der Inbegriff eines Butlers mit seiner Tochter. Und Professor Bottwink, der im Archiv Studien zur englischen Verfassungsgeschichte treibt, ein kommunistischer Jude, dem nebenbei die Rolle des Detektivs zufällt.
Cyril Hare, mit bürgerlichem Namen Alfred Clark und ein bekannter Jurist, spielt in "An English Murder", wie sein 1951 erschienener achter Roman hieß, mit der verblassenden britischen Schichtungsordnung. Es gibt Lords und Sirs und Ladys, aber viel ist das nicht mehr wert. So richtig glaubt nur noch der Kammerdiener an das adlige Vorrecht. Dennoch heißt es am Ende, das Verbrechen - die Teilnehmerzahl der Weihnachtsfeier wird allmählich um drei reduziert - sei so nur in England möglich gewesen.
Denn nur in England gibt es eine Parlamentskammer, der man durch Erbfolge angehören kann, dann aber aus dem Regierungsamt ausscheiden muss. Mehr sei nicht verraten. Der Roman hat zunächst den Geschmack des Tees, der alle drei Seiten gereicht wird, führt aber bald zu interessanten Auseinandersetzungen zwischen den Figuren, von denen keine mit sich und ihrem Status im Reinen ist. Wer Agatha Christie mag, wird Cyril Hare mögen. Für die kalten Tage, sofern sie denn kalt sein werden, das richtige Wer-war's-Kammerspiel. kau
Cyril Hare:
"Mord auf dem
Landgut".
Ein Weihnachtskrimi.
Aus dem Englischen von Holger Hanowell. Lübbe Verlag,
Köln 2022.
255 S., geb., 16,- Euro.
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