Können Träume glücklich machen? Eine Mutter zeigt ihrer Tochter den Weg, ihre wahren Träume zu verwirklichen. Ein berührender Roman über die eine Liebe, die uns ein Leben lang nicht verlässt. Wer verscheucht die Monster aus unseren Albträumen? Wer tröstet uns bei Liebeskummer? Und wer kennt uns besser, als wir uns selber kennen? Als Brett 14 Jahre alt war, hatte sie noch große Pläne für ihr Leben, festgehalten auf einer Liste mit Lebenszielen. Heute, mit 34 Jahren, ist die Liste vergessen und Brett mit dem zufrieden, was sie hat: einen Freund, einen Job, eine schicke Wohnung. Doch als ihre Mutter Elizabeth stirbt, taucht die Liste wieder auf: Aus dem Mülleimer gefischt, hat ihre Mutter die Liste aufgehoben, und deren Erfüllung zur Bedingung gemacht, damit Brett ihr Erbe erhält - und zwar innerhalb von 12 Monaten. Aber Brett ist nicht mehr das Mädchen von damals. Ein Baby bekommen? Das hat sie schon lange ad acta gelegt. Ein Pferd kaufen? In ihrer Wohnung sind nicht mal Haustiere erlaubt. Eine gute Beziehung zu ihrem Vater aufbauen? Ha - der ist seit sieben Jahren tot. Sich verlieben? Die einzig wahre, große Liebe gibt es doch nur im Film. Um sie bei der Erfüllung ihrer Ziele zu unterstützen, hat ihre Mutter Brett mehrere Briefe hinterlassen. Wütend, enttäuscht und verletzt liest Brett den ersten Brief - und ist überwältigt von der liebevollen und fürsorglichen Nachricht ihrer Mutter, die gespürt hat, dass Brett in ihrem Leben nicht glücklich ist. Die Briefe ihrer Mutter rufen Brett dazu auf, ihre Träume nicht aufzugeben und ihr Leben in die Hand zu nehmen - denn nur sie selbst kann es ändern ... Kann Elizabeth ihrer Tochter dabei helfen, sich selbst wiederzufinden?
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Sentimental, gewiss, aber Spielman macht den Konflikt zwischen Jugendträumen, verlorenen Illusionen und den Möglichkeiten und Unmöglichkeiten, ein Leben neu zu bauen, durchaus glaubhaft - mit Gefühl. Hellweger Anzeiger 20140510
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.01.2015Die Heldin als Anziehpuppe
Wie ein amerikanischer Debütroman zum deutschen Überraschungserfolg wurde
Mutmaßungen über die Frage, warum gerade der eine Krimi, ausgerechnet jene Liebesgeschichte oder dieses Fantasy-Spektakel zu Bestsellern avancieren, während der gewaltige Rest der Neuerscheinungen in den Regalen kleben bleibt wie alte Marmelade, zählen zu den Lieblingsrätseln der Branche. Gründe, warum ein Buch besonders gut läuft, finden sich immer - allerdings meist erst hinterher.
Wie wenig Erfolge vorauszuahnen oder gar planbar sind, zumal bei Debüts, beweisen die beiden Jahresspitzenreiter eindrücklich. Das mit Abstand meistverkaufte Sachbuch war 2014 "Darm mit Charme" von Giulia Enders: Mehr als eine Million Exemplare wurden von ihrer Innenschau unseres verschlungenen Betriebssystems abgesetzt. Doch während über das Phänomen Enders allerorts berichtet wurde, kommt der Jahresbestseller der Belletristik fast aus dem Nichts. Trotzdem hat sich "Morgen kommt ein neuer Himmel" von Lori Nelson Spielman rund 600 000 Mal als Buch und 100 000 Mal als E-Book verkauft, mehr als jeder andere Roman 2014.
Es ist ein auf den ersten Blick fast unscheinbares Buch, als Klappenbroschur einer jener Zwitter zwischen Hardcover und Taschenbuch im mittleren Preissegment. Den Umschlag ziert auf hellblauem Grund eine rote Baumkrone, in der man einen Mann, ein Pferd, ein Haus, ein Herz, einen Kinderwagen und den Eiffelturm ausmachen kann; eine Frau steht davor und schaut sehnsüchtig hinauf. "The Life List", wie der Originaltitel lautet, hat sich im englischen Sprachraum passabel verkauft, war aber kein Bestseller. Wie also kommt gerade dieser Titel bei uns zu 700 000 Lesern oder vielmehr: Leserinnen, denn es ist ein klares Frauenbuch?
Im Mittelpunkt von "Morgen kommt ein neuer Himmel" steht Brett Bohlinger, eine junge Frau in Chicago, die sich auch mit 34 noch den Pony hochpustet, am liebsten Marc Jacobs trägt und insgesamt so angepasst ist an ihre Umwelt, dass sie nicht mal ihrem Spiegelbild zu sagen traut, was sie wirklich denkt. Zu Beginn des Romans ist gerade ihre über alles geliebte Mutter an Krebs gestorben. Diese Elizabeth war eine Selfmade-Millionärin, Gründerin eines Kosmetikkonzerns, eine Art Mischung aus Elizabeth Arden und Estée Lauder. Jeder, der ihr begegnete, stand offenbar sofort in ihrem Bann.
Aber niemand verehrte sie mehr als ihre Tochter Brett - benannt nach Lady Brett Ashley aus Hemingways "Fiesta", die einzige literarische Anspielung des Buches. Doch nun macht Elizabeth ihrem Kind das Leben schwer. Denn während Bretts Brüder Teile ihres gewaltigen Vermögens erben, hat sie ihrer einzigen Tochter fürs Erste lediglich eine Liste mit Lebenszielen vermacht, die Brett mit vierzehn einmal notiert und dann vergessen hatte - und einen zerstrubbelten jungen Anwalt, der sicherstellen soll, dass Brett die zehn noch offenen Ziele innerhalb eines Jahres nach Elizabeths Tod tatsächlich erreicht. Erst dann soll auch sie ihr Erbe antreten dürfen.
Statt also Mehrheitseignerin und Geschäftsführerin des Konzerns zu werden, wie Brett eigentlich erwartet hatte, wird sie von ihrer Schwägerin gefeuert, um endlich Zeit zu haben für das, was wirklich wichtig ist: einen Hund anschaffen, ein Pferd kaufen und ein Haus, sich in den Richtigen verlieben, ein Kind bekommen, vielleicht zwei, eine Freundschaft ein Leben lang pflegen, bedürftigen Menschen helfen, auf einer großen Bühne auftreten, eine gute Lehrerin werden und Frieden mit dem Vater schließen. So schickt die Mutter ihre Tochter postum auf den rechten Lebensweg.
Nach anfänglichem Widerstand geht Brett die Sache an. Sie nimmt Kontakt zu einer Jugendfreundin auf, bewährt sich als Hauslehrerin für Kinder aus schwierigen Verhältnissen, vermasselt einen Auftritt als Stand-up-Comedian und erkennt schließlich, dass ihr Freund Andrew nur ein seichter Goldgräber ist. Außer bei der schwierigsten Aufgabe - sich in den Richtigen verlieben - stellen sich ihr nur wenige Hindernisse in den Weg. Elizabeths Mutter schreibt der Tochter in einem der vielen Briefe, die sie ihr für jedes erreichte Etappenziel hinterlassen hat, sie habe sie "aus ihrer Wohlfühlecke" heraus ins wahre Leben reißen wollen. Damit der Wohlfühlfaktor der Lektüre darunter nicht leidet, gelingt dies widerstandslos. Alle Entwicklungsschritte, die aus dem verwöhnten, naiven Girlie eine reife, engagierte junge Frau mit Verantwortungsbewusstsein machen, werden im Buch nicht geschildert, sondern bloß behauptet. Wie jemand, der vorher Marketing gemacht hat, binnen weniger Tage als qualifizierte Lehrerin arbeiten kann, wird dabei so wenig erklärt wie alle anderen Stufen dieser Turbo-Metamorphose.
Hinzu kommt, dass Brett kein Aschenputtel ist. Sie stammt aus reichem Hause - und geht auf die Wünsche ihrer Mutter zunächst vor allem ein, um an ihre Millionen zu kommen. Dass sie unterwegs irgendwann - einer der vielen Nebensätze mit Hoppla-Effekt - ihre Rolex und ihre Designer-Handtaschen auf Ebay verkaufen muss, um sich über Wasser zu halten, tut da nicht wirklich weh: Es ist ja nur vorübergehend. Wie wenig Berührung Brett bisher mit der Wirklichkeit hatte, zeigt sich, als sie eine Schülerin in einem heruntergekommenen Viertel aufsucht: "Bestürzt mustere ich ein verlassenes Mietshaus. Hier wohnen wirklich Menschen?"
Das Zitat verrät alle Schwächen des Buches. Spielman hält sich nicht auf mit Beschreibungen, die die Handlung oder gar die Wandlung ihrer Heldin zumindest ansatzweise beglaubigen würden. Brett ist wie aus Schnittmustern eines Frauenmagazins zurechtgebastelt: hübsch, modebewusst, tier- und kinderlieb, nicht zu Widerspruch neigend. Ziemlich angespannt ist sie auch. Von fern erinnert die harmlose Brett an Sophie Kinsellas Becky Bloomwood aus den "Shopaholic"-Bestsellern, doch nach deren Witz sucht man hier vergeblich. Dass Brett sich besser fühlt, weil sie durch ihre Lehrtätigkeit zum ersten Mal in ihrem Leben etwas Sinnvolles tut, ist nur zu begreiflich.
Weniger verständlich hingegen ist nach der Lektüre der immense Erfolg des Romans. Die Spannung, die in den von der Liste vorgegebenen Etappen liegt, hält sich in Grenzen; der Stil bewegt sich im Großraum zwischen Konvention und Banalität. Wer nach Anzeichen von Humor oder Ironie fahndet, wird gefühlt alle fünfzig Seiten fündig bei Vergleichen wie diesem: "Durch ihr Können fühlte ich mich so überflüssig wie Shapewear am Körper von Victoria Beckham."
Gäbe es eine literarische Shapewear, die alle Klischees, Sentenzen und Füllsel aus Romanen herausquetschte, bliebe von diesem nicht viel übrig. Auch beim Verlag S. Fischer, zu dem das Imprint Krüger gehört, wo Spielman erscheint, hatte man mit einem solchen Erfolg nicht gerechnet. Zwar wurde breit für den Roman geworben, zumal im sogenannten "Out of Home"-Bereich, auf Bahnhöfen und in Einkaufszentren, und es gab gute Rückmeldungen aus dem Buchhandel. Auf regen Zuspruch sei auch eine Leser-Challenge auf der interaktiven Leserplattform Lovelybooks gestoßen. Doch eine schlüssige Erklärung für den Sprung in die oberste Verkaufsliga hat man auch beim Verlag nicht. Vielleicht wirke die Idee der Lebenszielliste bei uns frischer als in den Vereinigten Staaten, wo sich bereits einige Unterhaltungstitel an solchen To-do-Aufstellungen abgearbeitet haben.
Womöglich hat auch die in der Realität selten so innig anzutreffende Mutter-Tochter-Beziehung, die der Roman für seine Verhältnisse recht eindringlich beschwört, einen Nerv der Leserinnen getroffen, die zwar nicht alle selbst Mütter, aber jedenfalls Töchter sind. Was Brett Bohlinger angeht, hat Spielman weniger eine Romanfigur geschaffen als eine perfekte Projektionsfläche für universelle Sehnsüchte. Den diffusen Wunsch, eine bessere, glücklichere und, ja, gern auch betuchtere Ausgabe seiner selbst zu sein, dürften jedenfalls viele mit Brett Bohlinger teilen.
FELICITAS VON LOVENBERG
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wie ein amerikanischer Debütroman zum deutschen Überraschungserfolg wurde
Mutmaßungen über die Frage, warum gerade der eine Krimi, ausgerechnet jene Liebesgeschichte oder dieses Fantasy-Spektakel zu Bestsellern avancieren, während der gewaltige Rest der Neuerscheinungen in den Regalen kleben bleibt wie alte Marmelade, zählen zu den Lieblingsrätseln der Branche. Gründe, warum ein Buch besonders gut läuft, finden sich immer - allerdings meist erst hinterher.
Wie wenig Erfolge vorauszuahnen oder gar planbar sind, zumal bei Debüts, beweisen die beiden Jahresspitzenreiter eindrücklich. Das mit Abstand meistverkaufte Sachbuch war 2014 "Darm mit Charme" von Giulia Enders: Mehr als eine Million Exemplare wurden von ihrer Innenschau unseres verschlungenen Betriebssystems abgesetzt. Doch während über das Phänomen Enders allerorts berichtet wurde, kommt der Jahresbestseller der Belletristik fast aus dem Nichts. Trotzdem hat sich "Morgen kommt ein neuer Himmel" von Lori Nelson Spielman rund 600 000 Mal als Buch und 100 000 Mal als E-Book verkauft, mehr als jeder andere Roman 2014.
Es ist ein auf den ersten Blick fast unscheinbares Buch, als Klappenbroschur einer jener Zwitter zwischen Hardcover und Taschenbuch im mittleren Preissegment. Den Umschlag ziert auf hellblauem Grund eine rote Baumkrone, in der man einen Mann, ein Pferd, ein Haus, ein Herz, einen Kinderwagen und den Eiffelturm ausmachen kann; eine Frau steht davor und schaut sehnsüchtig hinauf. "The Life List", wie der Originaltitel lautet, hat sich im englischen Sprachraum passabel verkauft, war aber kein Bestseller. Wie also kommt gerade dieser Titel bei uns zu 700 000 Lesern oder vielmehr: Leserinnen, denn es ist ein klares Frauenbuch?
Im Mittelpunkt von "Morgen kommt ein neuer Himmel" steht Brett Bohlinger, eine junge Frau in Chicago, die sich auch mit 34 noch den Pony hochpustet, am liebsten Marc Jacobs trägt und insgesamt so angepasst ist an ihre Umwelt, dass sie nicht mal ihrem Spiegelbild zu sagen traut, was sie wirklich denkt. Zu Beginn des Romans ist gerade ihre über alles geliebte Mutter an Krebs gestorben. Diese Elizabeth war eine Selfmade-Millionärin, Gründerin eines Kosmetikkonzerns, eine Art Mischung aus Elizabeth Arden und Estée Lauder. Jeder, der ihr begegnete, stand offenbar sofort in ihrem Bann.
Aber niemand verehrte sie mehr als ihre Tochter Brett - benannt nach Lady Brett Ashley aus Hemingways "Fiesta", die einzige literarische Anspielung des Buches. Doch nun macht Elizabeth ihrem Kind das Leben schwer. Denn während Bretts Brüder Teile ihres gewaltigen Vermögens erben, hat sie ihrer einzigen Tochter fürs Erste lediglich eine Liste mit Lebenszielen vermacht, die Brett mit vierzehn einmal notiert und dann vergessen hatte - und einen zerstrubbelten jungen Anwalt, der sicherstellen soll, dass Brett die zehn noch offenen Ziele innerhalb eines Jahres nach Elizabeths Tod tatsächlich erreicht. Erst dann soll auch sie ihr Erbe antreten dürfen.
Statt also Mehrheitseignerin und Geschäftsführerin des Konzerns zu werden, wie Brett eigentlich erwartet hatte, wird sie von ihrer Schwägerin gefeuert, um endlich Zeit zu haben für das, was wirklich wichtig ist: einen Hund anschaffen, ein Pferd kaufen und ein Haus, sich in den Richtigen verlieben, ein Kind bekommen, vielleicht zwei, eine Freundschaft ein Leben lang pflegen, bedürftigen Menschen helfen, auf einer großen Bühne auftreten, eine gute Lehrerin werden und Frieden mit dem Vater schließen. So schickt die Mutter ihre Tochter postum auf den rechten Lebensweg.
Nach anfänglichem Widerstand geht Brett die Sache an. Sie nimmt Kontakt zu einer Jugendfreundin auf, bewährt sich als Hauslehrerin für Kinder aus schwierigen Verhältnissen, vermasselt einen Auftritt als Stand-up-Comedian und erkennt schließlich, dass ihr Freund Andrew nur ein seichter Goldgräber ist. Außer bei der schwierigsten Aufgabe - sich in den Richtigen verlieben - stellen sich ihr nur wenige Hindernisse in den Weg. Elizabeths Mutter schreibt der Tochter in einem der vielen Briefe, die sie ihr für jedes erreichte Etappenziel hinterlassen hat, sie habe sie "aus ihrer Wohlfühlecke" heraus ins wahre Leben reißen wollen. Damit der Wohlfühlfaktor der Lektüre darunter nicht leidet, gelingt dies widerstandslos. Alle Entwicklungsschritte, die aus dem verwöhnten, naiven Girlie eine reife, engagierte junge Frau mit Verantwortungsbewusstsein machen, werden im Buch nicht geschildert, sondern bloß behauptet. Wie jemand, der vorher Marketing gemacht hat, binnen weniger Tage als qualifizierte Lehrerin arbeiten kann, wird dabei so wenig erklärt wie alle anderen Stufen dieser Turbo-Metamorphose.
Hinzu kommt, dass Brett kein Aschenputtel ist. Sie stammt aus reichem Hause - und geht auf die Wünsche ihrer Mutter zunächst vor allem ein, um an ihre Millionen zu kommen. Dass sie unterwegs irgendwann - einer der vielen Nebensätze mit Hoppla-Effekt - ihre Rolex und ihre Designer-Handtaschen auf Ebay verkaufen muss, um sich über Wasser zu halten, tut da nicht wirklich weh: Es ist ja nur vorübergehend. Wie wenig Berührung Brett bisher mit der Wirklichkeit hatte, zeigt sich, als sie eine Schülerin in einem heruntergekommenen Viertel aufsucht: "Bestürzt mustere ich ein verlassenes Mietshaus. Hier wohnen wirklich Menschen?"
Das Zitat verrät alle Schwächen des Buches. Spielman hält sich nicht auf mit Beschreibungen, die die Handlung oder gar die Wandlung ihrer Heldin zumindest ansatzweise beglaubigen würden. Brett ist wie aus Schnittmustern eines Frauenmagazins zurechtgebastelt: hübsch, modebewusst, tier- und kinderlieb, nicht zu Widerspruch neigend. Ziemlich angespannt ist sie auch. Von fern erinnert die harmlose Brett an Sophie Kinsellas Becky Bloomwood aus den "Shopaholic"-Bestsellern, doch nach deren Witz sucht man hier vergeblich. Dass Brett sich besser fühlt, weil sie durch ihre Lehrtätigkeit zum ersten Mal in ihrem Leben etwas Sinnvolles tut, ist nur zu begreiflich.
Weniger verständlich hingegen ist nach der Lektüre der immense Erfolg des Romans. Die Spannung, die in den von der Liste vorgegebenen Etappen liegt, hält sich in Grenzen; der Stil bewegt sich im Großraum zwischen Konvention und Banalität. Wer nach Anzeichen von Humor oder Ironie fahndet, wird gefühlt alle fünfzig Seiten fündig bei Vergleichen wie diesem: "Durch ihr Können fühlte ich mich so überflüssig wie Shapewear am Körper von Victoria Beckham."
Gäbe es eine literarische Shapewear, die alle Klischees, Sentenzen und Füllsel aus Romanen herausquetschte, bliebe von diesem nicht viel übrig. Auch beim Verlag S. Fischer, zu dem das Imprint Krüger gehört, wo Spielman erscheint, hatte man mit einem solchen Erfolg nicht gerechnet. Zwar wurde breit für den Roman geworben, zumal im sogenannten "Out of Home"-Bereich, auf Bahnhöfen und in Einkaufszentren, und es gab gute Rückmeldungen aus dem Buchhandel. Auf regen Zuspruch sei auch eine Leser-Challenge auf der interaktiven Leserplattform Lovelybooks gestoßen. Doch eine schlüssige Erklärung für den Sprung in die oberste Verkaufsliga hat man auch beim Verlag nicht. Vielleicht wirke die Idee der Lebenszielliste bei uns frischer als in den Vereinigten Staaten, wo sich bereits einige Unterhaltungstitel an solchen To-do-Aufstellungen abgearbeitet haben.
Womöglich hat auch die in der Realität selten so innig anzutreffende Mutter-Tochter-Beziehung, die der Roman für seine Verhältnisse recht eindringlich beschwört, einen Nerv der Leserinnen getroffen, die zwar nicht alle selbst Mütter, aber jedenfalls Töchter sind. Was Brett Bohlinger angeht, hat Spielman weniger eine Romanfigur geschaffen als eine perfekte Projektionsfläche für universelle Sehnsüchte. Den diffusen Wunsch, eine bessere, glücklichere und, ja, gern auch betuchtere Ausgabe seiner selbst zu sein, dürften jedenfalls viele mit Brett Bohlinger teilen.
FELICITAS VON LOVENBERG
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