"Morgenluft" von Ulla Mothes
AUSSTATTUNG:
Auch wenn ich mich eigentlich nicht von Covern zum Lesen verleiten lasse, hat mich dieses sofort angesprochen, da es gleichzeitig schlicht, zart und außergewöhnlich ist. Vor dem ersten Kapitel befindet sich ein Lageplan der Kolonie "Flußeck". Ich freue
mich immer sehr über Karten im Buch, da ich mir dann alles viel besser vorstellen kann. Die…mehr"Morgenluft" von Ulla Mothes
AUSSTATTUNG:
Auch wenn ich mich eigentlich nicht von Covern zum Lesen verleiten lasse, hat mich dieses sofort angesprochen, da es gleichzeitig schlicht, zart und außergewöhnlich ist. Vor dem ersten Kapitel befindet sich ein Lageplan der Kolonie "Flußeck". Ich freue mich immer sehr über Karten im Buch, da ich mir dann alles viel besser vorstellen kann. Die Unterabschnitte der Kapitel, die abwechselnd aus Sicht der verschiedenen Pächter erzählt werden, beginnen jeweils mit einem Piktogramm der Kolonie, in der die Parzelle der aktuellen Perspektive markiert ist - eine nette Idee!
INHALT:
Die kleine idyllische Schrebergartenkolonie "Flusseck" mit sechs Parzellen soll für ein lukratives Mehrfamilienhaus platt gemacht werden. Die Pächter und Pächterinnen kämpfen um den Erhalt ihrer Oase, doch die Entpachtung ist quasi nicht mehr zu vermeiden. Die Gemeinschaft ist bunt gemischt - ein kiffender Althippie, ein Renterehepaar mit üppigen Gemüsebeeten, eine bio-vegane Hipsterfamilie, ein Ehepaar mit türkischen Wurzeln und ein junges lesbisches Paar. In die letzte Parzelle, die seit einer Weile leersteht, nistet sich eines Nachts die geheimnisvolle Architektin Lu ein, die etwas zu verbergen scheint...
In der Kolonie treffen unterschiedliche Lebensentwürfe aufeinander, und durch den drohenden Abriss ist die Anspannung groß. Konflikte treten zu Tage, innere und äußere, und jeder muss sich auf seine Art lange Verdrängtem stellen.
BEWERTUNG:
Die Situation in einer Schrebergartenkolonie wurde im Buch sehr gut getroffen und hat mich oft an den Garten meiner Großeltern erinnert. Jeder beobachtet das Tun des anderen, immer wieder gibt es Reibereien, und man muss diese Nähe und die mangelnde Privatsphäre aushalten können.
Die Erzählperspektive wechselt zwischen den einzelnen Pächtern der Parzellen und Lu, und man lernt so jeden Charakter mit seinen verborgenen Problemen, Ängsten und Zweifeln kennen. Jeder wird im Laufe des Buches dazu gezwungen, sich diesen zu stellen, sein bisheriges Leben zu hinterfragen und grundlegende Entscheidungen zu treffen. Die einzelnen Figuren machen alle eine wichtige Entwicklung durch. Das ein oder andere Problem kennt man aus eigener Erfahrung, und ich habe mich immer wieder gefragt, wie ich mich in einer entsprechenden Situation verhalten würde. Der didaktische Ansatz der Autorin ist hier vor allem im letzten Drittel deutlich spürbar, und manches ist mir zu glatt und harmonisch geraten. Da ich nicht spoilern möchte, kann ich hier nicht näher darauf eingehen.
Vor allem die ersten beiden Drittel des Buches haben mir sehr gut gefallen, das letzte Drittel war etwas vorhersehbar. Insgesamt eine interessante und unterhaltsame Geschichte mit psychologischen Aspekten, die Mut macht, neue Wege zu gehen, sich selbst zu hinterfragen und wichtige Entscheidungen nicht aufzuschieben, sondern anzupacken.