Watch the complete MR. MERCEDES series on Peacock WINNER of the EDGAR AWARD for BEST NOVEL and #1 NEW YORK TIMES BESTSELLER! In a high-suspense race against time, three of the most unlikely heroes Stephen King has ever created try to stop a lone killer from murdering thousands. "Mr. Mercedes is a rich, resonant, exceptionally readable accomplishment by a man who can write in whatever genre he chooses" (The Washington Post). The stolen Mercedes emerges from the pre-dawn fog and plows through a crowd of men and women on line for a job fair in a distressed American city. Then the lone driver backs up, charges again, and speeds off, leaving eight dead and more wounded. The case goes unsolved and ex-cop Bill Hodges is out of hope when he gets a letter from a man who loved the feel of death under the Mercedes's wheels… Brady Hartsfield wants that rush again, but this time he's going big, with an attack that would take down thousandsunless Hodges and two new unusual allies he picks up along the way can throw a wrench in Hartsfield's diabolical plans. Stephen King takes off on a "nerve-shredding, pulse-pounding race against time" (Fort Worth Star-Telegram) with this acclaimed #1 bestselling thriller.
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.11.2014Der
Abgrund
Stephen King macht in seinem
„Mr. Mercedes“, was er am besten kann:
Er beschwört das totale Grauen
VON WILLI WINKLER
Stephen King widmet seinen jüngsten Roman James M. Cain, dem größten und dabei am wenigsten bekannten Meister einer Gruppe von Autoren, die gewöhnlich unter hard boiled abgeheftet werden. Die eleganteren Schreiber Chandler und Hammett haben es – nicht zuletzt, weil Humphrey Bogart in den Verfilmungen die Hauptrolle spielte – zu dauerhaftem Ruhm gebracht, aber bei Cain gilt nach wie vor ein Bäh-Vorbehalt, weil er schamlos auf Action spielt, der Effekt ihm über alles geht und er außerdem das Adjektiv scheut wie der Teufel das Weihwasser.
Mit Cain’scher Härte schildert der sonst sehr viel wortreichere King, wie sich über Nacht am City Center einer ungenannten Großstadt Hunderte Arbeitssuchende drängen, um möglichst dabei zu sein, wenn am Morgen der versprochene Jobmarkt öffnet. Plötzlich erscheint aus dem Dunkel ein wildgewordener Mercedes. „Mit immer größerer Beschleunigung raste der Wagen direkt auf die Stelle zu, an der die Arbeitssuchenden am dichtesten gedrängt standen, zusammengepfercht von dem gelben Kunststoffband. Einige versuchten wegzurennen, aber nur die am hinteren Ende der Menge kamen davon. Alle, die näher an den Türen standen – die wahren frühen Vögel –, hatten keine Chance. Sie taumelten an die Pfosten und stießen sie um, sie verfingen sich im gelben Band, sie prallten gegeneinander.“
Acht Menschen sterben, ein Baby darun-ter, viele werden verstümmelt, eine Kata-strophe, aber es war kein Unfall, sondern ein kaltblütig geplanter Mord, ein terroristischer Akt. Der Polizist Bill Hodges muss den Fall unaufgeklärt abgeben, als er mit 62 in den Ruhestand verabschiedet wird. Seither sitzt er, geschieden, vor dem Fernseher, versucht erfolglos, sich zu betrinken und spielt dabei mit dem Revolver des Vaters. Selbstmord wäre in seinem Zustand die beste Option, bis Hodges den Brief eines nicht ganz Unbekannten, sondern des Mörders erhält, der ihn wegen der gescheiterten Versuche, ihn ausfindig zu machen, schamlos verhöhnt. „Als ich in der Zeitung las, dass zu meinen Opfern ein Baby gehörte, war ich begeistert!! Ein so junges Leben auszulöschen!“ Viele Leute würden das genießen, was er getan habe, schreibt er dem düpierten Polizisten, aber er hat es tatsächlich gewagt. Er habe kein Gewissen, „deshalb kann ich mich hoch über die Köpfe der Gewöhnlichen Masse erheben“.
Dieser besessene Massenmörder, er heißt Brady Hartsfield, ist alles, was sich eine Mördergrube von Autor nur ausdenken kann: ein homophober Rassist, sexuell frustriert, 28 und noch nie mit einem Mädchen zusammen gewesen, weil ihn bei Beschwerden noch immer seine Mutter handgreiflich in den Schlaf wiegen muss. Dabei ist er, die Nietzsche-Lektüre deutet drauf hin, vielleicht gar nicht wahnsinnig, sondern lebt in jenem außermoralischen Selbstbewusstsein, das die Studenten in Hitchcocks „Rope“ ihren Kommilitonen umbringen ließ: Er mordet ohne Grund, und deshalb umso verheerender.
Ihm steht der pensionierte Polizist gegenüber, auf ganz andre Art frustriert, aber als Zitat aus den Romanen der Schwarzen Serie eine verlässlich einnehmende Größe. Er tut sich mit einem 17-jährigen und selbstverständlich brillanten Schwarzen zusammen, der ihm nicht bloß den Rasen mäht, sondern ihm bei den technischen Finessen der modernen Welt sekundiert, und als Dritte kommt eine zunächst schwer verhaltensgestörte Mittvierzigerin dazu.
Dieses Patchwork-Ermittlerteam ist keine schlechte Variation auf den klassischen Detektivroman, fast schon familienfreundlich. Weil „Mr. Mercedes“ aber immer noch King ist und nicht von einem zweitklassigen Nachahmer der Klassiker stammt, fehlt es nicht an weiteren brutalen Morden, bei denen Hackfleisch und ein Borsalino (Humphrey Bogart!) jeweils eine wichtige Rolle spielen. Die Grundmelodie des King’schen Horrors, dass „Es“, „Sie“ oder das Böse überhaupt unter uns wandelt, wird insofern realistisch umgewendet, als hier ein unberechenbarer Killer zum fast ungreifbaren Gegner gemacht wird, der jederzeit, in jedem Supermarkt und in jeder Schule, zuschlagen kann.
Das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Hodges und dem Killer, der sich Mr. Mercedes nennt, braucht zwar ermüdend viele Computerdetails, aber auch hier gelingt es King, die bewährte Spannung aufzubauen und sie immer weiter zu steigern. Der Horror wäre längst nicht so groß, wenn er nicht noch zweifach eingekleidet daherkäme: die durch den wirtschaftlichen Niedergang ausgelöste Arbeitslosigkeit und das Alter, in dem keiner mehr etwas von einem will.
Ganz ohne die bewährte Ironie geht es trotzdem nicht. Kings eigener früher Roman um das mörderische Auto Christine, von John Carpenter verfilmt, wird sanft veräppelt, und für den Polizisten, der überraschend mit einer Klientin die Freuden der Altersliebe kosten darf, wird fast so et-was wie ein Best-Ager-Porno angerichtet: „Du besteigst mich nicht von oben“, warnt die fast zwanzig Jahre jüngere Freundin den übergewichtigen Hodges. „Wenn du beim Vögeln ’nen Herzinfarkt erleidest, zerquetschst du mich sonst.“ Wer wollte da nicht auf der Stelle abnehmen!
Aber das Ereignis bleibt der kranke oder übergesunde Brady Hartsfield. Er grübelt über sein Schicksal nach, ahnt etwas von defekten Synapsen im Hirn, doch seiner Meinung nach ist es die Welt, die ihn zu dem machte, was er ist. Er kann nichts dafür, aber in die Geschichte eingehen will er trotzdem. Er bezeichnet sich als den Abgrund, er ist das vollkommene Böse, eine der besten Erfindungen, die Stephen King je gelungen ist. Wenn er das reine Grauen beschwört, das Böse, das mitten unter uns wandelt, macht ihm das keiner nach. Damit verweist er zurück auf seinen neuen alten Meister: „Soweit ich meine Gehirnstruktur selber beurteilen kann“, erklärte James M. Cain einmal, „so schreibe ich von dem Wunsch, der in Erfüllung gegangen ist, eine ziemlich fürchterliche Vorstellung meiner Meinung nach.“
WILLI WINKLER
Stephen King: Mr. Mercedes. Roman. Aus dem Amerikanischen von Bernhard Kleinschmidt. München: Heyne 2014. 592 S., 22,99 Euro. E-Book 18,99 Euro.
„Als ich in der Zeitung las, dass
zu meinen Opfern ein Baby
gehörte, war ich begeistert!“
Für den pensionierten Polizisten
wird fast so etwas wie ein
Best-Ager-Porno angerichtet
Stephen King setzt auf die bewährten Mittel von Horror & Crime. Aber sein ungewöhnliches Ermittlerteam ist durchaus gewieft, wenn es ums Internet geht. Foto: Getty Images
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Abgrund
Stephen King macht in seinem
„Mr. Mercedes“, was er am besten kann:
Er beschwört das totale Grauen
VON WILLI WINKLER
Stephen King widmet seinen jüngsten Roman James M. Cain, dem größten und dabei am wenigsten bekannten Meister einer Gruppe von Autoren, die gewöhnlich unter hard boiled abgeheftet werden. Die eleganteren Schreiber Chandler und Hammett haben es – nicht zuletzt, weil Humphrey Bogart in den Verfilmungen die Hauptrolle spielte – zu dauerhaftem Ruhm gebracht, aber bei Cain gilt nach wie vor ein Bäh-Vorbehalt, weil er schamlos auf Action spielt, der Effekt ihm über alles geht und er außerdem das Adjektiv scheut wie der Teufel das Weihwasser.
Mit Cain’scher Härte schildert der sonst sehr viel wortreichere King, wie sich über Nacht am City Center einer ungenannten Großstadt Hunderte Arbeitssuchende drängen, um möglichst dabei zu sein, wenn am Morgen der versprochene Jobmarkt öffnet. Plötzlich erscheint aus dem Dunkel ein wildgewordener Mercedes. „Mit immer größerer Beschleunigung raste der Wagen direkt auf die Stelle zu, an der die Arbeitssuchenden am dichtesten gedrängt standen, zusammengepfercht von dem gelben Kunststoffband. Einige versuchten wegzurennen, aber nur die am hinteren Ende der Menge kamen davon. Alle, die näher an den Türen standen – die wahren frühen Vögel –, hatten keine Chance. Sie taumelten an die Pfosten und stießen sie um, sie verfingen sich im gelben Band, sie prallten gegeneinander.“
Acht Menschen sterben, ein Baby darun-ter, viele werden verstümmelt, eine Kata-strophe, aber es war kein Unfall, sondern ein kaltblütig geplanter Mord, ein terroristischer Akt. Der Polizist Bill Hodges muss den Fall unaufgeklärt abgeben, als er mit 62 in den Ruhestand verabschiedet wird. Seither sitzt er, geschieden, vor dem Fernseher, versucht erfolglos, sich zu betrinken und spielt dabei mit dem Revolver des Vaters. Selbstmord wäre in seinem Zustand die beste Option, bis Hodges den Brief eines nicht ganz Unbekannten, sondern des Mörders erhält, der ihn wegen der gescheiterten Versuche, ihn ausfindig zu machen, schamlos verhöhnt. „Als ich in der Zeitung las, dass zu meinen Opfern ein Baby gehörte, war ich begeistert!! Ein so junges Leben auszulöschen!“ Viele Leute würden das genießen, was er getan habe, schreibt er dem düpierten Polizisten, aber er hat es tatsächlich gewagt. Er habe kein Gewissen, „deshalb kann ich mich hoch über die Köpfe der Gewöhnlichen Masse erheben“.
Dieser besessene Massenmörder, er heißt Brady Hartsfield, ist alles, was sich eine Mördergrube von Autor nur ausdenken kann: ein homophober Rassist, sexuell frustriert, 28 und noch nie mit einem Mädchen zusammen gewesen, weil ihn bei Beschwerden noch immer seine Mutter handgreiflich in den Schlaf wiegen muss. Dabei ist er, die Nietzsche-Lektüre deutet drauf hin, vielleicht gar nicht wahnsinnig, sondern lebt in jenem außermoralischen Selbstbewusstsein, das die Studenten in Hitchcocks „Rope“ ihren Kommilitonen umbringen ließ: Er mordet ohne Grund, und deshalb umso verheerender.
Ihm steht der pensionierte Polizist gegenüber, auf ganz andre Art frustriert, aber als Zitat aus den Romanen der Schwarzen Serie eine verlässlich einnehmende Größe. Er tut sich mit einem 17-jährigen und selbstverständlich brillanten Schwarzen zusammen, der ihm nicht bloß den Rasen mäht, sondern ihm bei den technischen Finessen der modernen Welt sekundiert, und als Dritte kommt eine zunächst schwer verhaltensgestörte Mittvierzigerin dazu.
Dieses Patchwork-Ermittlerteam ist keine schlechte Variation auf den klassischen Detektivroman, fast schon familienfreundlich. Weil „Mr. Mercedes“ aber immer noch King ist und nicht von einem zweitklassigen Nachahmer der Klassiker stammt, fehlt es nicht an weiteren brutalen Morden, bei denen Hackfleisch und ein Borsalino (Humphrey Bogart!) jeweils eine wichtige Rolle spielen. Die Grundmelodie des King’schen Horrors, dass „Es“, „Sie“ oder das Böse überhaupt unter uns wandelt, wird insofern realistisch umgewendet, als hier ein unberechenbarer Killer zum fast ungreifbaren Gegner gemacht wird, der jederzeit, in jedem Supermarkt und in jeder Schule, zuschlagen kann.
Das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Hodges und dem Killer, der sich Mr. Mercedes nennt, braucht zwar ermüdend viele Computerdetails, aber auch hier gelingt es King, die bewährte Spannung aufzubauen und sie immer weiter zu steigern. Der Horror wäre längst nicht so groß, wenn er nicht noch zweifach eingekleidet daherkäme: die durch den wirtschaftlichen Niedergang ausgelöste Arbeitslosigkeit und das Alter, in dem keiner mehr etwas von einem will.
Ganz ohne die bewährte Ironie geht es trotzdem nicht. Kings eigener früher Roman um das mörderische Auto Christine, von John Carpenter verfilmt, wird sanft veräppelt, und für den Polizisten, der überraschend mit einer Klientin die Freuden der Altersliebe kosten darf, wird fast so et-was wie ein Best-Ager-Porno angerichtet: „Du besteigst mich nicht von oben“, warnt die fast zwanzig Jahre jüngere Freundin den übergewichtigen Hodges. „Wenn du beim Vögeln ’nen Herzinfarkt erleidest, zerquetschst du mich sonst.“ Wer wollte da nicht auf der Stelle abnehmen!
Aber das Ereignis bleibt der kranke oder übergesunde Brady Hartsfield. Er grübelt über sein Schicksal nach, ahnt etwas von defekten Synapsen im Hirn, doch seiner Meinung nach ist es die Welt, die ihn zu dem machte, was er ist. Er kann nichts dafür, aber in die Geschichte eingehen will er trotzdem. Er bezeichnet sich als den Abgrund, er ist das vollkommene Böse, eine der besten Erfindungen, die Stephen King je gelungen ist. Wenn er das reine Grauen beschwört, das Böse, das mitten unter uns wandelt, macht ihm das keiner nach. Damit verweist er zurück auf seinen neuen alten Meister: „Soweit ich meine Gehirnstruktur selber beurteilen kann“, erklärte James M. Cain einmal, „so schreibe ich von dem Wunsch, der in Erfüllung gegangen ist, eine ziemlich fürchterliche Vorstellung meiner Meinung nach.“
WILLI WINKLER
Stephen King: Mr. Mercedes. Roman. Aus dem Amerikanischen von Bernhard Kleinschmidt. München: Heyne 2014. 592 S., 22,99 Euro. E-Book 18,99 Euro.
„Als ich in der Zeitung las, dass
zu meinen Opfern ein Baby
gehörte, war ich begeistert!“
Für den pensionierten Polizisten
wird fast so etwas wie ein
Best-Ager-Porno angerichtet
Stephen King setzt auf die bewährten Mittel von Horror & Crime. Aber sein ungewöhnliches Ermittlerteam ist durchaus gewieft, wenn es ums Internet geht. Foto: Getty Images
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