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1 Kundenbewertung

Eine Nacht, eine Stadt und zwei Freunde, die wissen, dass es nichts Größeres gibt als die Wahrheit des Moments, in dem die Kneipe schließt. Von Bier zu Bier und von Geschichte zu Geschichte treibend erzählen zwei Nachtgestalten scharfsinnig, klug und mit subversivem Witz von der Tragik der Liebe, dem Wahnsinn des Lebens sowie den Spuren der Geschichte, die allem zugrunde liegt und nie ganz verschwindet.

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Produktbeschreibung
Eine Nacht, eine Stadt und zwei Freunde, die wissen, dass es nichts Größeres gibt als die Wahrheit des Moments, in dem die Kneipe schließt. Von Bier zu Bier und von Geschichte zu Geschichte treibend erzählen zwei Nachtgestalten scharfsinnig, klug und mit subversivem Witz von der Tragik der Liebe, dem Wahnsinn des Lebens sowie den Spuren der Geschichte, die allem zugrunde liegt und nie ganz verschwindet.

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Autorenporträt
Jaroslav RudiS, geboren 1972, ist Schriftsteller, Drehbuchautor und Dramatiker. Er studierte Deutsch und Geschichte in Liberec, Zürich und Berlin und arbeitete u.a. als Lehrer und Journalist. Im Luchterhand Literaturverlag erschienen seine aus dem Tschechischen übersetzten Romane »Grand Hotel«, »Die Stille in Prag«, »Vom Ende des Punks in Helsinki« und »Nationalstraße«, bei btb außerdem »Der Himmel unter Berlin«. »Winterbergs letzte Reise«, der erste Roman, den Jaroslav RudiS auf Deutsch geschrieben hat, wurde 2019 für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert. Für sein Werk wurde er außerdem mit dem Usedomer Literaturpreis, dem Preis der Literaturhäuser sowie dem Chamisso-Preis/Hellerau ausgezeichnet.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Jörg Plath kann dem in mattem Schwarz gehaltenen Comic von Jaroslav Rudis und Nicolas Mahler einiges abgewinnen. Dieses Kneipengespräch zwischen einem langen Dünnen und einem Kleinen mit Basecap ist laut Plath nämlich angenehm anders als die üblichen Bierdialoge, nämlich nicht von toxischer Männlichkeit erfüllt, sondern immer wieder von Schweigen und Selbsteinkehr, von Rhythmus, Gemütlichkeit und Humor a la Heinz Erhardt. Das Stilmittel der lockeren Verbindung von großen und kleinen Problemen haben die beiden Autoren gut im Griff, findet Plath.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.05.2021

Toxisch ist hier allenfalls das Bier

Die Kunst des Kneipengesprächs als Comic: "Nachtgestalten" von Jaroslav Rudis und Nicolas Mahler ist nichts Wesentliches fern.

Dunkel war's, der Mond schien helle, tosend leer die Straß', als zwei Typen torkelnd schnelle, schweigend ins Gespräch versanken, sich die Ecken gerade tranken - an ein unverwüstliches Gedicht aus Kinderzeiten lässt "Nachtgestalten" denken, das Gemeinschaftswerk des österreichischen Zeichners Nicolas Mahler und des tschechischen Schriftstellers Jaroslav Rudis. Der Comic erzählt stimmungsvoll von zwei Kneipengängern. Leuchtet ihnen ein Fenster weißlich in der schwarzen schwarzen Nacht, dann kehren sie ein ins Wirtshaus, um dem Gott des Bieres zu huldigen.

Lang und dünn ist der eine, klein und kappenbewehrt der andere. Eine beachtliche möhrenförmige Nase strebt beiden voran, womit auch schon alles über die Physiognomik gesagt ist. Denn ein Gesicht oder gar ein Augenpaar fehlt den Figuren, nicht einmal der recht umstandslos in Füße mündende Rumpf ist irgendwie unterteilt. Ein Stöpsel und eine Basecap ohne Schirm gehen durch eine dunkle Welt. Immerhin haben die Freunde einander und das Bier.

Wie jedes Obdach auf Erden ist das im Wirtshaus grässlich kurz. Immer wieder erlischt mit einem Mal der Glühbirnenkegel über den beiden, dann zieht der Wirt das Gitter der Eingangstür herunter, und die Straße hat die beiden wieder. Die Schließungen punktieren das Gespräch und schenken Gelegenheiten zu abrupten Themenwechseln. Sie erlösen auch von der Stille, die zwischen zwei Männern durchaus einkehren kann und nicht immer uneingeschränktes Einverständnis bedeutet, eher kommunikatives Beschweigen und - des öfteren - unkommunikative Selbsteinkehr.

Für Jaroslav Rudis, der schon gemeinsam mit dem tschechischen Zeichner Jaromir 99 Comics verfasst hat, muss der Zwang zur Verknappung reizvoll gewesen sein. Als Schriftsteller und Kneipengänger ist der in Berlin und Prag lebende Tscheche, Jahrgang 1972, ein Mann des barocken Humorüberschwangs. Sein jüngster - und erster auf Deutsch verfasster - Roman, "Winterbergs letzte Reise", 2019 für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert, besteht vornehmlich aus teils tragikomischen Monologen eines Greises, der seine letzte Eisenbahnfahrt durch ein zu Dreivierteln vergangenes, einem Viertel gegenwärtiges Mitteleuropa zwischen Berlin und Sarajevo absolviert.

Nicolas Mahler dagegen ist für Zuspitzungen bekannt. Der Österreicher hat sich furchtlos hochrangiger Klassiker angenommen und nicht nur Thomas Bernhards "Der Weltverbesserer", James Joyce' "Ulysses" oder Robert Musils "Mann ohne Eigenschaften" auf wenigen hundert Comicseiten mit meist bös intelligentem Witz adaptiert.

Mit sicherem Rhythmusgefühl üben Rudis und Mahler die Kunst des männlichen Kneipengesprächs, dem nichts Wesentliches fern ist und nichts Unwesentliches nah genug sein kann. Aus der Verbindung von beidem entsteht der meist gemütliche, auch ein wenig sentimentalische Humor des Bandes. Diesem fehlt glücklicherweise jede Nähe zu gegenwärtigen Männlichkeitsdiskursen, das Toxischste an diesen Mannsbildern ist das in sie fließende Bier. Die beiden erinnern eher an Heinz Erhardt als an David Bowie oder gar Harvey Weinstein. Kaum etwas stört die melancholische Sehnsucht nach Kneipe, Männerfreundschaft und besseren Zeiten. Der lange Stöpsel trauert einer alten Liebe hinterher und der Jugend, als sich die Frauen um ihn rissen. Er möchte in den Wäldern leben wie die Wisente, die nur im Sommer Stuten und Kinder besuchen und wieder gehen, wenn die Zeit gekommen ist. Schön sei diese Wisentwelt ohne Leid und Scheidung! "Aber du magst doch die Natur gar nicht", bemerkt Basecap. Stimmt leider, sagt der Stadtmensch, ebenso wie das Wandern. Er sei nur einmal zum Wandern mitgenommen worden. "Ist das die Geschichte mit dem Hubschrauber?", fragt Basecap, der über die Rolle des Beichtvaters und Stichwortgebers nicht hinauskommt. "Ich habe den Hubschrauber nicht gerufen", sagt Stöpsel stolz, und Basecap lobt dessen Mut: "In die Alpen mit Sommerlatschen . . ." Fünf Jahre musste Stöpsel den Rettungseinsatz abbezahlen, genoss aber das Gespräch mit einem der Sanitäter über die Schlacht bei Austerlitz und das Ende der Geschichte, also nicht dieser Geschichte, sondern der an sich. Darauf Schweigen in der Stadt, ein weißes, nicht wie sonst mattschwarz-kaliblaues Panel lang. Und dann ein zufriedenes "Schön war das".

Die flüchtig-flüssige Verbindung von Menschheitsproblemen mit den eigenen ist das Stilmittel, mit dem Rudis und Mahler noch der Tragik Witz entlocken: Stöpsel kann nicht mit der tschechischen Bahn zu seiner Geliebten fahren, ohne sich zu betrinken, weil die Strecke an einer Zyklon B produzierenden Fabrik vorbeiführt und seine Großeltern mit dem Gift umgebracht worden sind. Alenka aber schätzt die Nüchternheit, was jede Begegnung zuverlässig verhindert.

Im Comic herrscht edelmattes Schwarz vor. Nicolas Mahler zeigt die Stadt als spätexpressionistischen Schattenriss und seine zwei Biersucher mal weiß, mal kaliblau auf kaliblauer Straße. Weiß sind auch die Lichtkegel der Kneipen sowie die meisten Fluchttraum- und Vorstellungsbilder. Deren Ränder fransen aus, sie schweben wie Bildgespenster, während sonst vier, zuweilen auch zwei oder drei Panels auf durchweg mattschwarzen Stegen die Seiten füllen.

Wären Stöpsel und Basecap nicht so strikt reduziert, wäre die Seitenaufteilung rigider und die Farbgebung naiver, könnte es sich auch um einen einige Jahrzehnte älteren Comic handeln. "Nachtgestalten" haftet ein freundlicher Vintage-Geruch an.

JÖRG PLATH

Jaroslav Rudis, Nicolas Mahler: "Nachtgestalten".

Luchterhand Literaturverlag, München 2021.

144 S., geb., 18,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Der Comic 'Nachtgestalten' von Jaroslav Rudis und Nicolas Mahler ist so melancholisch wie komisch.« Fritz Göttler / Süddeutsche Zeitung