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2 Kundenbewertungen

Nacht für Nacht streift eine junge Frau durch die Stadt. Sie sucht nach etwas, doch sie weiß nicht, wonach. Vielleicht, denkt sie, kann sie es hinter den letzten erleuchteten Fenstern finden. Sie klingelt an den Türen. Und begegnet Menschen im Moment ihrer höchsten Einsamkeit - Menschen, die nachts erst richtig zu leben beginnen, wenn draußen alles still und dunkel ist. „Die Nacht“, sagt er, „mag ich deshalb, weil man in ihr viel klarer sieht als am Tag. Was ja der Tatsache, dass es tagsüber hell ist, eigentlich widerspricht.“ Ich schweige. Wir gucken zum Fenster hinaus und sehen uns selbst.…mehr

Produktbeschreibung
Nacht für Nacht streift eine junge Frau durch die Stadt. Sie sucht nach etwas, doch sie weiß nicht, wonach. Vielleicht, denkt sie, kann sie es hinter den letzten erleuchteten Fenstern finden. Sie klingelt an den Türen. Und begegnet Menschen im Moment ihrer höchsten Einsamkeit - Menschen, die nachts erst richtig zu leben beginnen, wenn draußen alles still und dunkel ist. „Die Nacht“, sagt er, „mag ich deshalb, weil man in ihr viel klarer sieht als am Tag. Was ja der Tatsache, dass es tagsüber hell ist, eigentlich widerspricht.“ Ich schweige. Wir gucken zum Fenster hinaus und sehen uns selbst. In der Spiegelung treffen sich unsere Blicke. Dann sagt er: „Und jetzt möchte ich, wenn du erlaubst, gerne ins Bett gehen."
Autorenporträt
Mercedes Lauenstein, geboren 1988, lebt als Schriftstellerin und Journalistin in München und Italien. Seit 2009 schreibt sie als freie Autorin Essays und Reportagen für verschiedene Zeitungen und Magazine. Für ihr Debüt "Nachts" wurde sie 2016 mit dem Bayerischen Kunstförderpreis ausgezeichnet. 2018 folgte ihr viel beachteter Roman "Blanca". 
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.12.2015

Nachts sind alle Eulen grau

Die Schlafforschung hat uns die schönen Kategorien "Eulen" und "Lerchen" geschenkt. Seitdem muss sich niemand, der vor elf unfähig zur Koordination von Kaffeetasse und Wasserkocher ist, mehr schämen. Das freut die Eulen, die sich jahrhundertelang anhören mussten, faul zu sein, denn anständige Arbeit erledigen anständige Menschen am Morgen. Was aber genau die Eulen nachts tun, Extremeulen halten es locker bis zwei, drei, vier Uhr aus, das hingegen bedarf genauerer Erforschung.

Dieses Forschungsfeld hat sich die Protagonistin von Mercedes Lauensteins Debüt "Nachts" auf die Fahnen geschrieben. Wie jede Forscherin, die etwas auf sich hält, bleibt sie im Hintergrund: Sie geht durch die Straßen Münchens, schaut nach Fenstern, hinter denen noch Licht brennt, klingelt und tritt ein. Jeder der 25 Forschungsberichte beginnt mit dieser Formel, einer kurzen Bestandsaufnahme der Umgebung, bevor der Blick auf die Nachteule fällt und ein Gespräch in Gang kommt, damit erzählt werden kann.

Genau 25 Mal blicken wir kurz in ein Leben, das in einem Zwischenzustand verharrt. Wer nicht schläft, den treibt meist etwas um. Maria besucht ihren Sohn, der vor Jahren ausgezogen ist und den sie vermisst. Nadèche hat Angst vorm Schlafen. Katy ist rastlos. Sie nutzt alle Zeit, die ihr neben der Arbeit bleibt, zum Reisen und lebt halbwach zwischen Jetlag und Unruhe. Einmal wird es auch dramatisch: Egon, der Wahnsinnige, sperrt die namenlose Forscherin erst aus, dann ein. Fast immer sind es einsame Gestalten, oft Kreative, gern jung, selten mit Migrationshintergrund, selten mit echten Problemen. Es geht ja auch nicht um Realismus, möchte man einwenden, sondern ums Poetische, um die kleinen Beobachtungen, die kleinen Sätze. Die, die man sich auf Kopfkissen sticken möchte. "Nachts", liest sich das, "spürt man die Fahrt auf dem Weltball wie auf einem Boot, das sehr langsam durch den dunklen Tunnel in einen Freizeitpark gleitet."

Kurze Skizzen sind das, kurze Berührungen mit einem fremden Dasein, aus denen, und das ist ein Problem, nie etwas folgt. Auch nicht aus der ins Intime ausufernden Begegnung mit Thomas, dem Koch, der gerade Freundin und London verlassen hat, um sich wieder in München niederzulassen. Es ist schön, dass die Protagonistin nicht wertet. Aber was bedeutet es für ein Buch, eine dermaßen nicht vorhandene Erzählerin zu haben, dass keine Entwicklung stattfinden kann? Das sich verlassen muss auf winzige Binnenschönheiten, auf minimalste Gesten, die sich selbst so sehr genügen, dass die Kunsthandwerks-Alarmglocke sich gar nicht mehr beruhigen will?

Für dieses Buch bedeutet es, dass nichts diese Erzählungen zusammenhält, dass sie vorüberziehen, kaum haften bleiben und letztlich nichts bedeuten. Der Mangel an Persönlichkeit in Blick und Struktur hilft nicht, einen Lektüremehrwert auszumachen. Vermutlich ist das auch genau das Konzept, das irgendetwas mit Großstadt und Flüchtigkeit der Begegnungen zu tun hat: Es ist eben alles so anonym hier, und dann gibt es doch kurze, intensive Berührungen, denen man Alltagspoetisches abgewinnen kann, wenn man sich für empfindlich genug hält. Wenn es ein überstrapaziertes Großstadtklischee gibt, dann dieses.

dien.

Mercedes Lauenstein: "Nachts". Aufbau Verlag, Berlin 2015. 192 S., geb., 18,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Mercedes Lauenstein hat für dieses Buch das Leben von Nachteulen in München erforscht, erfahren wir von Andrea Diener, genau 25 Mal habe die Autorin geklingelt, wenn spät nachts noch Licht brannte, und die Menschen hinter den erleuchteten Fenstern befragt. Als "kurze Berührungen mit einem fremden Dasein" schätzt die Rezensentin die daraus geschaffenen Erzählungen voller Poesie und kleiner Binnenschönheiten. Problematisch findet Diener, dass aus den Beobachtungen nichts folgt. Die ganz im Hintergrund bleibende Autorin weigere sich, dem Buch Bedeutung zu geben, was es in Dieners Augen letztendlich zu etwas Kunsthandwerklichem macht.

© Perlentaucher Medien GmbH
» Mercedes Lauenstein hat ein ganz wunderbares Buch geschrieben [...] « Sandra Hoffmann Deutschlandfunk 20160512