Studienarbeit aus dem Jahr 2002 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,0, Freie Universität Berlin (Institut für deutsche und niederländische Philologie), Veranstaltung: PS 16739: Novellen des Realismus, Sprache: Deutsch, Abstract: Das literarische Werk Wilhelm Raabes wurde immer wieder mit dem Vorwurf konfrontiert, kleinbürgerlich- philiströsen Vorstellungen verhaftet zu sein. „Die Masse verfällt dem Chaotischen der Geschichte“, so bringt Fritz Martini die Weltsicht Raabes auf den Punkt, „Daneben stellt er [=Raabe] jedoch das Ethos und die Freiheit eines Menschentums, das, ebenso gejagt, gepeinigt, hilflos, gleichwohl eine innere Ordnung in sich selbst bewahrt und in seinem eigenen kleinen Umkreis wiederherstellt.“ Das mutet sicher ein bißchen nach harmlos- belehrender Unterhaltung an und legt nahe, daß es sich um einen Schriftsteller handelt, der in den moralischen und ästhetischen Wertekategorien seiner Zeit gefangen war. Andererseits kann sich Raabes Erzählkunst mit ihren einfühlsamen Milieuschilderungen und reflektierenden Seitenhieben einer ungebrochen hohen Wertschätzung erfreuen. Zudem war dem Dichter daran gelegen, mit jeglichen Vorstellungen von einer vernünftigen, letztgültigen Sinnkonstruktion des Geschichtlichen abzurechnen. Sein Wirken hatte zum Ziel, die Wahrheit „der wirklichen, wahrhaftigen heißen Daseinsschlacht, in dem großen, furchtbaren, anfang- und endlosen Drama des Lebens“ darzustellen. Mehrfach wählte er dazu Themen aus der Zeitgeschichte. Zur exemplarischen Untersuchung all dieser Vorurteile bietet sich die Novelle „Die Innerste“ aus dem Jahr 1874 an. Hier verarbeitet Raabe einen historischen Stoff- den 7jährigen Krieg als Hintergrund für eine Geschichte, in der unergründliche, übermächtige Gewalten in die Lebenswelt einfacher Leute einbrechen. In der besagten Novelle ist eine auffallende Verstrickung aus historischem Sujet und erzählerischem Gestus gegeben- dies zu beweisen, wird die Hauptaufgabe der vorliegenden Arbeit sein. Es soll ferner versucht werden, den vertretenen Anschauungen über die Entscheidungsmacht von menschlichen Subjekten in ihrer alltäglichen Lebenswelt wie im historischen Kontext nachzuspüren. Dabei wird einer eingehenden Analyse der erzählerischen Mittel Raum gegeben. Es soll so textnah wie möglich verfahren werden, um insbesondere im Detail eigene Lesarten zu entwickeln. Dennoch wäre es kaum sinnvoll, die Resultate früherer Auseinandersetzungen mit dem Werk auszuklammern. Diese Arbeit verdankt insbesondere den Aufsätzen von Benno von Wiese und Uwe Vormweg wesentliche Impulse.