Die Deponie ist eine paradoxe, risikobehaftete Einrichtung. Die moderne Gesellschaft erhofft sich durch sie, weggeworfene, unbrauchbare oder gefährliche Dinge, Stoffe oder Substanzen ein für alle Mal sich selbst überlassen zu können. Zugleich erfordern die entsprechenden Ablagerungsstellen erhebliche Aufmerksamkeit und technischen Aufwand. Auch wenn die Deponie ihre Legitimation aus der Annahme zieht, den auf ihr angesammelten Müll zu domestizieren, ist sie trotz aller Versicherungen und Vorkehrungen nämlich eines gerade nicht: abgeschlossen. Die Beiträge dieses Bandes nehmen diese Beobachtung zum Ausgangspunkt. Sie fragen nach den ökologisch problematischen und ästhetisch produktiven Implikationen der Anhäufung beseitigter Materialitäten und deren Verknüpfungen mit literarisch-kulturellen Diskursen. In exemplarischen Probebohrungen eröffnen sie Perspektiven einer literatur-, medien- und kulturwissenschaftlichen Untersuchung der Deponie. Zwei bisher eher getrennt voneinander operierende akademische Wissensbereiche werden dazu zusammengebracht: Studien auf dem Gebiet des Ecocriticism mit solchen der kulturwissenschaftlichen Analyse von Praktiken und Poetiken des Sammelns und Archivierens. Die Deponie wird so sichtbar als ein dynamisch-agentielles Konglomerat aus sozialen Praktiken, Diskursen und Materialitäten, mit denen Narrative u.a. aus Literatur, Fotografie, Film und Computerspielen verwoben sind.