"Nashville" war das erste Buch, das ich von Antonia Michaelis gelesen habe. Die Geschichte, die sie hier bietet, hat durchaus seine Stärken, lebt von einem gut ausgedachten Handlungsrahmen und schillernden Figuren, die einem im Kopf bleiben, weil sie so außergewöhnlich sind. Die Ideen, die die
Autorin miteinander verwoben hat, haben mir an sich gut gefallen, und auch die Auflösung zum Ende hin kam…mehr"Nashville" war das erste Buch, das ich von Antonia Michaelis gelesen habe. Die Geschichte, die sie hier bietet, hat durchaus seine Stärken, lebt von einem gut ausgedachten Handlungsrahmen und schillernden Figuren, die einem im Kopf bleiben, weil sie so außergewöhnlich sind. Die Ideen, die die Autorin miteinander verwoben hat, haben mir an sich gut gefallen, und auch die Auflösung zum Ende hin kam für mich einigermaßen überraschend.
Dennoch muss ich ehrlich sagen, dass mir beim Lesen auch wesentliche Schwachpunkte aufgefallen sind, die mich "Nashville" mit einem eher weinenden als lachenden Auge betrachten lassen.
Zum einen ist mir die gesamte Handlung des Buches viel zu lang. Das Buch umfasst fast 500 Seiten, und leider enthält es wohl nicht zuletzt dadurch diverse Stellen, die sich sehr gezogen haben, die die Handlung unnötig in die Länge ziehen, und die einfach nicht nötig gewesen wären, auch weil sie zum Problem nichts beitragen. Über Seiten hinweg zu lesen, wie Svenjas Tage mit Uni und Freunde besuchen und umziehen aussehen, immer wieder zu lesen, wie Nashville sie mit großen Augen vom Küchenschrank aus ansieht - das wurde mir irgendwann zuviel. Das Buch könnte gute 200 Seiten kürzer sein und würde dabei an tatsächlicher Handlung trotzdem nichts verlieren. Dadurch aber vielleicht einen Tick spannender werden, weil die wesentlichen Punkte in kürzerer Spanne dargeboten werden würden.
Vor allem aber habe ich mich mit den Personen schwer getan. Hauptfigur Svenja kam mir fast unerträglich verklärt, gutgläubig und naiv vor. Man bekommt den Eindruck, sie lebt so vor sich hin in den Tag hinein, ohne sich Gedanken über irgendetwas - oder zumindest irgendetwas relevantes zu machen. Sie gibt sich im einen Moment unglaublich erwachsen, möchte gern sehr unabhängig sein, spricht in philosophisch-zweideutigen Sätzen und wechselt ihre Bettpartner im Laufe der Handlung ... nun, diverse Male. Im nächsten Moment ist sie wie ein bockiges Kind; verhält sich unüberlegt und impulsiv, antwortet auf Fragen, die sie nicht beantworten möchte, einfach nur dadurch, den Telefonhörer aufzulegen, oder geht einfach weg und lässt den anderen stehen. Dass sie im gesamten Handlungsverlauf nicht ein einziges Mal in Erwägung zieht, Nashville auf "offiziellem" Weg zu helfen, durch Meldung bei der Polizei, beim Sozialamt, sich irgendwo (!) Hilfe zu holen, wollte einfach nicht in meinen Kopf gehen. Stattdessen spielt sie als 18-Jährige die Mutter für ein verwahrlostes und offensichtlich verstörtes Kind, das nicht reden will und keine Identität zu haben scheint, füttert ihn mit durch, bietet ihm ein Dach über dem Kopf, das sie sich selbst nur mit Hängen und Würgen leisten kann. Und das als Medizinstudentin, von der man ein gewisses Verantwortungsgefühl doch eigentlich erwarten könnte, oder sollte.
Das ging für mein Empfinden nicht Hand in Hand und nicht selten wollte ich am liebsten in das Buch greifen und Svenja durchschütteln, um sie mal zur Besinnung zu bringen. Und die Tatsache, dass hier niemand auch nur im geringsten irgendwie "normal" wirkt, sondern jeder irgendwie aus dem Rahmen fällt, sei es durch seine Art, seine Worte, sein Aussehen; egal ob Svenjas Freundin von gegenüber, ihr Kommilitone Friedel, der Arzt Gunnar oder ihr Vater - hier ist jeder ein recht spezieller Charakter. Und auch das war für mich einen Tick zuviel.
Fazit:
Wäre "Nashville" kürzer und auf mehr Action ausgerichtet gewesen, hätte es mir wohl wesentlich besser gefallen. Aber so habe ich mich einige Zeit lang durch den etwas zähen Mittelteil gekämpft, um schlussendlich feststellen zu müssen, dass mir Svenja durch ihre Art nicht sonderlich sympathisch wurde, und es in den Handlungen der verschiedenen Personen zuviele Motive gab, die ich nicht nachvollziehen konnte.