„Alles, was dem Volke nützt, ist Recht, alles, was ihm schadet, ist Unrecht.“ Dieses Zitat Hans Franks, Hitlers Kronjurist und Generalgouverneur, bekannt als „Schlächter von Polen“, konzentriert Prinzipien, Anspruch und Praxis nationalsozialistischer Bevölkerungspolitik in einem Satz. Hierarchisierung und Selektion, Integration und Ausschluss, Förderung und Reduzierung sind die Logiken eines solchen Denkens einer permanenten Evolution des Volkes. Doch was ist dieses Volk? Eine stichhaltige Definition sucht man in den zeitgenössischen Quellen vergebens. Die vorliegende Arbeit stellt die Frage, wie die Deutschen den Begriff des „deutschen Volkes“ in der Praxis in einem ethnisch heterogenen Mikrokosmos anwendeten. In Ostoberschlesien lebten Deutsche, Polen und Tschechen zwischen Neiße und Warthe zusammen mit Slonzaken, Wasserpolen und Oberschlesiern. Hitler, der die Zukunft Deutschlands in jenem Osten sah, hatte schon immer für eine Germanisierung plädiert, „die nur am Boden vorgenommen werden kann, niemals an Menschen.“ Damit wird deutlich: Die Fragen der Bevölkerungspolitik mussten mit der Annexion Ostoberschlesiens 1939 komplexer werden und die gefundenen Antworten umso radikaler.