Totgesagte leben länger, hieß es schon in der Antike. Der Satz bewahrheitet sich auch im Fall der NATO. Vor fünf Jahren hatte ihr der französische Präsident Macron attestiert, den Hirntod erlitten zu haben. Doch dann griff der russische Präsident Putin zum Elektroschockgerät und belebte mit seinem Überfall auf die ganze Ukraine das atlantische Verteidigungsbündnis wieder. Dessen meiste Mitglieder - auch die NATO ist nicht frei von Gegensätzen und Partikularinteressen - teilen die Einschätzung, dass der russische Eroberungsdrang nicht erlöschen würde, wenn der Kreml seine Kriegsziele in der Ukraine erreichte. Sie fürchten, dass der Moskauer Neoimperialismus danach weitere frühere Sowjetrepubliken und Satellitenstaaten ins Visier nähme, die nach dem Zerfall der Sowjetunion aus freien Stücken der EU und der NATO beigetreten waren. Nach dem Überfall auf die Ukraine schlossen sich auch noch die lange bündnislosen Staaten Finnland und Schweden an. Um Putin von einem Angriff auf das NATO-Gebiet abschrecken zu können, folgen die Mitglieder des Bündnisses der ebenfalls schon im alten Rom bekannten Empfehlung "si vis pacem para bellum" - wenn du Frieden willst, bereite den Krieg vor. Die meisten europäischen Mitglieder des Bündnisses wenden inzwischen zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für ihre Verteidigung auf, was die NATO schon seit vielen Jahren verlangt; Deutschland schafft das 2024 erstmals. Angesichts der massiven Aufrüstung Russlands, die mit einer langfristigen Umstellung auf Kriegswirtschaft einhergeht, werden die NATO-Staaten nicht bei der Zwei-Prozent-Marke stehen bleiben können, auch wenn das in allen Ländern die Frage aufwirft, woher die Mittel dafür kommen sollen. Es ist freilich nicht Putin allein, der den Druck auf die Europäer erhöht, mehr für ihre Verteidigung zu tun. Der amerikanische "president-elect" Trump hat schon damit gedroht, aus der NATO auszutreten, wenn die Europäer nicht ihre "Rechnungen" bezahlten. Die Abwendung Amerikas aber wäre der GAU: Das Bündnis mit der Supernuklearmacht ist das Rückgrat der europäischen und ganz besonders der deutschen Sicherheitspolitik. Deutschland muss daher angesichts der neuerlichen Bedrohung aus dem Osten für Freiheit und Sicherheit alles dafür tun, dass die NATO ein langes Leben hat.
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