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Der römische Kaiser Nero (37-68 n. Chr.) fasziniert die Nachwelt seit eh und je: Er ist der Muttermörder und Brandstifter, der Tyrann und der exzentrische Anti-Kaiser, der sich zum Künstler stilisiert. In vielen Köpfen sieht er aus wie Peter Ustinov in «Quo vadis?». Alexander Bätz, Althistoriker, Bibliothekar und Journalist, entdeckt Nero neu, indem er sich dessen Leben und politischer Karriere auch über die Alltagsrituale des römischen Kaiserreichs nähert, die sozialen und politischen Institutionen beschreibt und durch eine Neulektüre der antiken Quellen auch Nebenfiguren aus dem römischen…mehr

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Produktbeschreibung
Der römische Kaiser Nero (37-68 n. Chr.) fasziniert die Nachwelt seit eh und je: Er ist der Muttermörder und Brandstifter, der Tyrann und der exzentrische Anti-Kaiser, der sich zum Künstler stilisiert. In vielen Köpfen sieht er aus wie Peter Ustinov in «Quo vadis?». Alexander Bätz, Althistoriker, Bibliothekar und Journalist, entdeckt Nero neu, indem er sich dessen Leben und politischer Karriere auch über die Alltagsrituale des römischen Kaiserreichs nähert, die sozialen und politischen Institutionen beschreibt und durch eine Neulektüre der antiken Quellen auch Nebenfiguren aus dem römischen Alltag in ihren Berührungspunkten mit dem Kaiser hervortreten lässt: Senatoren, die abhängig waren von ihrer Nähe zu Nero, einfache Bürger, die als Handwerker und Kaufleute ihr tägliches Auskommen im Moloch Rom suchten, jungfräuliche Priesterinnen, prominente Intellektuelle, Soldaten und unzählige Sklaven und ehemalige Sklaven, die zum Beispiel als Ammen oder Vorkoster dem Kaiser so nah kamen wie kaum jemand sonst. Eine solche Perspektive erlaubt es, Nero aus der Gesellschaft heraus zu beleuchten, über die er herrschte, und hält Antworten auf die komplexe Frage bereit: Wie war die Beziehung zwischen Rom und diesem faszinierenden Kaiser - jenseits der düsteren Rezeptionsgeschichte? Die Leser beobachten Nero mit den Augen seiner Zeitgenossen und tauchen mit diesem Buch ein in ein farbenfrohes und lebendig beschriebenes Panorama des 1. Jahrhunderts. Ein originelles, modernes Buch über einen ewig aktuellen Topos: Nero.

Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, B, CY, D, DK, EW, E, FIN, F, GR, IRL, I, L, M, NL, P, S, SLO, SK ausgeliefert werden.

Autorenporträt
Alexander Bätz, 1978 geboren, hat Alte Geschichte, Germanistik und Bibliotheks- und Informationswissenschaften in Würzburg, Padua und an der HU Berlin studiert. Er ist als wissenschaftlicher Bibliothekar für die Altertumswissenschaften an der Universität Konstanz verantwortlich und schreibt als freier Autor und Wissenschaftsjournalist über Themen zur Antike unter anderem für die ZEIT und für ZEIT GESCHICHTE, wo er auch als Berater fungiert.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Als eine der "wenigen sehr guten" Darstellungen des Kaisers Nero wertet Rezensent und Althistoriker Uwe Walter das Buch von Alexander Bätz. Der Autor und Fachkollege liefert hier, so Walter, eine nicht an steilen Thesen, sondern an der Sachlage orientierte, "durchweg solide" recherchierte Analyse der Herrschaftszeit des Kaisers, der hier von seinem üblen Ruf nicht befreit, aber ein bisschen entfernt wird, fasst Walter zusammen. So findet er höchst aufschlussreich und angemessen, wie Bätz in den guten und schlechten politischen Entscheidungen Neros etwa auch den "Stressraum" des intrigenreichen Hofes, die inneren Widersprüchlichkeiten des politischen Systems an sich oder auch den großen Einfluss Senecas auf Nero zu Anfang seiner Regentschaft mit einbezieht. Für Walter erklären sich so viele mythenumwobenen Aktionen Neros, ohne dass Bätz dabei eine apologetische Haltung einnähme. Vielmehr überzeugt der Autor den Kritiker mit seinen schlichten Sätzen, gut kontextualisiertem Bildmaterial, übersichtlicher Quellenarbeit und der Emphase auf "Ereignisdynamik und Kontingenz" - außer dem Hinweis auf ein fehlendes Register hat Walter nichts zu bemängeln.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.04.2023

Es ist aber auch ganz schön stressig am Hof

Er war ein guter Katastrophenmanager: Alexander Bätz legt eine sachkundige Abhandlung über Kaiser Nero vor.

War Nero, zumindest teilweise, ein Potentat nach dem Geschmack unserer Zeit? Ein römischer Kaiser, der nicht eroberte, sondern durch begrenzte Machtprojektion und Diplomatie die Randzonen des Imperiums zu sichern verstand? Ein Herrscher, der aus den ehernen Rollenerwartungen gegenüber einem Princeps ausbrach, indem er einen alternativen Lebensstil pflegte? Der in seinem engeren Umfeld Statusfragen geringer schätzte, als es der senatorischen Tradition entsprach, ja, der aus dem von erlauchten Größen wie Brutus, Cato und Augustus geschmiedeten Käfig eines gravitätischen Römertums flüchtete, seine Person stattdessen in Kleidung, Habitus, Interessen und Betätigungen immer wieder neu selbst konstruierte, dabei mit hybriden Stilen und Ritualen experimentierte? Ein postmoderner Princeps?

Keine Sorge, Alexander Bätz, Althistoriker und im Hauptberuf Bibliothekar, bietet in seinem gediegenen und seriösen Buch über den wohl immer noch prominentesten römischen Kaiser allenfalls indirekt Stoff, in eine solche Richtung zu denken. Sein Ziel ist nicht, die Ehre des öffentlich die Kithara spielenden Herrschers zu retten, sondern ihn zu entmythisieren und in die Umstände seiner Existenz einzuordnen.

Fast möchte man wünschen, der Autor hätte noch etwas mehr Mut gehabt, das Regierungshandeln unter diesem Kaiser plastisch zu extrapolieren und eindringlicher zu fragen, welchen Anteil Nero in den verschiedenen Phasen seiner knapp vierzehnjährigen Herrschaft an guten oder zumindest rationalen Entscheidungen hatte: an der Außenpolitik, der Besetzung wichtiger Stadthalter- und Kommandoposten, der Handhabung des religiösen Apparats oder der Verbesserung der Infrastruktur.

Besonders instruktiv lesen sich in diesem Sinne die Seiten darüber, wie Nero während des großen Brandes in Rom im Juli des Jahres 64 agierte. Mit feinem Gespür präpariert Bätz aus der durchweg nerofeindlichen Überlieferung heraus, wie der Kaiser auf die Not mit umsichtigen Maßnahmen reagierte; er "füllte die Rolle als Katastrophenmanager gut aus, die Erstversorgung scheint funktioniert zu haben". Überdies folgten die Wiederaufbaumaßnahmen einem durchdachten Konzept, das - einer der wenigen Modernismen bei Bätz - "an einen modernen Flächennutzungsplan erinnert" und von den Nachfolgern, die sich ansonsten so weit wie möglich von Nero zu distanzieren suchten, weiterverfolgt wurde - nur das Areal des "Goldenen Hauses" führten sie populäreren Verwendungen zu.

Gewiss besaßen zu Neros Zeit die Institutionen und Routinen der römischen Herrschaft schon sehr viel Eigengewicht und konnten einen Kaiser, der sich lieber als schöpferisches Genie betätigte, auch über längere Zeit aushalten. Ob zu viel Geld für Kriege oder für Feste und Bauten ausgegeben wurde, machte für die Staatskasse keinen Unterschied; für die jeweils betroffenen Menschen jedoch schon. Und selbstverständlich sind die ersten Jahre in der Bilanz auszuklammern, in denen der erfahrene Senator Seneca zusammen mit dem Prätorianerpräfekten Burrus mindestens einen großen Einfluss auf den jungen Regenten ausübte.

Dennoch bleibt festzuhalten: Wenn und solange Nero Kaiser war, war er dies nicht schlechter als andere vor und nach ihm. Und ein Faible für Griechenland sollte später auch ein Hadrian an den Tag legen. Zweifellos konnte er sich dabei nicht zuletzt deshalb sehr viel geschickter und rollenkonformer anstellen als Nero, weil dessen Scheitern den Nachfolgern zur Lehre gereicht hatte.

Nochmals Entwarnung: Der Autor berichtet ausführlich und sachkundig über die bekannten und weniger bekannten Extravaganzen, Missetaten und schrecklichen Verbrechen des Kaisers, gipfelnd im spektakulär inszenierten, doch am Ende nur noch schäbig exekutierten Mord an seiner Mutter Agrippina. Auf der Höhe des Forschungsstandes klärt Bätz einleuchtend über die Voraussetzungen für das Entgleisen von Neros Kaisertum auf.

Neben den Paradoxien in der Konstruktion des augusteischen Prinzipats, vor allem hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Kaiser, Senat und Prätorianern, war da die toxische Komplexität der Verwandtschaftsbeziehungen in den Sippen der Julier und der Claudier, verschärft durch zahlreiche Verbindungen mit hochrangigen und potentiell kaiserfähigen Aristokraten.

Hinzu kam der Hof als sozialer Stressraum, der Misstrauen und Furcht gegenüber Nächststehenden förderte und an dem komplementär dazu Frauen wie Männer jedweden Naturells rasant aufsteigen und ihr Süppchen kochen konnten. Aufgedeckte Verschwörungen glichen Eisbergen; auf sie mit weit gestreuten Tötungen, Suizidbefehlen und Verbannungen zu reagieren kann durchaus als systemangemessen gelten.

Gegen Mischa Meiers attraktive These, Nero habe seit seiner Griechenlandreise gar nicht länger Kaiser, vielmehr nur noch Künstler sein wollen, führt Bätz Ereignisdynamik und Kontingenz ins Feld, um zu erklären, warum Nero so seltsam passiv blieb, als seine Herrschaft von mehreren Seiten zugleich herausgefordert wurde. Er war in der Tat nicht der erste oder der letzte Anführer, der im Chaos verspätet eintreffender, falscher und einander überkreuzender Nachrichten seine Sache vorschnell verloren gab.

Zu loben sind die Bildtafeln; überdies ist das gut ausgewählte, teils selten gezeigte Material angemessen erläutert und mit der Darstellung verknüpft. Der Autor vermeidet längere Perioden, wie sie an Cicero geschulten Altertumswissenschaftlern sonst gern in die Feder fließen: Kaum ein Satz hat mehr als zwei Hierarchieebenen; ungebräuchliche Wörter sind weitgehend vermieden (wie es schon Caesar gefordert hatte), die Kapitel durch prägnante Zwischenüberschriften in Abschnitte von selten mehr als drei, vier Seiten Länge untergliedert.

Jedes Kapitel beginnt mit einem semifiktionalen Einstieg, etwa der Schilderung von Neros Geburt, die selbstverständlich so nicht überliefert ist, jedoch aus verschiedenen antiken Zeugnissen, nicht zuletzt gynäkologischen Traktaten, plausibel imaginiert werden kann. Indem der Autor die Quellen in seine Prosa einschmilzt, bleibt dem Leser eine sperrige, vielfach erklärungsbedürftige zweite Stimme erspart - so hat es immerhin schon Tacitus gehalten. Anders als dieser erlaubt Bätz jedoch einen Blick in seine Werkstatt: Der Endnotenapparat dokumentiert das durchweg solide Fundament der Darstellung. Das Buch, dem leider ein Register fehlt, wird sicher nicht der letzte Nero bleiben, doch es gehört zu den wenigen sehr guten. UWE WALTER

Alexander Bätz: "Nero". Wahnsinn und Wirklichkeit.

Rowohlt Verlag, Hamburg 2023. 576 S., Abb., geb., 34,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Alexander Bätz gelingt es, hinter der Riesen-Schlacke des Psychopathen-Nero neue Substanz freizulegen. Ein großartiges Nero-Buch. Welt am Sonntag 20230205