Nichtmuttersein von Nadine Pungs. Ich denke an die Freundin, die immer wieder betont, wie toll ich mit ihrem Sohn umgehe und dass ich mal eine großartige Mutter sein werde, obwohl sie genau weiß, dass Kinder nicht zu meiner Lebensplanung gehören. An die Verwandte, mit der ich eigentlich gar nichts
zutun habe, die Bilder von mir und der Tochter einer Freundin mit ‚Steht dir gut‘ kommentiert. An die…mehrNichtmuttersein von Nadine Pungs. Ich denke an die Freundin, die immer wieder betont, wie toll ich mit ihrem Sohn umgehe und dass ich mal eine großartige Mutter sein werde, obwohl sie genau weiß, dass Kinder nicht zu meiner Lebensplanung gehören. An die Verwandte, mit der ich eigentlich gar nichts zutun habe, die Bilder von mir und der Tochter einer Freundin mit ‚Steht dir gut‘ kommentiert. An die andere Frau, die irgendwie zu meiner Familie gehört, für die Frausein und Muttersein das gleiche ist - ihre Kinder haben Gründe, warum der Kontakt zu ihr eher sporadisch ist.
An eine Bekannte, die seit Jahren unter ihrem unerfüllten Kinderwunsch leidet, weil Mutter sein der einzige Sinn in ihrem Leben ist. An Bekannte, die immer wieder nachfragen, ob ich denn wirklich sicher bin.
Und wahrscheinlich lesen das hier genug Leute, die das Problem nicht verstehen, schon ein ‚Naja, warte mal ab‘ oder ein ‚Aber Kinder sind doch das schönste der Welt‘ auf den Lippen haben. In eurer Welt sind sie das vielleicht.
Nadine Pungs Lebensrealität ist eine andere. Mit Kindern kann sie nichts anfangen, sie liebt das Reisen und ihre eigene Unabhängigkeit, sieht sich selbst nicht in der Mutterrolle. Die Entscheidung gegen Kinder könnte ganz einfach sein, wäre da nicht unsere Gesellschaft.
„Dieses Buch ist deshalb ein Versuch, mein Nichtmuttersein als vollends gleichrangig neben dem Muttersein aufzustellen und das Bewusstsein für diese Form der Selbstermächtigung im sozialen Diskurs zu etablieren. Und ja, meine Methoden sind radikal. Denn Nichtmutterschaft ist politisch“
Schon früh lernen wir, was für eine Bereicherung Kinder für das eigene Leben sind, in den Medien sehen wir hauptsächlich glückliche, entspannte Familien. Wer sich dagegen entscheidet, wird bemitleidet oder verurteilt. Einsamkeit und Reue im Alter werden prognostiziert, das Klischee der alten, verbitterten Jungfer kennen wir alle. Entscheidungen über den eigenen Körper sind plötzlich egoistisch und falsch.
Dass das alles nicht immer so war und überhaupt nicht so sein muss, wird ein immer größeres Thema und auch Nadine Pungs hat einige interessante Erkenntnisse und Hintergründe geliefert.
„Im Kindergarten haben wir oft »Mutter, Vater, Kind« gespielt. Ich wollte nie die Mutter sein. Lieber der Vater, der auf dem Klo Zeitung las oder gar nicht erst nach Hause kam.“
Ein Kind bestimmt das ganze Leben, stellt alles auf den Kopf. Eine Entscheidung, die Menschen (oft) problemlos fällen können. Die Entscheidung dagegen ist auf unterschiedlichen Ebenen schwierig für Frauen, wie Nadine Pungs in Nichtmuttersein ausführlich aufdeckt. Sie nennt dabei auch interessante Fakten über Abtreibungen und erzählt von einem eigenen Erlebnis. Deutlich wird, dass das Bild der ewig traumatisierten Frau, das bei den Bildern gern gezeichnet wird, ein Mythos ist.
Natürlich bekommt auch das Thema Verhütung Raum, am Ende widmet sie sich noch der Sterilisation. Durchgängig bekommen wir hier neue Fakten und Erkenntnisse geboten. Mir hat dieser Mix aus persönlicher Erfahrung und wissenschaftlicher Recherche sehr gut gefallen.