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Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
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Konstruktiver Pessimismus", auf diesem Wort endet Moshe Zimmermanns neues Buch ("Niemals Frieden?" Israel am Scheideweg. Propyläen Verlag, Berlin 2024. 186 S., geb., 16,- Euro). Damit sei benannt, so der emeritierte Professor für Geschichte an der Hebräischen Universität in Jerusalem, was er in dieser bündigen Geschichte des Nahostkonflikts, der mit dem neuen Krieg in Gaza eine Peripetie erreicht, anzubieten versuche. Vielleicht trifft es sogar noch besser, Zimmermanns Haltung beim Blick auf die israelische Politik, die im Zentrum steht, schlicht Nüchternheit zu attestieren. Schließlich ist die Geschichte, die er nachzuzeichnen hat, eine der von beiden Seiten torpedierten Chancen und - auf Seiten derer, die eine friedliche Lösung für möglich hielten - enttäuschten Hoffnungen. Für Optimismus war da nur selten Anlass, und mittlerweile wüsste man nicht, woran man ihn knüpfen sollte.
Zimmermann gehört zu jenen Kritikern israelischer Politik, die auf traurige Art recht behielten: Dass es sich als Illusion herausstellen würde, eine Vereinbarung mit den Palästinensern umgehen und den Status quo der besetzten Gebiete aufrechterhalten zu können, ohne neue Gewaltausbrüche zu provozieren. Seine Einschätzung von Netanjahus Strategien fällt entsprechend entschieden aus, und die gegenwärtige Regierungskoalition, die Saul Friedländer in einem kurz vor dem 7. Oktober abgeschlossenen Buch als "Galerie der Verrückten" bezeichnete (F.A.Z. vom 28. Oktober 2023), firmiert bei ihm nicht weniger vernichtend als Beispiel einer "Kakistokratie - die Herrschaft der Schlechtesten".
Wie Friedländer ist Zimmermann ein politischer Beobachter, der mit Ingrimm den Anspruch auf eine liberale moderne Demokratie genauso schwinden sah wie einen Ausgleich mit den Palästinensern. Auf israelischer wie palästinensischer Seite behielten die fundamentalistischen Verweigerer des Wegs zu einer Zweistaatenlösung die Oberhand, und niemals war diese Verweigerung deutlicher als im Bündnis eines nach rechts gerückten Likud mit national-religiösen Parteien, das eine über Jahre gediehene Förderung der Siedlerbewegung und ihrer Extremisten besiegelt. Die israelische Gesellschaft ist für Zimmermann zur Geisel dieser Bewegung und ihrer religiös grundierten Ganz-Israel-Ideologie (also mitsamt den besetzten Gebieten) geworden, die den Weg zur Zweistaatenlösung erfolgreich blockiert und dabei auf die Extremisten der anderen Seite setzen kann, nach dem 7. Oktober erst recht.
Zimmermann beginnt seine Darstellung bei Vorstellungen der zionistischen Bewegung des späten neunzehnten Jahrhunderts. Aus den Unschärfen dieser Programmatik, die sich in den späten europäischen Nationalismus einfügt, ohne doch in ihm schließlich schlicht aufgehen zu können, werden dann mit den Einwanderungswellen vor und nach der Schoa und unter den realpolitischen Verhältnissen der Staatsgründung die Konflikte, die immer wieder gewaltsam aufbrechen; unterbrochen von einigen Phasen der Annäherung, vermittelt vor allem durch die Bemühung amerikanischer Regierungen.
Es ist eine jahrzehntelange Geschichte, aber sie läuft in Zimmermanns Rückblick seit den späten Siebzigerjahren - von der Phase der Osloer Verträge abgesehen - auf heutige Frontstellungen hinaus, befördert durch demographische, mit politisch-religiösen Einstellungen korrelierte Verschiebungen, die dafür sorgten, dass das bis dahin sakrosankte zionistische Prinzip säkularer Politik an Boden verlor. Die gegenwärtige Koalition halte denn auch, nach ihrem "Staatsstreich von oben" gegen die unabhängige Justiz, an ihrem "Plan einer nationalistischen, völkischen Theokratie" fest. Das "frühere System - säkular, liberal, weltoffen und akademisch orientiert" - gerate immer mehr ins Abseits.
Wie sich der Frieden erreichen lasse, den der Titel des Buchs vorsichtig genug ins Spiel bringt, ist unter diesen Verhältnissen - die weltpolitischen Machtverschiebungen, insbesondere eine geschwächte USA, einbegriffen - nicht absehbar. Woraus Zimmermann auch gar kein Hehl macht. Seine Sache ist weniger der Appell als die nüchterne Analyse eines säkularen, liberalen und weltoffenen Betrachters und Historikers. Fast mutet es etwas verzweifelt an, wenn er in einem der letzten Abschnitte sich die Frage vorlegt, ob nicht zumindest, wenn schon Politik und öffentliche Meinung nicht der Vernunft gehorchten, auf Vertreter der Wirtschaft zu setzten ist, um zu einer kooperierenden Zweistaatenlösung zu kommen.
Es bleibt zuletzt nur eine Art von politisch-gesellschaftlicher Differentialdiagnostik: Wenn das Festhalten an der Zweistaatenlösung, die in Umfragen nach dem 7. Oktober noch weniger Israelis und Palästinenser befürworten als zuvor, auch hoffnungslos sein sollte, so seien alle denkbaren Alternativen doch verwerflich, für die Betroffenen inakzeptabel, gefährlich oder undurchführbar. Also dürfe die Zweistaatenlösung nicht verloren gegeben werden. Klar vor sich zu haben, welche Schwierigkeiten sich auf diesem Weg aufgetürmt haben, darin liegt das Konstruktive dieser Darstellung. HELMUT MAYER
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