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Nell Zink, listige Humoristin und Autorin des fulminanten, von der Kritik gefeierten Debüts «Der Mauerläufer», nimmt in ihrem neuen Roman das gespaltene Amerika aufs Korn. Penny Baker, soeben mit dem College fertig, jetzt arbeitslos und zudem durch den kürzlichen Tod ihres Vaters neben der Spur, beschließt, erst mal dessen verfallendes Elternhaus in Jersey City zu renovieren, um wieder Boden unter die Füße zu bekommen. Doch Überraschung: Sie findet es besetzt von ein paar netten, noch rauchenden Anarchisten, die ihrer WG den Namen «Nicotine» verpasst haben. Erster Eindruck: «Als hätte man…mehr

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Produktbeschreibung
Nell Zink, listige Humoristin und Autorin des fulminanten, von der Kritik gefeierten Debüts «Der Mauerläufer», nimmt in ihrem neuen Roman das gespaltene Amerika aufs Korn. Penny Baker, soeben mit dem College fertig, jetzt arbeitslos und zudem durch den kürzlichen Tod ihres Vaters neben der Spur, beschließt, erst mal dessen verfallendes Elternhaus in Jersey City zu renovieren, um wieder Boden unter die Füße zu bekommen. Doch Überraschung: Sie findet es besetzt von ein paar netten, noch rauchenden Anarchisten, die ihrer WG den Namen «Nicotine» verpasst haben. Erster Eindruck: «Als hätte man ungefragt einen Haufen Bettwanzen, die immerhin den Abwasch machen.» Mit der Zeit jedoch geben ihr die Bewohner und andere Hausbesetzer aus der Nachbarschaft einen Sinn für Zugehörigkeit und Gemeinschaft, den Penny dringend braucht, und bald zieht sie nebenan ein und engagiert sich in den politischen Kämpfen der Besetzer. Nur hat der Rest der Familie andere Pläne: Ihre Mutter und ihr spießiger Halbbruder, dem sie noch nie ganz grün war, würden die jungen Chaoten am liebsten von der Polizei räumen lassen. Doch Penny nimmt den Kampf für sie auf - vor allem für Rob, den aus Überzeugung asexuell lebenden Mann, in den sie sich verliebt hat. Dies ist ein Roman über den Kampf zwischen Habenichtsen und Immer-mehr-Wollern, zwischen Idealismus und Pragmatismus - ein Buch über Amerika heute, das kaum witziger, böser, klüger sein könnte.

Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, B, CY, D, DK, EW, E, FIN, F, GR, IRL, I, L, M, NL, P, S, SLO, SK ausgeliefert werden.

Autorenporträt
Nell Zink, 1964 in Kalifornien geboren, wuchs im ländlichen Virginia auf. Sie studierte am College of William and Mary Philosophie und wurde in Medienwissenschaft an der Universität Tübingen promoviert. Mit ihrem 2019 erschienenen Roman Virginia war sie für den National Book Award nominiert. Sie lebt in Bad Belzig, südlich von Berlin. Michael Kellner, 1953 in Kassel geboren, war, früher im Leben, Buchhändler und Verleger und übersetzt u.a. William S. Burroughs, Allen Ginsberg, Armistead Maupin und Atticus Lish. Er lebt in Hamburg.
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

Nikotin macht süchtig, wenn man es von Nell Zink schnorren kann erst recht. Ihr neues Buch möchte man in einem Zug inhalieren - es ist köstlich-kratzig und so rasant, dass es einen fast schon schwindelt. Dass sie sich in der Hausbesetzerszene auskennt, weiß man aus der Biografie der 53-Jährigen, die mit ihrem "Mauerläufer"-Debüt 2016 zum Shootingstar wurde. Doch dass sie die linke Szene in New Jersey kennt, hält sie natürlich nicht davon ab, überall dort hinzuschreiben, wo es wehtut und wenn auch manchmal nur vor Lachen. Denn Penny Bakers Geschichte ist so absurd wie eine amerikanische Sitcom: Nachdem sie ihren Schamanen-Vater in den Tod begleitet hat, stürzt sich die arbeitslose 23-Jährige ins Hausbesetzer-Leben der Nicotine-WG. Verknallt in den asexuellen Rob und fasziniert von der kühnen Jazz, lässt sie sich treiben von Suppenküchen zu Politdemos - bis ihr Halbbruder Matt auftaucht, um das "Nicotine" zu räumen. Je wahnwitziger die Wendungen werden, desto größer wird der Sog dieser Satire. Denn es sind Zinks außerordentliche Beobachtungsgabe und ihr hintersinniger Humor, die in diese überdrehten Storys einen doppelten Boden einbauen, der es in sich hat. Es geht um Freiheit, Liebe und bezahlbaren Wohnraum - und das sind Sehnsüchte, die nicht nur Anarchisten auf die Barrikaden treiben sollten.

© BÜCHERmagazin, Tina Schraml (ts)

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.03.2018

Da helfen auch keine rauchfreien Zonen

Heillos komisch und unbekümmert: Nell Zink erzählt in ihrem Familienroman "Nikotin" über Erbstreitigkeiten und undurchschaubare Patchwork-Konstellationen.

Die Entstehungsmythen, die Büchern oder gleich ganzen Autorenexistenzen vorauseilen, dienen häufig als profane Marketinginstrumente. Als vor zwei Jahren die 1964 in Kalifornien geborene, mittlerweile in der kleinen Ortschaft Bad Belzig unweit Berlins lebende Nell Zink debütierte, war in dieser Hinsicht durchaus Skepsis geboten. Kein Geringerer als Jonathan Franzen sollte die bereits Fünfzigjährige zum Schreiben animiert haben, und das allein deshalb, so hieß es, weil sie, ihrerseits Vogelexpertin, den amerikanischen Erfolgsautor in einem Leserbrief darauf aufmerksam gemacht hatte, dass seine Ausführungen über die Jagd auf Zugvögel am Mittelmeer mangelhaft seien.

Wer allerdings Zinks ersten Roman "Der Mauerläufer" (2016) gelesen hatte, dem dürfte schon nach wenigen Seiten das ganze Franzen-Bohei einigermaßen egal gewesen sein, zu faszinierend und unkonventionell war die Geschichte um Zinks mehr störrische denn eigenwillige Protagonistin Tiffany und ihre missglückte Ehe, umso mehr deshalb, weil Zink sich ebenso wie ihre Figur auf erfrischende Weise keinen Deut um politische Korrektheit oder das Gebot zur Emanzipation scherte.

Mit "Nikotin" erscheint nun Zinks zweiter Roman auf Deutsch, und man muss der Autorin zuallererst attestieren: Es geht alles noch schräger. Würde man auch nur den Versuch unternehmen, die verquere Patchwork-Familienkonstellation der dreiundzwanzigjährigen Penny einigermaßen vollständig nachzuerzählen, man würde unweigerlich ins Schlingern geraten. Zu Anfang des Romans wird diese Konstellation einmal im Schweinsgalopp und mit großen Jahressprüngen erzählt, so dass in etwa dieses Bild entsteht: Pennys Mutter Amalia, zum kolumbianischen Naturvolk der Kogi gehörend, ist als dreizehnjährige Hirtin von Pennys gut vier Jahrzehnte älterem Vater, einem Schamanen aus New Jersey mit einem nicht unerheblichen Talent zur Profitschöpfung, auf einer Müllhalde aufgegriffen und später zur Frau genommen worden. Wie viel später, das bleibt vielsagend offen. Seine beiden Söhne aus erster Ehe sind ein paar Jahre älter als Amalia, weshalb nicht verwundert, dass sie mit mindestens einem von ihnen, Matt, trotz oder wegen seines offenkundigen psychopathischen und tyrannisches Schlags, eine Affäre hatte, die Amalia nun, nachdem ihr Mann gestorben, sie selbst aber erst Anfang vierzig ist, gern wieder reaktivieren würde.

Vorerst aber gilt es, Erbfragen zu klären, denn der Verstorbene war dank seines spiritistischen Budenzaubers Besitzer diverser Immobilien, wobei unter anderem die Frage wieder aufkommt, wohin eigentlich damals die erste Frau und Mutter der Söhne verschwunden ist. Das kann, wie so vieles in dieser Familie, leider niemand mehr so ganz genau erinnern. Bevor aber das Geschacher um die Hinterlassenschaft beginnt, das dadurch erschwert wird, dass eines der Häuser von anarchistischen Hausbesetzern okkupiert ist, erzählt Nell Zink von den letzten qualvollen Tagen des Vaters, die Penny an dessen Seite erst im Krankenhaus, später im Hospiz und schließlich in einem improvisierten häuslichen Krankenzimmer verbringt, dabei immer haltloser werdend, je schwächer er wird. Albern und durchgeknallt ist "Nikotin", das weiß man deshalb von Anbeginn, nur auf der Oberfläche. Oder anders: Das Exaltierte wird bei Nell Zink zur Lebensbewältigungsstrategie.

Mitten hinein in ein Wespennest solcher und anderer mal mehr, mal weniger ideologisch unterfütterter Bewältigungsstrategien in ihrer Gleichzeitigkeit von existentieller Notwendigkeit und himmelschreiender Albernheit sticht Nell Zink, indem sie als Personal ihres Romans zudem einen bunten Haufen von Aussteigern, Weltverbesserern und Sinnsuchenden aufruft, in den Penny in dem besetzten Haus gerät, das Teil der Erbmasse ist und das sie von den unrechtmäßigen Bewohnern befreien soll. Aber Penny gefällt es inmitten dieser sich an Fragen von Identität, Geschlecht, Migration, Religion, Umweltschutz abarbeitenden und auf diese Weise das eigene Dasein zu bewältigen versuchenden Menschen so gut, dass sie kurzerhand in eins der benachbarten, ebenfalls besetzten Häuser einzieht. Dass sie tatsächlich die Vertreterin des bösen Kapitals ist, verrät sie freilich niemandem.

Nell Zink erzählt von Schlagabtauschen und Positionsmarkierung innerhalb dieser unter dem Schlagwort Linksaktivisten wohl recht treffend subsumierten Truppe mit trockenem, unbekümmertem Humor, temporeich und mitunter auch ein bisschen konfus und verplappert, aber nie so, dass man den Eindruck hätte, die Autorin würde sich in böser Weise über ihre Figuren lustig machen. Im Gegenteil, wenn jemand Verständnis für den Drang hat, durch Engagement vielleicht doch eher das eigene Wohlbefinden ein bisschen aufzumöbeln als denn den Zustand der Welt, dann scheint das Zink zu sein. Da können sich, wie bei Penny, die Visionen schon mal ein wenig seltsam verdrehen. "Ich wünschte, ich käme aus einer dieser Kulturen. Verstehst du? Wo du schon eine krasse Feministin bist, wenn du nur Fahrrad fährst oder Fußball spielst. Ich wäre so gern eine sudanesisches Mädchen mit Stollenschuhen und Pferdeschwanz; dann würde ich vor der Uno sprechen, und die Leute wären total begeistert und würden finden, meine NGO müsse ganz viel Geld bekommen."

Schlussendlich aber ist das mit dem Gendern, mit den rauchfreien Zonen oder den Protesten gegen TTIP ohnehin alles ziemlich nebensächlich. Das wird spätestens klar, als der Kampf der Hausbesetzer gegen die Vertreibung immer groteskere Züge annimmt - denn natürlich hat Pennys Bruder Matt den Braten gerochen und kümmert sich alsbald eigenhändig um die Reklamierung seines Erbes, gerät dabei allerdings heftig ins Straucheln, nicht allein durch eine perfide Verteidigungsinstallation der Hausbesetzer (mit Fäkalien gefüllte Eimer auf einer, einmal angestoßen, nicht mehr zu kontrollierenden Bretterkonstruktion, genannt "das Eimermonster" - diese Stichworte sollten genügen), sondern - durch was wohl: die Liebe oder zumindest das brennende Begehren, das ausgerechnet eine der Hausbesetzerinnen in ihm hervorruft.

Eben damit kämpft auch Penny schon seit geraumer Zeit. Mehr als alle Aufgehobenheit in der Besetzergemeinschaft ist es von Anfang an ein Mann, der sie so dermaßen umgehauen hat, dass sie keine Ruhe mehr hat, bis sie ihn endlich ins Bett bekommt, was deshalb eine durchaus heikle Hürde darstellt, weil Robs momentane Lebensbewältigungsstrategie "Asexualität" lautet. Aber, so viel sei verraten, Nell Zink erweist sich auch in dieser Hinsicht als gnädig gegenüber ihren Figuren.

Wer unbedingt will, kann in "Nikotin" selbstverständlich ein ironisches Porträt des linksliberalen Amerikas erkennen. Man kann diesen heillos komischen Roman aber auch einfach als eine kurzweilige Groteske über unser aller Bemühen lesen, dem Leben irgendwie einen Sinn zu geben, bevor wir uns dann doch wieder in den nächstbesten Liebesschmerz stürzen.

WIEBKE POROMBKA

Nell Zink: "Nikotin". Roman.

Aus dem Amerikanischen von Michael Keller. Rowohlt Verlag, Reinbek 2018. 400 S., geb., 22,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Intelligent, rastlos und extrem lustig. Und am besten sind die Figuren: Man genießt jede Minute mit diesen Verrückten. The New York Times Book Review