Der Raum als poetische Kategorie liegt buchstäblich in der Luft: Seine Koordinaten schreiben sich von seinem Verhältnis zu den »vier Winden«, den vier »Himmels-« oder »Weltrichtungen«, zu Norden, Süden, Osten, Westen her. Sie sind gleichermaßen räumliche Orientierungsmarken wie Vektoren der Imagination, konturieren damit nicht nur die äußere, sondern auch unsere innere Landkarte mit den Vorstellungen, die sie von Orten, Räumen, Landschaften erwecken. So haben sie auch eine eigene Poetik hervorgebracht, die an Gedichten von der Goethezeit bis heute sichtbar gemacht wird. Den dominierenden Raumbewegungen südwärts und westwärts treten andere, weniger determinierte Bewegungen zur Seite. Analog zur Verwirrung des Raumsinns im Technik- und Medienzeitalter verbinden sich die Himmelsrichtungen traumgleich zu neuen, flüchtigen Konstellationen oder wechseln ihre altbekannten Vorzeichen. Die Poetik der Himmelsrichtungen hält fest, wie und wo unser praktisches Raumdenken in poetische Anschauungen und Darstellungen umschlägt - und immer wieder von diesen korrigiert wird.
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