Examensarbeit aus dem Jahr 1997 im Fachbereich Politik - Thema: Europäische Union, Note: Sehr gut (1), Universität Münster (Institut für Politikwissenschaft), Sprache: Deutsch, Abstract: „Norwegen, diese Extravaganz an der Peripherie Europas, zwischen Ölterminal und Sommerhütte, Einödhof und Glasarchitektur, Kapitalexport und Gottesfrieden, ist nicht das irdische Paradies, sondern ein Monument des Eigensinns, und eine maulende Idylle.“ Mit diesem Satz schloß Hans Magnus Enzensberger eine Reportage aus dem Jahr 1984, zwölf Jahre nachdem eine knappe Mehrheit der Norweger bei einem Referendum den Beitritt ihres Landes zur damaligen Europäischen Gemeinschaft abgelehnt hatte. Zehn Jahre nach Vollendung der Reportage, in welcher die Paradoxien, welche das Leben in Norwegen charakterisieren, so treffend wie in wenigen anderen Texten beschrieben wurden, fand ein zweites Referendum über eine mögliche Mitgliedschaft des Landes in der Europäischen Union statt. Diese wurde von einer neuerlichen Mehrheit abgeschmettert.[...] Statt nach Gründen wird in dieser Arbeit nach Hintergründen gesucht, welche helfen können, den Ausgang des letzten Referendums jenseits der offen vorgetragenen Argumente zu erleuchten. Statt Argumente für oder vor allem gegen den möglichen Beitritt Norwegens zur Europäischen Union zusammenzutragen und zu erörtern, soll erstens die Frage gestellt werden, inwiefern eine mögliche Mitgliedschaft in der EU mit der nationalen Identität als Ganzem in Norwegen in Konflikt geraten konnte, und zweitens, welche Gruppen der Gesellschaft aus welchen Gründen gegen den Beitritt waren. Eröffnet wird die Arbeit mit einem Kapitel über begriffliche und geschichtliche Grundlagen, welche für das Verständnis der nachfolgenden Darstellungen unverzichtbar oder zumindest nützlich sind. In den weiteren Kapiteln werden dann verschiedene Aspekte der politischen Soziologie Norwegens und ihre Relevanz für das Verständnis des Referendums von 1994 erläutert. Im einzelnen sind dies kulturgeschichtliche Rahmenbedingungen, welche für die ganze Bevölkerung von Bedeutung sind, sowie kulturgeographische und sozioökonomische Rahmenbedingungen, welche jeweils bestimmte Gruppen der Bevölkerung zu beschreiben helfen. Diese Unterscheidung schien aus Gründen der inneren Logik der Abhandlung sinnvoll zu sein, auch wenn sie sich nicht an allen Stellen konsequent durchhalten ließ, da die einzelnen behandelten Aspekte intern verflochten sind.